Kaller wird weithin wahrgenommen als der Bischof, der sehr rasch und deutlich die Kooperation mit den Nationalsozialisten suchte, als ein Vertreter der Intensivierung und Erneuerung der Seelsorge durch die Katholische Aktion und nicht zuletzt als der Vertriebenenbischof.
Maximilian Kaller wurde am 10. Oktober 1880 in Beuthen/ OS als zweites Kind einer Kaufmannsfamilie geboren. Nach dem Besuch des Städtischen Katholischen Gymnasiums in Beuthen immatrikulierte sich Kaller 1899 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität Breslau. Am 20. Juni 1903 wurde er von Kardinal Kopp zum Priester geweiht. Von 1903 bis 1905 war er Kaplan in Groß-Strehlitz. Die folgenden zwölf Jahre war Kaller Seelsorger in Bergen auf Rügen, zuerst als Pfarradministrator, dann als Pfarrer.
Mit dem kraftvollen schlesischen Katholizismus als Basis, einem ausgeprägten Organisationstalent und großem seelsorgerlichen Eifer kam Kaller nach Rügen und baute dort die Seelsorge für die polnischen Saisonarbeiter wie für die katholischen Badegäste und Sommerfrischler systematisch auf und aus und errichtete Kirchen und Kapellen.
Zahlreiche Erfahrungen konnte Kaller in der Großstadtseelsorge in Berlin sammeln: Das Berlin der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde vielfach als ein „Laboratorium der Moderne“ bezeichnet. Das galt auch für Kallers Pfarrei St. Michael in Berlin Kreuzberg.
Kaller, seit 1926 Prälat der Freien Prälatur Schneidemühl, wurde 1930 zum Nachfolger des ermländischen Bischofs Augustin Bludau gewählt.
Kallers Beziehung zu seinen Diözesanen und vor allem zu seiner Diözese war innig. Nur unter dem Befehl der Gestapo war er bereit, im Februar 1945 sein Bistum zu verlassen. Er fand Aufnahme in Halle. Er berichtete den Bischöfen und dem Papst im Mai und Juni 1945 von seiner zentralen Hoffnung, wieder in sein Bistum zurückkehren zu können. Mit amerikanischer Hilfe.
Der Einsatz für seine Diözesanen und seine Diözese brachte ihn im Sommer 1945 dazu, noch einmal nach Ostpreußen zurückzukehren und die Sorge für sein Bistum vor Ort wieder zu übernehmen. Erst als er vom polnischen Kardinal Hlond zum Verlassen seines Bistums gezwungen wurde, sah Kaller ein, dass er seine angestammte Aufgabe nicht länger wahrnehmen könne. Er kehrte zurück zum Mutterhaus der Grauen Schwestern in Halle.
Zunächst aufgrund seines Schicksals als Vertriebener aus dem Ermland nahm er sich der Vertriebenenseelsorge an und wurde aufgrund seines vielfältigen Engagements und seiner Stellung als Bischof zu einem der Mitinitiatoren zentraler Instrumente der Vertriebenenseelsorge:
- die Wallfahrten, Kundgebungen des Glaubens, Ausdruck der Suche und der Pilgerschaft, Möglichkeiten des Wiedersehens und des Gedankenaustausches im Rahmen der Kirche, der den Vertriebenen sonst von den Besatzungsmächten in diesem Umfang verboten war;
- die Sorge um die Diözesanen und die Vertriebenen insgesamt in seinen Predigten und Hirtenbriefen, in seinen zahlreichen Einzelschreiben;
- die Sorge um die vertriebenen Geistlichen und die vertriebenen Theologiestudenten.
Das Amt des Flüchtlingsbischofs war nie eindeutig umschrieben, auch nicht als Maximilian Kaller mit dem römischen Ernennungsschreiben vom 24. Juni 1946, das erst Anfang August 1946 in die Hand des ermländischen Bischofs gelangte, mit den Aufgaben eines Flüchtlingsbischofs betraut worden war.
Hinzu kamen die unmittelbaren Seelsorgetätigkeiten des Vertriebenenbischofs, vor allem bei Wallfahrten und Sondergottesdiensten der Heimatvertriebenen und die Aufgabe, Referent der entsprechenden Anliegen der Vertriebenen im Kreise der Bischofskonferenz zu sein.
Kaller starb am 7. Juli 1947 in seiner spärlichen Wohnung in Frankfurt am Main.
Lit.: Für einen charakterisierenden Überblick über den Forschungsstand: Karp, Hans-Jürgen: Zum Stand der historischen Forschung über Maximilian Kaller (1880-1947). In: Rainer Bendel (Hrsg.): Vertriebene finden Heimat in der Kirche. Integrationsprozesse im geteilten Deutschland in der Nachkriegszeit. Köln, Weimar, Wien 2008. – Thomas Flammer/ Hans-Jürgen Karp (Hrsg.): Maximilian Kaller, Bischof der wandernden Kirche. Flucht und Vertreibung, Integration, Brückenbau, Münster 2012. – Rainer Bendel/ Hans-Jürgen Karp: Bischof Maximilian Kaller 1880-1947. Seelsorger in den Herausforderungen des 20. Jahrhunderts. Münster 2017.
Bild: Bischof-Kaller-Stiftung
Rainer Bendel