Biographie

Lothringen, Karl V. von

Beruf: Feldherr
* 9. April 1643 in Wien
† 18. April 1690 in Wels/Österreich

Herzogs Karl V. von Lothringen und Bar hat für die Besiedlung des pannonischen Raumes die wesentlichen Voraussetzungen auf militärischem Gebiet geschaffen. Er bereitete nicht nur den Türken vor Wien eine entscheidende Niederlage, sondern er konnte für sich auch in Anspruch nehmen, Ofen zurückerobert und den größten Teil Ungarns, aber auch Siebenbürgens, vom Türkenjoch befreit zu haben.

Karl von Lothringen und Bar wurde jedoch durch die Leistungen seiner „Schüler“ und Nachfolger, nämlich des eigenwilligen Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, des ehrgeizigen Ludwig von Baden, des „Türkenlouis“, und vor allem von Prinz Eugen in den Schatten gestellt. Karl war es, der maßgeblich Anteil an der Niederlage der Türken vor Wien (1683) hatte. Diese Schlacht wird meist dem Polenkönig Johann II. Sobieski zugeschrieben, dabei berücksichtigt man aber den Anteil, den Karl von Lothringen hatte, viel zu wenig. Man kann ihn mit gutem Recht als den Wegbereiter für die Ansiedlung der Donauschwaben im pannonischen Becken bezeichnen. Auf seinen Erfolgen bei der Zurückdrängung und Abwehr der Türken haben seine Nachfolger aufgebaut.

Herzog Karl V. von Lothringen wurde am 3.4.1643 als Sohn des Herzogs Nikolaus Franz von Vaudemont und der Claudia von Lothringen in Wien geboren. Karls Onkel war der regierende Herzog Karl IV. von Lothringen.

1661 schloß Karl IV. von Lothringen mit Ludwig XIV. einen Geheimvertrag ab, in welchem er für sich und seine Erben gegen eine Abfindung und eine jährliche Rente auf die Souveränitätsrechte von Lothringen verzichtete. Karl, der Erbe seines Onkels, war zu diesem Handel nicht bereit. Er floh über Burgund, Florenz, Rom und München schließlich zu seinem Paten, dem Kaiser Leopold I. nach Wien, der ihn wie einen Bruder aufnahm.

Am 22. Juli 1664 erfolgte an der Raab Karls erster militärischer Einsatz. Er ritt zum ersten Mal an der Spitze eines Regiments siegreich gegen die das Reich bedrohenden Türken. Er erkrankte nach dem Feldzug an den Blattern (Pocken), überstand diese Krankheit, aber im Gesicht blieben Narben zurück.

Seit 1681 drohte dem Reich ein Zweifronten-Krieg. Im Westen fielen die Truppen von Ludwig XIV. in Straßburg ein, und im Osten begannen die Türken mit der Aufrüstung ihres Heeres. Die Aufgaben an der Westgrenze des Reiches mußten gegenüber der aus dem Osten drohenden Gefahr zurückgestellt werden. Die religiöse und politische Aufgabe des Kaisers war nun, die Verteidigung des Reiches, ja des ganzen Abendlandes an der Ostgrenze zu sichern. Zu Ostern 1683 wurde zwischen Kaiser Leopold und König Sobieski von Polen ein Defensiv- und Offensivbündnis abgeschlossen. Durch Bereitstellung entsprechender Geldmittel seitens der Kurie wurde die Anwerbung von Truppen ermöglicht. Außerdem half KurfürstEmanuel von Bayern durch Bereitstellung von Truppen.

Von Esseg aus wälzte sich in der Zwischenzeit das türkische Heer unaufhaltsam in Richtung Wien. Am 16.7.1683 war die Stadt eingeschlossen. Daraufhin zog sich Karl, der inzwischen zum Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres ernannt worden war, mit seinen Truppen auf das linke Donauufer in Warteposition zurück, wohlwissend, ohne Anwesenheit seiner Verbündeten in offener Schlacht unterlegen zu sein.

Nachdem die Verbündeten Polen, Bayern, Kreistruppen und Sachsen von Wien eingetroffen waren, durchquerten sie auf Karls Rat den unwegsamen Wienerwald. So hatten sie beim Angriff auf das türkische Heer den Vorteil, den Feind zu überraschen. Karls größtes Verdienst in diesen Stunden der Entscheidung um das Schicksal der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt beruhte demnach nicht nur auf der mit kluger Umsicht durchgeführten Vorbereitung des Entsatzes, sondern gipfelte in der Planung des Aufmarsches und der Schlacht selbst. Daß er hinter diesen einmal als richtig und einzig möglich erkannten Plan das ganze Gewicht seiner Feldherrenpersönlichkeit stellte und ihn, allen Widerständen zum Trotz, durchsetzte, war nur der zweite, wenn auch gleich wichtige Schritt zur Befreiung der Donaustadt. Vom rein menschlichen und charakterlichen Standpunkt aber war der Verzicht auf den faktischen Oberbefehl, d. h. die Unterordnung seines persönlichen Ruhmes unter das zu erreichende Ziel, wohl das Moment, welches am meisten für ihn sprach. Aber dem Wortlaut des Bündnisvertrages zufolge stand der nominelle Oberbefehl über das Entsatzheer zweifellos dem Polenkönig zu, wenngleich dieser in Unkenntnis der Örtlichkeit und der militärischen Gruppierungen notgedrungen dem Wort des Lothringers folgen mußte.

Der Sieg am 12. September 1683 über das Türkenheer Kara Mustaphas bedeutete die Wende in der Abwehr der Türkengefahr gegenüber dem Abendland. Die christlichen Heere befanden sich ab diesem Zeitpunkt in der Offensive. Ab jetzt konnten die Osmanen schrittweise aus Europa verdrängt werden. In den Feldzügen des Jahres 1685 konnten Gran und das linke Donauufer besetzt werden. Die Eroberung Budas im Jahr 1686 bedeutete einen weiteren Sieg für Europa und die Christenheit. Jetzt war der Weg nach Südungarn frei!

Szegedin und Arad wurden noch 1686 erobert. Das Jahr 1687 ließ sich für Karl ungünstig an. Ein Vorstoß zur Festung Esseg mußte wegen Futter- und Wassermangels und fehlenden Nachschubs aufgegeben werden.

Trotz dieser Schwierigkeiten wurden die Türken am 12. August 1687 in der Schlacht von Berg Harsan (Nagyharsany) vernichtend geschlagen.

Somit waren die Türken aus der ungarischen Tiefebene vertrieben worden; der Weg nach Serbien stand offen. Während Karl anschließend gegen Siebenbürgen marschierte, reisten Max Emanuel und Ludwig von Baden wegen Streitigkeiten mit ihrem Oberbefehlshaber nach Wien zurück. Die Einnahme Siebenbürgens bereitete weniger Schwierigkeiten als der Weg dorthin, der der Theiß entlang durch versumpftes Gebiet führte.

Der ohnehin angegriffene Gesundheitszustand des Herzogs von Lothringen verschlechterte sich während des Marsches nach Siebenbürgen zusehends.

Karl konnte an den weiteren Feldzügen in Ungarn 1688 nicht mehr teilnehmen, da er noch an den Folgen seiner Krankheit litt. Trotz angeschlagener Gesundheit war Karl seit 1689 einige Monate als Oberbefehlshaber an den Kriegsschauplätzen am Rhein im Einsatz. Er starb am 18.4.1690, erst 47 Jahre alt, an seinem alten Hals- und Lungenleiden.

Lit.: Wentzcke, Paul: Feldherr des Kaisers, Leipzig 1943, S. 221 ff und Klopp, Onno: Das Jahr 1683 und der folgende große Türkenkrieg bis zum Frieden von Carlowitz 1699, Graz 1882, S. 206 ff; Sturminger, Walter, in: Gestalter der Geschicke Österreichs. Hrsg. von Hugo Hantsch, 2. Bd., Innsbruck, Wien, München 1962, S. 185 ff; Braubach, Max in: Gebhardt, Handbuch der dt. Geschichte, Bd. 10, Stuttgart, 1976, S. 69 ff (dort Schriftenverzeichnis).