4. Internationale Begegnungstagung Heimatvertriebene und Heimatverbliebene – Zwei Seiten der gleichen Medaille in Bayreuth

Vom 27. bis 30. Juni fand in Bayreuth die 4. Internationale Fachtagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in der FUEN statt. Die Tagung mit dem Titel „Heimatvertriebene und Heimatverbliebene – Zwei Seiten der gleichen Medaille“ widmete sich dem Austausch und der Zusammenarbeit zwischen Landsmannschaften, nach §96 BVFG tätigen Einrichtungen und Vertretern der deutschen Minderheiten.

Die Veranstaltung zog über 40 Teilnehmer an, darunter etwa 15 Repräsentanten der deutschen Minderheiten aus rund 10 Ländern. Zu den prominenten Gästen aus Deutschland gehörten Natalie Pawlik MdB, Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Sylvia Stierstorfer MdL, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Dr. Jens Baumann, Beauftragter für Vertriebene und Spätaussiedler in Sachsen, Sächsisches Staatsministerium des Innern sowie Hartmut Koschyk, Ratsvorsitzender der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland. Staatsministerin Ulrike Scharf MdL übermittelte eine Videogrußbotschaft.

v.l.: Dr. Jens Baumann, Sylvia Stierstorfer MdL, Bernard Gaida, Natalie Pawlik MdB, Reinfried Vogler, Volodymyr Leysle

Die Fachtagung wurde erstmals im Jahr 2020 in Dresden abgehalten und findet seither jährlich statt und ist die einzig existierende Plattform des regelmäßigen Austausches zwischen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen. Die diesjährige Tagung wurde erneut vom Bundesministerium des Innern und für Heimat unterstützt und versammelte hochrangige Repräsentanten aus den Reihen der deutschen Minderheiten, Landsmannschaften und Kultureinrichtungen.

Die Veranstaltung bot eine Plattform für den Austausch von Best Practices und die Diskussion aktueller Herausforderungen. Sie zielte darauf ab, die Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen zu stärken, gemeinsame Ziele und Anliegen zu fördern und das Bewusstsein für das deutsche kulturelle Erbe im Osten Europas zu schärfen.

Die Tagung umfasste verschiedene Themenblöcke, darunter die Situation der Heimatvertriebenen und der deutschen Minderheiten, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Kulturprojekten, die Vernetzung der Vertreter der Jugendorganisationen sowie die Vermittlung von Wissen über das deutsche kulturelle Erbe. Anhand von Impulsvorträgen, Podiumsdiskussionen und Präsentationen wurden Einblicke in erfolgreiche Projekte und Initiativen gegeben und Impulse für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gesetzt.

Karsten Kühnel, Direktor des Lastenausgleicharchivs

Unmittelbar vor Tagungsbeginn begrüßte Karsten Kühnel, Direktor des Lastenausgleicharchivs in der Stadt Bayreuth die Teilnehmer im Haus und gab einen Einführungsvortrag zum Archiv und deren Arbeit. Die Fülle an Fragen, die sich im Anschluss des Vortrages ergab, beweist wie unterrepräsentiert die Arbeit des Lastenausgleicharchivs selbst in der Vertriebenenarbeit ist.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Bernard Gaida, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten, Reinfried Vogler, Ehrenpräsident der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und Thomas Ebersberger Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth, die die Gäste in der Stadt Bayreuth begrüßten.

In ihrer Videogrußbotschaft betonte Staatsministerin Ulrike Scharf MdL, Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, die Bedeutung des Kontakts und der Zusammenarbeit zwischen Vertriebenenorganisationen in Deutschland und deutschen Minderheiten im östlichen Europa: „Die Brücken, die Sie über Grenzen hinweg bei, machen Europa stabiler und tragen sehr viel zum europäischen Zusammenhalt bei.“

Auch Sylvia Stierstorfer, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, würdigte die Arbeit der Vertriebenenverbände. Es geht vor allem darum Geschichte sichtbar zu machen und die nachfolgenden Generationen für die Vertriebenenthematik zu sensibilisieren. Ebenso betonte sie, dass Vertriebene ein integraler Bestandteil Bayerns sind, weshalb das Treffen in Bayreuth von besonderer Symbolik ist.

Der erste Themenblock „Heimatvertriebene und Heimatverbliebene – Zwei Seiten der gleichen Medaille“ legte die inhaltliche Basis für die Konferenz. Nach einem einführenden Impulsvortrag der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik MdB, diskutierten auf einem Podium der Ehrenpräsident der Kulturstiftung Reinfried Vogler, AGDM-Sprecher Bernard Gaida, der sächsische Landesbeauftragte Dr. Jens Baumann, Landesbeauftragte Sylvia Stierstorfer, der Ratsvorsitzende der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland Hartmut Koschyk, Bundesbeauftragte Natalie Pawlik und der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien Nieder- und Oberschlesien Stephan Rauhut über Hürden und Chancen der Vertriebenenorganisationen und deutschen Minderheiten als Brückenbauer in Europa. Moderiert wurde von Andreas Stopp, Hörfunkjournalist in der Abteilung Wissenschaft und Bildung des Deutschlandfunks.

Der zweite Themenblock „Impulse für den grenzüberschreitenden Austausch von musealen Einrichtungen der Heimatvertriebenen und in den Herkunftsregionen“ thematisierte die museale Arbeit in Herkunftsregionen und die Möglichkeiten zur Vernetzung. Nach einer Kurzvorstellung des Oppelner Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen durch Weronika Wiese und des „Transferraums Heimat“ in Knappenrode“ durch Landesbeauftragten und Stiftungsratsmitglied Dr. Jens Baumann diskutierten zu diesem Thema, neben Weronika Wiese und Dr. Jens Baumann, in einer Podiumsdiskussion Dr. Ondrei Pöss, Vorsitzender der Karpatendeutscher Verein in der Slowakei, ehemaliger wiss. Mitarbeiter, Nationalmuseum Bratislava, Dr. Karsten Kühnel, Archivdirektor des Lastenausgleichsarchives Bayreuth, Tomas Okurka, Stadtmuseum Aussig und Dr. Michał Matheja, Direktor des Forschungszentrums der deutschen Minderheit in Oppeln.

Am Abend fand in Kooperation mit der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen Minderheiten im Ausland, Mittlerorganisation der Bundesregierung, eine Kulturgala unter Teilnahme von Bundesbeauftragter Natalie Pawlik MdB und Melanie Huml MdL, Bayerische Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales statt, bei der, moderieret durch die Journalistin Ira Peters, zur Brückenfunktion von Vertriebenenorganisationen, deutschen Minderheiten im östlichen Europa und deutschen Gemeinschaften weltweit diskutiert wurde. Neben dem Eherenpräsidenten der Kulturstiftung Reinfried Vogler und AGDM-Sprecher Bernard Gaida nahmen auch die Vorsitzende der German Language School Converence, Frau Dr. von Ludany und German Lehrke vom Dachverband der deutschen Gemeinscahaft in Argentinien (FAAG) teil. Ebenfalls wurden im Rahmen der Kulturgala Kulturpreise durch die Stiftung Verbundenheit vergeben.

Kulturgala „Landsmannschaften, Spätaussiedler, deutsche Minderheiten und deutsche Gemeinschaften als Brückenbauer in Europa und der Welt“

Der zweite Konferenztag widmete sich den Themenblöcken „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Kulturprojekten“, „Grenzüberschreitende Vernetzung der Vertreter der Jugendorganisationen“ und verschiedenen Möglichkeiten der Wissensvermittlung zum deutschen kulturellen Erbe.

Im Themenblock „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Kulturprojekten“ diskutierten nach einem Impulsvortrag von Bernard Gaida, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten, Karolina Fuhrmann, Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Ilze Garda, Vorsitzende des Verbandes der Deutschen in Lettland, Prof. Dr. Ulf Broßmann, Bundeskulturreferent der Sudetendeutschen, Gunter Dehnert, Kulturzentrum Ostpreußen und Bundesvorsitzender Stephan Rauhut Chancen und Schwierigkeiten der grenzüberschreitenden Arbeit. Moderiert wurde der Themenblock von Dr. Olga Martens, vom Internationalen Verband der deutschen Kultur.

Das Tagungsformat „Heimatvertriebene und Heimatverbliebene – Zwei Seiten der gleichen Medaille“ möchte ebenso Jugendorganisationen miteinander verbinden, die in der Vertriebenenarbeit tätig sind. So stand auch dieses Jahr die Jugendarbeit im Fokus. Moderiert von Renata Trischler, Projektkoordinatorin der AGDM Berliner Büro, sprach sie mit Geschäftsführer Thomas Konhäuser, Julia Tayps, Vorsitzende von der Deutschen Jugend in Transkarpatien, Hanna Klein, AGDM-Jugendkoordinatorin und Mitglied der Deutschen Gemeinschaft – Landsmannschaft der Donauschwaben in Kroatien, Weronika Koston, Vorsitzende des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen, Sebastian Arion, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen in Rumänien, Waldemar Weiz, Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland e.V. und Tobias Schulz, Junges Schlesien. Online zugeschaltet war Sandra Keller, stv. Vorsitzende der Banater Jugend- und Trachtengruppe.

v.l.: Renata Trischler, Thomas Konhäuser, Sebastian Arion, Weronika Koston, Waldemar Weiz, Julia Taips, Tobias Schulz

Der fünfte und zugleich letzte Themenblock „Gemeinsam Wissen vermitteln – Verschiedene Wege führen zum Erfolg“ zeigte durch Vorträge unterschiedliche Möglichkeiten auf, grenzüberschreitend das Wissen um das deutsche kulturelle Erbe in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern. Exemplarisch hielten hier Dr. Raimund Paleczek, Sudetendeutsches Museum, Gabrijela Bogišić, Deutscher Verein „St. Gerhard“, Sombor/Serbien und Rafał Bartek, Vorsitzender des Dachverbandes der deutschen Minderheit in Polen (vdg), Vorträge zu Möglichkeiten der Wissensvermittlung im musealen Bereich.

Katharina Martin-Virolainen, Bildungsreferentin für Jugend, Bildung und Kultur der Interessengemeinschaft der Deutschen aus Russland (IDRH) und Hanna Klein, Jugendkoodinatorin der AGDM, Deutsche Gemeinschaft – Landsmannschaft der Donauschwaben in Kroatien widmeten sich stattdessen Kulturprojekten in der grenzüberschreitenden Kulturarbeit, insbesondere der Kinder- und Jugendarbeit.

Weronika Koston und Katharina Martin-Virolainen – Praxisbeispiele erfolgreichen Wissensvermittlung

Ebenso konnten auch wichtige Impulse für die schulische- und außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung gegeben werden. Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und Ibolya Hock-Englender, Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen zeigten verschiedene Möglichkeiten auf, wie man mittels digitalem Angebot Schülerinnen und Schüler für diese Thematik sensibilisieren kann.
Den Abschluss bildete Weronika Koston, Vorsitzende des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen mit der Vorstellung der zahlreichen Projekte des BJDM, der wertvolle Einblicke in die Jugendarbeit mit Best Practice Beispielen bot.

Die 4. Internationale Fachtagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten war ein großer Erfolg und bewies zum vierten Mal, warum der Austausch zwischen Heimatverbliebenen und Heimatvertriebenen so wichtig ist. Sie setzte Impulse für eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit, stärkte das Bewusstsein für das deutsche kulturelle Erbe und förderte den verständigungspolitischen Gedanken zwischen den verschiedenen Akteuren.

Gemeinsam mit den Vorsitzenden der Dachverbände der deutschen Minderheit in der Slowakei, Polen, Ungarn, Lettland, Tschechien und Rumänien

Des Weiteren waren zahlreiche Vertreter von kulturellen Einrichtungen der deutschen Minderheiten aus Ungarn, Rumänien, Lettland, der Ukraine, Polen, Tschechien, Kroatien, Serbien und Russland bei der Tagung anwesend und berichteten zu aktuellen Projekten wie Theateraufführungen über Russlanddeutsche, Bildungsinitiativen für den Schulunterricht in Ungarn und kulinarische Workshops zu der Küche der Donauschwaben.

Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in der FUEN werden ihre Bemühungen fortsetzen, den Austausch und die Zusammenarbeit weiter zu intensivieren und die Verbindung zwischen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen zu stärken.

Einen Bericht der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten (AGDM) in der FUEN finden Sie hier.

Ein paar weitere Einblicke in die Konferenz in Bildern