Biographie

Nagl, Hans

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Maler
* 14. April 1916 in Vierzighuben, Zwittau/Nordböhmen
† 1. Januar 1991

Obwohl er als Maler eine vehemente Handschrift aufweist, die Ölfarbe in breiten, expressiven Bahnen auf die Leinwand streicht, gehört Hans Nagl zu den „Stillen im Lande“. Seit 1947 lebt er mit seiner Frau in deren Geburtsort Hagen in Westfalen, jener einstigen Kunstmetropole, die durch die Förderung der Avantgarde Anfang des Jahrhunderts namentlich durch Karl Ernst Osthaus berühmt wurde. Hier begann Nagl seine Laufbahn als freier Maler und wurde bereits 1952 in den örtlichen Kunstverband „Hagenring“ und in die Künstlergilde Esslingen aufgenommen. Jahr für Jahr fanden fortan seine Einzelausstellungen in Museen und Galerien und Beteiligungen an Gruppenausstellungen im In- und Ausland (u.a. Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark, Finnland, Sowjetunion, Jordanien) statt. 1980 erhielt er „in Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung des heimatlichen Kulturgutes und in Würdigung seines künstlerischen Gesamtwerkes“ den Schönhengster Kulturpreis (Göppingen).

Als Maler ist Hans Nagl Autodidakt, er hat nie eine Kunstakademie besucht. Doch noch heute schwingt die Begeisterung für seinen Zeichenlehrer Paul Schmeer an der Realschule in Zwittau mit, der dem Jungen das Sehen beigebracht hat und den Umgang mit den verschiedensten künstlerischen Mitteln; nicht zuletzt begann in der Schule die Freude am Gestalten, so daß er am liebsten gleich auf die Kunstakademie gegangen wäre. Aber es fehlte das Geld: Sein Vater war im Ersten Weltkrieg gefallen, die Mutter kam allein für den Unterhalt auf, dem Deutschen aus Mähren wurde das ersehnte Stipendium an der Prager Kunstakademie versagt. So erlernte er das Malerhandwerk, legte die Gesellenprüfung ab – und wurde danach zum Kriegsdienst einberufen. Es folgten acht verlorene Jahre: Krieg, Gefangenschaft, Vertreibung. Seine frühen Gemälde weisen vorkubistische Spuren auf, es gibt sogar einige gebaute Architektur- und Wandbilder von ihm, doch mündet sein Stil bald in den naturverbundenen deutschen Expressionismus. Ein weiteres Abstrahieren führt von der Landschaft fort zu gegenstandsfreien Kompositionen, die freilich von der Natur inspiriert sein können, von Tages- und Jahreszeiten, dem Erlebnis der Mondlandung, von wo der Weg zu Eifelkratern und Maaren und seinen Felsenbildern führt. Diese Spannung zwischen Naturbild und (tachistischem) Duktus des Pinsels und der Spachtel kennzeichnen das Werk Nagls.

Daß seine Palette sich zu Anfang der 70er Jahre zusehends verdunkelte, sich „drohende Schatten über die Ölgemälde legten“ und daß seine düsteren, monochromen Monotypien zerfurchte und deformierte Formen zeigten – ganz im Sinne von ‚Art informel‘, wo Gemütsbewegungen zu Farb- und Formspuren werden –, hat der Künstler erst später im Krankenhaus zu erklären gewußt. Kündete sich bereits hier die mißglückte Operation an, die den Maler lange Zeit ans Bett und danach an den Stuhl fesselte? Zwar ist Nagls Bewegungsfähigkeit in mannigfacher Weise auch heute noch eingeschränkt, doch die psychische Krise ist überwunden. In seinen Bildern tauchen Lebensmut und Optimismus in kostbar-strahlender Farbigkeit auf. Zunächst fand diese Wandlung infolge der liegenden und sitzenden Tätigkeit in kleinen Formaten ihren Niederschlag, später kehrte Nagl zu seinen großen Gemälden zurück. In einem seiner Briefe bekennt der Jubilar: „ Gesundheitlich geht es mir einigermaßen … Ich arbeite, wenn es gesundheitlich geht, täglich zwei bis drei Stunden, mehr ist nicht drin.“

Lit.: Dr. Zimprich„Über das Schaffen des Malers H. Nagl“ in: Mährische Heimat (1961) – „Bildende Künstler in Nordrhein-Westfalen“, Verlag Aurel Bongers, Recklinghausen (1968) – Horst Kniese „Der Maler H. Nagl“ in: Der Wegweiser (Hrsg. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Düsseldorf, (1976) – Hans Komar „H. Nagl, ein Maler aus dem Schönhengstgau“ in: Schönhengster Heimat, Göppingen (1979), dto 1980 anläßlich der Verleihung des Kulturpreises – Günther Ott: „Hans Nagl – ein Maler des konkreten und abstrakten Expressionismus“, Kulturpolitische Korrespondenz, Bonn (1980). Günther Ott: „Begegnungen – Kunst und Künstler aus Ostmitteleuropa“, Westkreuzverlag Berlin/Bonn (1985).