Biographie

Knak, Siegfried

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Theologe, Missionswissenschaftler, Missionsdirektor
* 12. Mai 1875 in Zedlitz/Schlesien
† 22. Mai 1955 in Berlin

Wenige Tage nach seinem 80. Geburtstag verstarb nach einem Schlaganfall der Missionsdirektor i.R., Prof. D. Siegfried Knak in Berlin. Fast 40 Jahre hat er im Dienst der Leitung der Berliner Mission gestanden; von 1910-1921 als Heimatinspektor und dann bis 1949 als Direktor. Während dieser Zeit besuchte er intensiv die Gemeinden im damaligen Ostpreußen, Memelland, Schlesien und Pommern, aber auch viele europäische Länder und die verschiedenen Missionsgebiete der Berliner Mission. Die Liebe zur Mission war ihm schon in die Wiege gelegt. Die Losung am Tag seiner Geburt (Jes. 52,7 „…die Füße der Boten, die da Frieden verkündigen“) hatte geradezu providentielle Bedeutung für sein Leben und seine Arbeit. In dem Vorwort zur Lebensbeschreibung seines Großvaters Gustav Knak (1806-1878) bekannte er dankbar, daß dieser und sein Amtsvorgänger in der Berliner Mission, Hermann Theodor Wangemann, „Führer zum Glauben und zum Dienst“ geworden seien.

Als ältester Sohn des Pfarrers Johannes Knak (1842-1899), der von 1885 bis zu seinem Tode Komiteemitglied der Berliner Mission und nebenamtlich Dezernent für China war, wurde Siegfried Knak in Zedlitz/Schlesien geboren. Seine Mutter war die Tochter des Gutsbesitzers Alexander Andreae in Roman/Pommern. Er besuchte das berühmte Internat Schulpforta, um nach dem Abitur in Berlin und Halle ein Theologiestudium abzuschließen. Sein frühes Interesse an der Mission verband sich mit dem theologischen Einfluß Martin Kählers (1835-1912). 1901 übernahm Knak ein Pfarramt in Ribbekardt/Pommern. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Gemeindepfarrer, dazu zählte auch sein Kriegseinsatz als Feldprediger 1915-1918, trat er in den Dienst der Berliner Mission. Die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges hatten ihm das Versagen der Kirche in der Sozialen Frage, die mangelnde Verankerung im Volkstum, deutlich gemacht. Er sah daher in der Respektierung völkischen Empfindens und völkischer Eigenart die Basis missionarischen Wirkens, auch die Voraussetzung für eine Aussöhnung nach dem Weltkrieg. So schrieb er schon 1919, daß die „Tat der Heidenmission“ die „einzige Grundlage [sei], auf der ein Völkerbund entstehen könnte.“ Dabei distanzierte er sich sowohl vom Pazifismus wie auch vom Sozialismus. So ist es auch nicht verwunderlich, daß Knak dem Nationalsozialismus positiv gegenüber stand. „Unser Herz jauchzt dieser neuen Bewegung als ein Geschenk Gottes entgegen“, schrieb er 1933. Im Hinblick auf die Mohamedanische Mission (1938) sah er im Nationalsozialismus einen „Anschauungsunterricht“, der den Blick auf den Islam und das „Wesen seiner Gruppensolidarität“ schärft und dazu zwingt, „den Widerstand auf der mohamedanischen Seite noch höher einzuschätzen als bisher.“ Bei aller Wertschätzung des NS-Regimes wandte er sich mit aller Entschiedenheit gegen den pseudoreligiösen „Mythus des 20. Jahrhunderts“ des Alfred Rosenberg und die „Gotteskenntnis“ der Ludendorffs. Er bezeichnete die Religion des Blutes als „Wunschgebilde oder Fruchterzeugnisse der menschlichen Seele.“ Seine Haltung gegenüber den „Deutschen Christen“ war anfänglich eher positiv, änderte sich aber später. Bereits 1933 vertrat Knak die Meinung, daß das gesamte deutsche evangelische Missionswesen eine Angelegenheit der Deutschen Evangelischen Kirche (Reichskirche) sei. Er wollte deshalb die Äußere Mission dem Reichsbischof unterstellen – Pastor Fritz von Bodelschwingh (1877-1946) in Bethel-Bielefeld war mehrheitlich gewählt, von Hitler jedoch nicht bestätigt worden. Vom Geistlichen Ministerium über eine Missionskammer und die Missionsräte sollte die Mission nun nach dem Führerprinzip hierarchisch strukturiert werden. Karl Hartenstein und Walter Freytag widersetzten sich solchen Plänen und führten die Mission als „Kirche in Bewegung“ in das Lager der Bekennenden Kirche. Knak unterstützte nach anfänglichem Widerstand diesen Weg, wobei er bis zum Ende der NS-Herrschaft zwischen Bekennender Kirche und Deutschen Christen zu vermitteln suchte. Er trat dem „Bruderrat“ der Bekennenden Kirche bei und war dessen Missionsvertreter. Ebenso war er Mitglied im Bruderrat der 1934 von Pastor von Bodelschwingh gegründeten „Arbeitsgemeinschaft missionarischer und diakonischer Verbände“. Sein Dissens zum Nationalsozialismus deutete sich schon 1935 mit der von der Regierung verbotenen Schrift: „Ein Wort zur Rassenfrage“ an. Darin vertrat er die nur von wenigen Missionsleuten damals unterstützte These: „Christgläubige Juden sind Glieder der Kirche Christi“.

Siegfried Knak war einer der führenden, international anerkannten Missionsvertreter. Bereits 1935 wurde er in das „Interim Comitee“ des internationalen Missionsrates gewählt. Er hat nicht nur der Berliner Mission zwischen den Weltkriegen das Gepräge gegeben, sondern der ganzen deutschen Mission seinen Stempel aufgedrückt. Bereits 1924 wurde ihm der theologische Ehrendoktor der Universität Halle verliehen. Knak nahm 1928 an der Weltmissionskonferenz in Jerusalem teil; ebenso an der in Tambaram/Südindien 1938. Die Berichterstattung über diese Konferenz mißfiel der Regierung, und sie verbot alle Missionszeitschriften bis auf die von Walter Freytag herausgegebene „Evangelische Missionszeitschrift“, die bis 1944 noch erscheinen konnte. Nach dem Ausscheiden aus der Missionsleitung wurde Knak 1950 Professor an der Kirchlichen Hochschule in Berlin und Dozent an der Universität Halle sowie im Seminar der Berliner Mission und im Burckhardthaus. In vielen Vorträgen und Artikeln versuchte der leidgeprüfte Theologe (seine beiden Söhne fielen im Zweiten Weltkrieg) das Erbe der pommerschen Erweckungsbewegung und die Lehre Martin Kählers für seine Zeit fruchtbar zu machen, wobei er Völkermission (Heidenmission) und Volksmission in enger Verbindung sah.

Werke (Auswahl): Die Kirche als völkerverbindende Macht. Magdeburg 1919. – Säkularismus und Mission, 1929. – Glaube und Volkstum, in: Auslandsdeutschtum und evangelische Kirche. Jahrbuch 1932. – Mission und nationale Bewegung, 1933. – Die Evangelische Mission in Südafrika und Mission und Kirche im Dritten Reich, in: Julius Richter (Hrsg.), Das Buch der deutschen Weltmission in Wort und Bild, Nürnberg 1939, S. 75-81 und S. 254-258. – Die Kirche und die weltlichen Mächte, in: Martin Schlunk (Hrsg.), Das Wunder der Kirche unter den Völkern der Erde. Bericht über die Weltmissions-Konferenz in Tambaram/Südindien 1938, Berlin 1939, S. 149-159. – Zur Bedeutung des Volkstums für die missionarische Aufgabe, in: Afrikanistische Studien. Festschrift Diederich Westermann, Berlin 1955, S. 164 -173.

Lit.:Karl Hartenstein, Zum 75. Geburtstag von Siegfried Knak, in: NMZ 1950, S. 82. – Harald Kruska, Siegfried Knak in memoria, in: Theol.Lit.Ztg. 1955, Nr. 9, Sp. 569f. – Walter Freytag, Siegfried Knak, in: Evang.Miss.Zeitschrift, 12. Jg. NF, H. 1, S. 118f. – M. Bauer, Bibliographie Siegfried Knak, in: Theol.Lit.Ztg. 1955, Nr. 9, Sp. 571f. – G. Brennecke, Knak, Siegfried (1875-1955), in: RGG 3 (31959), Sp. 1679. – Horst Bürkle, Knak, Siegfried, in: NDB 12 (1980), S. 150f. – Knak, Siegfried, in: DBE 5 (1997), S. 612. – Karl Rennstich, Knak, Siegfried, in: BBK 4 (1992), Sp. 112-115; Hans Luther, Knak, Siegfried, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6,31997, Sp. 154. – Frieder Ludwig, Knak, Siegfried, in: RGG 4 (42001), Sp. 1461f.