Biographie

Senefelder, Alois

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Erfinder des Steinflachdruckes
* 6. November 1771 in Prag
† 26. Februar 1834 in München

Der aus Königshofen i. G. stammende Schauspieler Peter Senefelder war ans Deutsche Theater in Prag gekommen. Dort heiratete er die Gastwirtstochter Katharina von Volck. Aus der Ehe ging als erstes Kind Johann Nepomuk Franz Alois hervor. Die Familie ließ sich später in München nieder. Die guten Zensuren am Münchener Lyzeum bahnten Alois den Weg zum Jurastudium an der Universität Ingolstadt. Nach des Vaters Tod (1792) brach Alois das Studium ab und gab sich seinen heimlichen Neigungen hin: Schauspiele zu schreiben und an Wanderbühnen aufzutreten. Beim Druck des von ihm (1792) verfaßten Lustspiels „Die Mädchenkenner“ und anderer Stücke hatte er in den Druckereien allerlei abgeschaut und gefunden, daß er seine Werke selbst vervielfältigen könne. Doch für eine eigene Druckerei mit Lettern fehlte ihm das Kapital.

So begann er zu experimentieren: In erdige Masse gedrückte Buchstaben füllte er mit Siegellack aus, den Holzhochdruck und den Kupfertiefdruck suchte er mit Steinplatten nachzuahmen, und durch einen Zufall entdeckte er (1796), daß man ohne Tiefätzen der Platten, mit Flachdruck also, auskommen kann: Druckerschwärze bleibt nur auf jenen Stellen einer Kelheimer (oder Solnhofener) Kalkplatte haften, die mit Spezialtinte behandelt wurden, der geätzte Grund stieß die Farbe ab.

Die Methode schien ihm so aussichtsreich, daß er alles versuchte, um zu Geld zu kommen. Sämtliche Bittschriften der Familie beschied der baierische Kurfürst jedoch negativ. Auch die Akademie der Wissenschaften in München zeigte sich verschlossen. „Ob der Wohlfeilheit und Präzision des Verfahrens erwarte ich eine ganz andere Würdigung von den Wächtern der Künste und Wissenschaften, deren Amt es eigentlich mit sich bringt, den Wert zu prüfen …“, schreibt Senefelder.

In größter Not wollte er Artillerie-Ersatzmann in Ingolstadt werden. Allein, ein nicht im Kurfürstentum Baiern Geborener wurde nicht aufgenommen. Beim Weg zurück über die Ingolstädter Donaubrücke war Alois so betrübt, nicht einmal zum niedersten aller Berufe zugelassen zu werden, daß er jene Stunde verwünschte, in der man ihn als Student aus der Donau rettete.

In Ingolstadt hatte Senefelder Eßwaren gekauft, die man ihm in das Blatt eines Gesangbuches einwickelte. Der Notendruck war so schlecht, daß sich der 25jährige das Ziel setzte, hier mit Verbesserungen anzusetzen.

Glückliche Zufälle, unermüdliches Experimentieren und das Gespür, Sackgassen nicht weiterzuverfolgen, führten schließlich Senefelders Ruhm herbei. Während neben Senefelder auch Simon Schmid Tief- und Hochdrucke mit Steinplatten ausführte, gebührt Senefelder allein die Priorität der Entdeckung des Steinflachdruckes, der eigentlichen Lithographie. Im Hofmusiker Franz Gleißner hatte Senefelder von Anfang an einen treuen Kompagnon gefunden, der nicht nur komponierte, seine Verbindungen einbrachte und sich um das Geschäft kümmerte, sondern auch zupackte, wenn Senefelder sich neuen Erfindungen (Farbdruck) widmete.

Man druckte Dürers Gebetbuch für Kaiser Maximilian, versuchte sich im Kattundruck und wirkte bei der Begründung von Lithographiedruckereien in mehreren Städten mit. Als Entschädigung für den ständig unterlaufenen Patentschutz hatte Frau Gleißner 1809 für ihren Mann und für Senefelder Aufsichtsposten bei der Steuervermessungs-Kommission erwirkt. In seinem 400seitigen Lehrbuch stellt Senefelder neben dem Steinflachdruck noch eine Reihe anderer Entwicklungen vor: die Stangenpresse, künstliches Steinpapier, verschiedene Chemikalien, den Vorläufer der Stereotypie, das Kopieren alter Bücher, die Kreide- und Aquatintamanier, den Vielfarbendruck usw. In den letzten Monaten seines Lebens befaßte er sich mit der lithographischen Übertragung von Ölgemälden auf Leinwand.

Aus der Lithographie ging der Offsetdruck des 20. Jahrhunderts hervor. Die Lithographie hatte viel zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse und der Kunst beigetragen. Die Steinplatten, mit denen die Katasterpläne des 1806 zum Königreich aufgewerteten Baiern um jene Zeit gedruckt wurden, sind heute noch im Landesvermessungsamt aufbewahrt. Seine letzte Ruhestätte fand Alois Senefelder auf dem alten Süd-Friedhof in München.

Lit.: Gaebert, H. W.: Der große Augenblick in der Technik. Bayreuth 19743. Kistner, A.: Deutsche Meister der Naturwissenschaft und Technik, Band II. München 19252. Senefelder, A.: Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey. München und Wien 1818. Wagner, C.: Alois Senefelder, sein Leben und Wirken. Leipzig 1914.

Abb.: Kreidezeichnung auf Stein von Franz Hanfstaengel, München 1834