Dr. Karl Ungar gehört zu den bedeutenden siebenbürgischen Botanikern und Ärzten unseres Jahrhunderts. Durch seine beiden Bestimmungsbücher für die Pflanzenwelt Siebenbürgens ist sein Name bei vielen Naturfreunden bis heute unvergessen geblieben.
Am 9. September 1869 in Hermannstadt geboren, besuchte Ungar hier Volksschule und Gymnasium. Seine ungewöhnliche Begabung und seine vielseitigen Fähigkeiten kamen schon am Brukenthal-Gymnasium zum Ausdruck und wurden durch seine Wahl zum Präfekten des Coetus bestätigt. Nach Abschluß des Gymnasiums studierte er Medizin in Graz und Wien und war ab 1895 in Hermannstadt als Krankenarzt und ab 1900 als Sekundararzt im damaligen Franz-Josef-Bürger-Spital tätig.
Schon als junger Arzt war Ungar ein begeisterter Botaniker und wurde nach seiner Rückkehr vom Hochschulstudium Mitglied des siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt. Diesem Verein hat er seither als aktives Mitglied angehört und innerhalb desselben verschiedene Ämter bekleidet. 1903 wurde er Bibliothekar der medizinischen Sektion, 1905 Mitglied der Vereinsleitung, 1907 Schriftführer und Kustos der botanischen Sammlungen des Vereinsmuseums, 1922 Vorstandsstellvertreter und 1925 erster Vorstand des Vereins. Dieses Amt hat er mit viel Hingabe und Opferfreudigkeit bis kurz vor seinem Tode bekleidet. Ungar starb am 23. November 1933 in Hermannstadt. Als Botaniker widmete sich Ungar zunächst der farbenprächtigen Pflanzenwelt der Südkarpaten. Beim Bestimmen ihm unbekannter Pflanzenarten stieß er bei der Verwendung vorhandener Florenwerke immer wieder auf Schwierigkeiten. Erst nach jahrelanger Beschäftigung mit der Alpenflora der siebenbürgischen Karpaten konnte er diese überwinden und seine Erkenntnisse in dem Buch „Die Alpenflora der Südkarpaten“ 1913 allen Pflanzenfreunden zugänglich machen. Das 92 Seiten starke Buch enthält die Diagnosen von 410 Pflanzenarten und 136 farbige Abbildungen von zum Teil typisch-siebenbürgischen Gebirgspflanzen. – Als weiteren Beitrag zur Flora Siebenbürgens veröffentlichte Ungar in den Verhandlungen und Mitteilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt seine Arbeit „Die siebenbürgischen Aconiten“ mit acht Abbildungen zu dieser schwierigen Pflanzengattung.
Seine bedeutendste Leistung auf botanischem Gebiet ist sein Exkursions- und Bestimmungbuch „Die Flora Siebenbürgens“, das er 1925 dem Siebenbürgischen Verein für Naturwissenschaften zu seinem 75jährigen Bestehen widmete. In diesem 535 Seiten umfassenden Werk werden 2188 Pflanzenarten beschrieben. Somit lag nun ein deutschsprachiges Bestimmungsbuch für die Pflanzenwelt ganz Siebenbürgens vor. Sein eigenes Herbarium, das ihm als Grundlage für seine botanischen Arbeiten gedient hatte, schenkte er später dem Vereinsmuseum. – In einem Artikel „Schutz den Pflanzen“ (1911) setzte sich Ungar energisch für den Schutz seltener Pflanzenarten sowie der Pflanzenwelt überhaupt ein und gehört somit zu den Pionieren des Naturschutzes im damaligen Ungarn. Durch seinen Alpengarten, den er auf der Hohen Rinne bei Hermannstadt anlegte, war er bestrebt, der Gebirgsflora Siebenbürgens stets neue Freunde und Beschützer zu gewinnen.
Auch als Arzt hat Ungar eine Reihe bemerkenswerter Leistungen erbracht. 1910 begründete er die Prosektion in Hermannstadt, führte als erster hier bakteriologische Untersuchungen und Bakterienkulturen durch und führte die Wassermannsche Reaktion ein. Besondere Verdienste hat sich Ungar um die Tuberkulosebekämpfung erworben, und er hat als erster ihre Wichtigkeit als Volkskrankheit erkannt. Er war der erste Leiter der im Jahre 1912 begründeten Tuberkulose-Fürsorgestelle und hat sich in Vorträgen und Veröffentlichungen (z.B. „Der Kampf gegen die Lungenschwindsucht“) für die Bekämpfung der Tuberkulose eingesetzt. – Ein weiteres Gebiet, dem sich Ungar widmete, war die Heliotherapie.
Nachdem Ungar als Sekundararzt auf mehreren Abteilungen tätig war, wurde er nach einer Sonderausbildung in Wien 1910 Prosektor am Hermannstädter Franz-Josef-Bürger-Spital, ab 1925 Primararzt der Abteilung für Infektionskrankheiten und nach seiner staatlichen Pensionierung Chefarzt des Sanatoriums in Freck/Hermann-stadt.
Insgesamt hat Ungar 50 wissenschaftliche Arbeiten und Artikel botanischen, medizinischen und biologischen Inhalts veröffentlicht. In zahlreichen Vorträgen und Vorführungen im Rahmen des Vereins für Naturwissenschaften und der medizinischen Sektion dieses Vereins hat er sein reiches Fachwissen, seine Erfahrungen und Beobachtungen zahlreichen Kollegen vermittelt.
Lit.: Haltrich, Gustav, 1934: Dr. Karl Ungar. Verh. u. Mitt. d. Siebb. Ver. f. Nat. zu Hermannstadt, 83/84(11), p. 11-17; Weindel, Viktor, 1933: Dr. Karl Ungar zum Gedächtnis. Medizinische Zeitschrift 7 (12), Hermannstadt, p. 1-4; Heltmann, Heinz, 1969: Ein Forscher der heimatlichen Pflanzenwelt. Neuer Weg, Tageszeitung Bukarest, 5. November; Heltmann, Heinz, 1970: Botanistul sibian Dr. Karl Ungar (Der Hermannstädter Botaniker Dr. Karl Ungar). Natura, Bucuresti, Nr. l, p. 85-86.