Mit der Präsentation des vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Digitalisierungsprojektes „Historisch Ostdeutsche Heimatsammlungen in NRW“ wurde am 2. Februar die nächste Projektphase auf den Weg gebracht.
In den letzten beiden Jahren konnte die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen finanziell gefördert durch das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt 20 Heimatsammlungen digitalisieren und auf der Internetseite www.ostdeutsche-heimatsammlungen.de in virtuellen Räumen präsentieren.
Bei den in den Nachkriegsjahrzehnten aufgebauten und bis heute liebevoll gepflegten historisch ostdeutschen Heimatsammlungen und Heimatstuben handelt es sich um besondere Stätten der Erinnerungskultur der Vertriebenen. In ihnen wurde und wird das, was man aus der alten Heimat an materiellen Kulturgütern gerettet und mitgebracht hatte, gesammelt und ausgestellt und immer wieder ergänzt durch weitere Gegenstände. Auf diese Weise wird hier die Heimat vergegenwärtigt.
Dabei waren und sind die Heimatsammlungen und -stuben weit mehr als die Summe ihrer einzelnen Exponate und Archivalien. Sie spiegeln mit kulturhistorisch bedeutenden Gegenständen und mehr noch mit den vorgestellten Alltagsgegenständen das Leben, die Geschichte, die Mentalität und Kultur einer Region, Stadt oder Gemeinde wider – und darüber hinaus zeugen sie von dem Prozess der Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen in die deutsche Nachkriegsgesellschaft.
Am 2. Februar 2022 wurde das Digitalisierungs- und Virtualisierungsprojekt unter Teilnahme des Parlamentarischen Staatssekretärs im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Klaus Kaiser MdL, offiziell in einer live übertragenen online-Präsentation der Öffentlichkeit vorgestellt und gleichzeitig ein Ausblick für eine durch das Land NRW geförderte nächste Projektphase gegeben.
An der Präsentation beteiligten sich zahlreiche Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Praxis, darunter Heiko Hendriks, Landesbeauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern, Frank von Hagel, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Institut für Museumsforschung, Dr. Gundula Bavendamm, Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, Prof. Dr. Bernd Fabritius, BdV-Präsident und Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Arkadiusz Danszczyk, Kommissarischer Leiter der Martin-Opitz-Bibliothek, Prof. Dr. Winfrid Halder, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses und Karin Roth, Betreuerin der Siebenbürger Heimatstube in Herten.
Beim vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Digitalisierungsprojekt geht es um die digitale Erfassung und die virtuelle Präsentation der Exponate, also der sächlichen Objekte ausgewählter Heimatsammlungen. Die Exponate werden hierzu fotografisch aufgenommen und sind samt einer Beschreibung und weiteren Informationen im Internet in Form einer „virtuellen Heimatsammlung“ verfügbar. Der Besucher der Internetseite kann sich in den Räumen der Sammlung frei bewegen, ganz gemäß seinen Interessen, sei es in den real bestehenden, in 360°-Panorama-Fotografie abgelichteten Räumen, oder, wo dies nicht möglich ist, in virtuell konstruierten Räumen. Er kann sich dann auf einzelne Objekte konzentrieren, sie mit anderen Exponaten vergleichen und dabei zugleich wesentliche Informationen zu dem einzelnen Objekt oder zu Gruppen von Objekten abrufen. Damit wird den Sammlungen der Zugang zu neuen Zielgruppen erleichtert und gleichzeitig Interessenten weltweit ein virtueller Besuch unabhängig von Zeit und Ort ermöglicht.
Nach einleitenden Worten von Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung, sprachen Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalens, Heiko Hendriks, Landesbeauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern in Nordrhein-Westfalen, und Reinfried Vogler, Vorstandsvorsitzender der Kulturstiftung, Grußworte.
„Das mit zahlreichen Informationen zu den Sammlungen angereicherte digitale Angebot bedeutet auch eine enorme Chance für Schulen und die Erwachsenenbildung. Die Unterstützung für das Projekt setzen wir daher gerne fort, sodass weitere Heimatstuben einen Online-Zwilling erhalten und Bildungskonzepte erarbeitet werden können“, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Klaus Kaiser.
Den einleitenden Vortrag der Veranstaltung hielt Frank von Hagel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin. Er sprach über die Bedeutung der Digitalisierung für die Bewahrung des deutschen kulturellen Erbes im östlichen Europa. Der Wissenstransfer aus dem analogen in den digitalen Raum sei eine große Herausforderung, erklärte von Hagel. Digitale Standards der Museen böten aber Chancen dafür, den niedrigschwelligen und barrierefreien Zugang auch zu kulturellen Traditionen nachhaltig zu gestalten.
Die Vorstellung des Leuchtturmprojekts der Kulturstiftung übernahmen Dr. Ernst Gierlich, Vorstandsmitglied der Kulturstiftung, sowie Barbara Kämpfert, die die wissenschaftlichen Begleittexte zu den Digitalisaten verfasste. Sie zeigten die verschiedenen Facetten der bereits digitalisierten und virtualisierten Heimatsammlungen auf. „Einige der Objekte sind digital besser erfahrbar als in der Stube selbst. Etwa bei zwei Meter hohen Schränken kann man sich digital jedes Detail nah heranholen“, erklärte Barbara Kämpfert. Das so geschaffene Angebot im Netz sei eine Ergänzung der bestehenden Sammlungen vor Ort.
Dr. Gundula Bavendamm, Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, nannte daraufhin in ihrem Impulsvortrag die Digitalisierung einen „Meta-Trend der Gesellschaft“. Die Kulturstiftung habe mit ihrem Projekt eine gute Basis geschaffen, die es nun mit Vernetzung und Kontextualisierung weiter auszubauen gilt. Der Begriff der Heimat habe wieder an Modernität gewonnen, sagte Dr. Bavendamm, man könne nun gerade im Bezug auf Heimatsammlungen neues Interesse wecken.
Das vom Land NRW geförderte Leuchtturmprojekt „Historische ostdeutsche Heimatsammlungen in NRW“ der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen tritt nun in eine neue Phase ein. Bereits digitalisierte und noch zu virtualisierende Heimatsammlungen werden in einen breiteren Kontext gesetzt und sollen in Bildungsinitiativen eingebunden werden. Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten, Abteilungsleiter Weiterbildung und Politische Bildung im Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, verwies auf die Sinndimension der Heimat für einzelne Personen und die Gesamtgesellschaft. Geschichte sei ein Teil der eigenen Identität und dazu gehöre die Solidarität mit ihren Opfern, sagte Prof. Dr. Baumgarten.
- Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen
Die Pressemitteilung der Kulturstiftung als pdf:
2022-02-03-KS-02-Präsentation-Digitalisierungsprojekt
Die Pressemitteilung der Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen als pdf:
2022-02-02-pm-Virtuelle-Heimatstuben