Biographie

Fronius, Marcus

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Theologe, Pädagoge
* 1. Januar 1659 in Kronstadt/Siebenbürgen
† 14. April 1713 in Kronstadt/Siebenbürgen

Der Kronstädter Stadtpfarrer und Burzenländer Dechant Markus Fronius gehört nach dem Reformator der Siebenbürger Sachsen Johannes Honterus (1498-1549) zu den bedeutendsten siebenbürgischen Theologen der Neuzeit. Seine Größe wird uns vor allem an den verschiedenen Deutungsbildern bewusst, die er im Laufe der Geschichte erhalten hat und die uns zeigen, wie er von seinen Zeitgenossen verstanden und rezipiert wurde. Erst im Spiegel dieser Wirkungsgeschichte gelingt es uns, Fronius in seiner außerordentlich vielschichtigen Tätigkeit und Bedeutung zu sehen. So kam es, dass sich jede Generation ihr eigenes Bild von dem Burzenländer Theologen machte. In der Barockzeit sprach man von ihm als von einem „Heiligen“, im 19. Jahrhundert wurde er heroisiert und zu den Reformatoren gezählt, in der Nazizeit bezeichnete man ihn sogar als einen „christlich-völkischen Führer“. Was all diese Deutungsbilder jedoch gemeinsam haben, ist die Vorbildfunktion, die Fronius stets zugewiesen wurde. Er war ein Vorbild für Volks- und Glaubenstreue, für Opferbereitschaft und Kompromisslosigkeit, für Zuversicht und Stärke.

Frömmigkeit und Theologie des Kronstädter Theologen sind sehr eng verbunden mit der Zeit, in der er lebte. Fronius lebte und wirkte am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die Kronstädter Historikerin Maja Philippi (1914-1993) betrachtete diesen Zeitabschnitt nicht nur als einen Wechsel zwischen zwei Jahrhunderten, sondern auch als eine einschneidende Wende zwischen zwei historischen Epochen. Nach außen hin vollzog sich die Befreiung vom jahrhundertealten türkischen Joch und es begann die Zeit der österreichischen Herrschaft, während im Innern der Übergang vom mittelalterlichen feudalen Ständestaat zu der damals modernen Herrschaftsform des Absolutismus erfolgte. Für Siebenbürgen bedeutete diese Wende eine Umbruchszeit mit tief greifenden Folgen in allen Bereichen des sozialen, kulturellen, kirchlichen und wirtschaftlichen Lebens. Siebenbürgen verlor für immer die politische Selbstständigkeit und wurde für fast zwei Jahrhunderte ein habsburgisches Erbfürstentum.

In dieser Zeit enormer Umwälzungen wurde Markus Fronius als Sohn des evangelischen Pfarrers Petrus Fronius an der Bartholomäus-Kirche und der Barbara, geb. Albelius, in Kronstadt geboren. Die Schulzeit verbrachte er in Kronstadt und in Tg. Secuiesc im ungarischen Umfeld. Am 1. Dezember 1676 wurde er am Hermannstädter Gymnasium immatrikuliert, drei Jahre später kehrte er nach Kronstadt zurück und wurde 1679 in die Absolventenklasse des Kronstädter Honterusgymnasiums eingeschrieben. In dieser Zeit entwickelte sich Fronius zu einem Polyglotten. Er beherrschte während seines Lebens problemlos fünf Sprachen, siebenbürgisch-sächsisch, deutsch, lateinisch, ungarisch und rumänisch, die ihm den Zugang zu unterschiedlichen Kulturen ermöglichten. Am 9. Februar 1681 wurde der junge Kronstädter an der Wittenberger Universität immatrikuliert. Knapp 15 Monate später wurde er zum Magister Artium promoviert. 1686 erreichte ihn die Nachricht vom Tode seines Vaters, die ihn veranlasste, nach Siebenbürgen zurückzukehren. Im gleichen Jahr besetzten habsburgische Truppen die westlichen Teile Siebenbürgens. Der Vormarsch Habsburgs begann. So erlebte Fronius als Privatlehrer den antihabsburgischen Bürgeraufstand von 1688 und den Großen Stadtbrand von 1689 und hielt diese Ereignisse in seinen Tagebüchern und Aufzeichnungen fest. Als im Herbst 1690 der Unterricht wieder aufgenommen werden sollte, mangelte es am Kronstädter Gymnasium an Lektoren. Deswegen schrieb der Stadtrat eine Lektorenstelle aus und wählte ihn schließlich am 24. November 1690 zum Lektor. Sein Dienst war jedoch von kurzer Dauer, denn bereits nach einem Jahr wurde er zum Stadtprediger an die Schwarze Kirche berufen. Er blieb in diesem Amt bis 1695. Sein in dieser Periode verfasstes Tagebuch Fata (1692-1694) gibt uns einen Einblick in die Ereignisse dieser Zeit. Daraus erfahren wir, dass seine erste Ehefrau, Katharina geb. Letz, die er 1688 geheiratet hatte, im Jahre 1692 starb. Sie entstammte einem Patriziergeschlecht. Ihr Vater Stephan Letz war einer der reichsten Bürger Kronstadts. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor, Markus (geb. 1689) und Theodor (geb. 1691). Ein Jahr nach ihrem Tod heiratete er Margaretha Rauß, die einzige Tochter des Neustädter Pfarrers Caspar Rauß, mit der er sieben Kinder hatte: Gabriel, Kaspar, Albelius, Barbara, Katharina, Dorothea und Elisabeth. Margaretha Rauß starb 1708, und ein Jahr später heiratete Fronius ein letztes Mal, und zwar Martha Hirscher, die Tochter des Kronstädter Stadthannen Bartholomäus Hirscher. Diese Ehe blieb kinderlos, Martha Hirscher starb 1718.

Fronius war später Pfarrer in Heldsdorf und Rosenau, 1703 wurde er von der Kronstädter Hundertmannschaft zum Stadtpfarrer und im April 1707 zum Burzenländer Dechanten gewählt. Als Dechant vollzog Fronius über 20 Ordinationen und wurde dreimal für die Bischofswahl vorgeschlagen. Am Karfreitag, dem 14. April 1713, starb Markus Fronius im Alter von 54 Jahren. Er wurde am Ostersonntag in der Schwarzen Kirche beigesetzt. Sein Bildgrabstein in der Westwand der Eingangshalle der Kirche ist auch heute noch zu sehen. Auf ihm ist sein symbolischer Wahlspruch zu lesen:

Mea Fides Crucifixum Tenet –
Marcus Fronius Coronensis Transylvanus
Markus Fronius Kronstädter Siebenbürger

Die Bedeutung von Markus Fronius für die siebenbürgisch-sächsische Kirchen-, Theologie- und Kulturgeschichte ist unermesslich. Er wollte wie kein anderer vor ihm der allgemeinen „Unwissenheit in Glaubenssachen“ durch seine katechetische Theologie, durch ein originelles religionspädagogisches Konzept entgegenwirken. Als Seelsorger entwarf er eine ausgeprägte Bußlehre, um dem „gefallenen Christentum“ wieder auf die Beine zu helfen. Er wollte eine Reform der Kirche durch Frömmigkeit und Bildung. Er schloss sich dabei den Vätern der Reformation an, besonders der Theologie Philipp Melanchthons (1497-1560), rezipierte die Impulse des gemäßigten Pietismus durch Philipp Jakob Spener (1635-1705) und als Schulreformer die Anregungen von Johann Amos Comenius (1592-1670). Seine Katechesen wurden die Vorläufer des Konfirmandenunterrichts, seine Erwachsenenkatechese führte zur Praxis der Bibelstunde, sein Predigerlehrbuch Diaconus Barcensis (Burzenländer Prediger)gab einen wichtigen Impuls zur Erneuerung der theologischen Ausbildung und seine Schulordnung (Consilium de schola) ebnete dem siebenbürgischen Unterricht einen neuen Weg. Er förderte mit Andreas Teutsch (1669-1730), dem damaligen Sachsengraf, die pietistische Bewegung, korrespondierte mit den bekannten Größen des deutschen Pietismus Philipp Jakob Spener und August H. Francke (1663-1727) und schickte seine Studenten nach Halle. Nach nur zwei Jahrzehnten sollte Halle ein beliebter Studienort für siebenbürgische Studenten werden und Wittenberg ablösen.

Markus Fronius versuchte lutherische Orthodoxie und Pietismus ins Gleichgewicht zu bringen und schuf dabei ein bis dahin einmaliges und originelles theologisches Werk. Sein breit angelegtes Reformprogramm brachte ihm den Beinamen „der zweite Reformator“ ein (Friedrich Müller d. Ä.). Seine Bedeutung für die Nachwelt kann nicht deutlicher zum Ausdruck gebracht werden.

Lit.: Ludwig Binder, Markus Fronius, in: Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Thaur bei Innsbruck 1993, S. 136. – Julius Groß, Markus Fronius, Leben und Schriften, Kronstadt 1925. – Maja Philippi, Die Zeit des Übergangs von der türkischen zur österreichischen Herrschaft 1683-1711, in: Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens, hrsg. von Carl Göllner, Bukarest 1979, hier S. 220 bzw. 230. – Hermann A. Hienz, Markus Fronius, in: Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, Bd. 6, Köln/ Wien 1998, S. 165-167. – Walter Myß, Fronius Marcus, luth. Theologe, Pädagoge, in: Deutsch-Biographische Enzyklopädie Bd. 3 (1996), S. 512. – Hermann Pitters, Marcus Fronius, in: RGG, 4. Auflage, 3. Bd., Tübingen 1997, S. 398. – Daniel Zikeli, „Ach schläfst du Siebenbürgen noch?“. Der siebenbürgisch-sächsische Pfarrer Markus Fronius, Seria ACADEMIA Bd. VI, Bukarest 2007.

Bild: Epitaph in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt, Archiv des Autors.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Marcus_Fronius

Daniel Zikeli