Biographie

Jary, Michael

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Komponist
* 24. September 1906 in Laurahütte/Oberschlesien
† 12. Juli 1988 in München

Es sind nicht wenige der Komponisten der „leichten“ Muse, die von der „ernsten“ Musik herkamen und sich dort ihr solides Handwerkszeug erworben hatten. Zu ihnen gehört auch und vor allem Michael Jary, der seinen Weg vom einst namenlosen Chorknaben zum inzwischen weltbekannten Schöpfer eingängiger Melodien auf dem weiten Feld der Unterhaltungsmusik nahm. Als Maximilian Andreas Jarczyk wurde er am 24. September 1906 in Laurahütte/OS geboren. Sein Vater Hugo Jarczyk war ein Bergmann, der sich bis zum Werkmeister und schließlich bis zum Ingenieur emporgearbeitet hatte, seine Mutter Anna, eine Schneiderin, brachte es zu einem anerkannten Modesalon. Sie war es, die es gern gesehen hätte, daß Max, der älteste ihrer vier Söhne, Priester geworden wäre. So kam er mit zwölf Jahren zunächst auf das Gymnasium der Steyler Missionare in Heiligkreuz bei Neisse, legte 1927 am Staatlichen Gymnasium in Beuthen/OS das Abitur ab, ging aber 1929 an die Hochschule für Musik in Berlin, wo er bald Meisterschüler der Kompositionsklasse und 1931 mit dem Beethoven-Preis der Stadt Berlin ausgezeichnet wurde. Seine ersten Kompositionsversuche, darunter ein „Konzert für zwei Klaviere, Trompete und Posaune“, brachten ihm allerdings die zeitbedingte Beurteilung als „entartet“ ein. Seine kompositorische Laufbahn, die er angestrebt hatte, war damit zunächst behindert, der Ausweg von der „E“- zur „U“-Musik lag nahe. Es folgten Versuche als Kapellmeister, Arrangeur und Pianist, und es regten sich zugleich die ersten unternehmerischen Fähigkeiten. 1935 gründete er ein Kammer-Tanzorchester aus den Solisten der einstigen „Goldenen Sieben“ und übernahm 1938 die Leitung des von ihm geschaffenen Deutschen Tanz- und Unterhaltungsorchesters in Berlin. Mit beiden Klangkörpern entwickelte er einen neuen, in historischen Aufnahmen glücklicherweise erhalten gebliebenen, einmaligen „sound“. Dann begann mit seiner ersten Filmmusik 1936 jene Karriere, mit der er – neben Franz Grothe – Deutschlands bekanntester, beliebtester und erfolgreichster Filmkomponist wurde. Weit über 100 Filme der „Terra“, „Ufa“ und „Bavaria“ verdanken ihre Erfolge nicht zuletzt seiner gediegenen Musik, und mehr als 300 Lieder daraus haben sich als „Schlager“ durchgesetzt. Vor allem die Musik zu fast allen Zarah-Leander-Filmen hat darüber hinaus stilbildend gewirkt. Zu den Daten seiner weiteren Tätigkeiten gehört 1945 die Gründung des Radio-Berlin-Tanzorchesters und 1947 die Übernahme des Saar-Radio-Orchesters, schließlich 1949 die Gründung eines eigenen Musikverlages in Hamburg und der inzwischen in Europa, Afrika, Australien, Nord- und Südamerika weltweit wirkenden „Michael-Jary-Musikproduktion“ mit einem „Film-Zweig“, der ihr zugeordnet ist.

Neben einer Anzahl Operetten stammen auch Musicals aus seiner Feder, die sich aber in Deutschland gegen die amerikanische Konkurrenz nicht durchsetzen konnten. Dagegen lief sein Musical „Nicole“, 1965 in Nürnberg uraufgeführt, mit Erfolg in mehreren Ostblockstaaten, und sein satirisches Musical „Alabama“ hatte seine polnische Uraufführung in Stettin.

Michael Jary lebt außer in München zumeist am Luganer See, und er hat nach drei überstandenen Herzinfarkten inzwischen resigniert. Als ihm am 24. September 1977, seinem 71. Geburtstag, der Paul-Lincke,-Ring verliehen wurde, fragte sein Laudator, der „Lili-Marleen“-Komponist Norbert Schultze, warum es um Michael Jary so still geworden sei. Sicher nicht, so meinte er, weil dem Komponisten die Ideen ausgegangen seien, sondern weil inzwischen eine „Umweltverschmutzung durch minderwertigen Schund“ die Welt der leichten Muse beherrsche. Jary selber sagte hierzu: „Früher verfügten die Komponisten selbst der Tanzmusik über eine solide akademische Ausbildung, was ich heute bei den jugendlichen Komponisten vermisse. Es hatte alles sein Fundament, und das hat’s heute leider nicht. Aber ich habe die Hoffnung, daß sich alles wieder reguliert.“

Lit.: Curt Riess: Das gibt’s nur einmal. Das Buch des deutschen Films nach 1945. Hamburg 1958.