Kulturstiftung verbindet: Dialogveranstaltung 2020 in Haus Schlesien

Kulturstiftung verbindet: Dialogveranstaltung 2020 in Haus Schlesien
Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott war Tagungsort am 10. und 11. September 2020

Um die Verstetigung einer Plattform zu befördern, auf welcher Bund, Länder und Wissenschaft mit den Institutionen der Vertriebenen zusammenkommen, richtete die Kulturstiftung im vergangenen Jahr erstmalig eine Informations- und Begegnungstagung aus. Unter dem Titel „Landsmannschaften und Kultureinrichtungen der Vertriebenen im Dialog mit Bund, Ländern und Wissenschaft“ wurde über die Arbeit informiert, Synergieeffekte wurden ausgelotet und Kooperationsprojekte angestoßen.

Als Fortsetzung dieser nunmehr alljährlich ausgerichteten Begegnungen, hatte die Kulturstiftung am 10. und 11. September in das Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott erneut zu einer Dialogveranstaltung geladen. In sechs prominent besetzten Diskussionsblöcken wurden Themen von der Rettung von Heimatsammlungen bis zur Vernetzung wissenschaftlicher Einrichtungen besprochen.

Kulturstiftung verbindet: Dialogveranstaltung 2020 in Haus Schlesien
Das erste Panel mit (v.l.) Barbara Kämpfert, Silke Findeisen, Anna Janesch, Birgit Aldenhoff, Maximilian Riedel, Dr. Hans-Jakob Tebarth, Thomas Konhäuser

Unter den wachsamen Augen der Büste Joseph von Eichendorffs, die den nach ihm benannten Saal im Haus Schlesien ziert, konnte die Kulturstiftung dem großen Wunsch nach Kommunikationsvermittlung nachkommen, der schon bei den Veranstaltungen zur Erarbeitung eines Förderkonzepts im letzten Jahr sehr deutlich geworden war. Gerade 2020 war der persönliche Austausch zwischen den Akteuren durch die Corona-Pandemie bislang zu kurz gekommen. Nach einleitenden Worten von Reinfried Vogler, dem Vorstandsvorsitzenden der Kulturstiftung, und Thomas Konhäuser, dem Geschäftsführer der Kulturstiftung, begann die zweitätige Tagung.

Beim ersten Themenblock unter dem Titel „Sichtbar bleiben: Bewahrung der Heimatsammlungen und Archive“ wurde bereits zum Auftakt der Veranstaltung ein wichtiges Problemfeld erörtert. Viele Heimatstuben und Heimatmuseen plagen Zukunftssorgen, einige mussten bereits aufgegeben werden. Über die Probleme des Heimatmuseums Nordböhmisches Niederland und die Hilfe der Kulturstiftung bei deren Lösung berichtete Maximilian Riedel, der sich in der Sammlung engagiert. Silke Findeisen, die die Bibliothek und das Archiv im Haus Schlesien betreut, sprach über Heimatsammlungen, die in Königswinter-Heisterbacherrott eine neue Heimat fanden. Dass man Archivbestände auch digitalisieren lassen und so weltweit zugänglich machen kann, erläuterte Dr. Hans-Jakob Tebarth, Direktor der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Leuchtturmprojekt „Virtuelle Heimatsammlungen“ der Kulturstiftung, das Birgit Aldenhoff, Wissenschaftliche Referentin für Kunstgeschichte und Heimatsammlungen, Barbara Kämpfert, Wissenschaftliche Projektassistentin, und Dr. Ernst Gierlich, Vorstandsmitglied der Kulturstiftung, auf der Tagung vorstellten. Anna Janesch, die die Heimatsammlung in Wiehl betreut, hat die Arbeit der Kulturstiftung in ihrer Sammlung bereits erlebt und sprach über diese Chance, die wertvollen Ausstellungsstücke auch für kommende Generationen erhalten zu können. Das Projekt erntete viel Lob und so ist zu hoffen, dass es im nächsten Jahr auch über die Landesgrenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus ausgeweitet werden kann. Im Publikum saß dabei auch Heiko Hendriks, Landesbeauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern in Nordrhein-Westfalen, der die positive Resonanz begrüßte.

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Themenblock Öffentlichkeitsarbeit mit (v.l.) Carsten Becher, Tomáš Randýsek, Marcel Pauls, Dr. Harald Roth, Thomas Konhäuser

Um Außenwirkung drehte sich auch das anschließende Themengebiet der Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter. Deutlich wurden hier die Unterschiede zwischen einzelnen Organisationen, die den Schritt in die vernetzte Welt bereits gewagt haben und jenen, die noch nach dem richtigen Zugang dazu suchen. Im Gespräch beschrieben Carsten Becher, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Landmannschaft Schlesien, Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, und Marcel Pauls, Mitglied des Bundesvorstandes des Bundes der Danziger, welche Wege ihre Organisationen eingeschlagen haben. Viele ähnliche Erfahrungen verdeutlichten dabei, dass man voneinander lernen und so Fehler vermeiden kann. Die Kulturstiftung bietet dafür mit Tomáš Randýsek, ihrem neuen Referenten für Öffentlichkeitsarbeit, eine helfende Hand.

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Der Themenblock zu grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit (v.l.) Dr. Bärbel Beutner, Christian Toop, Dr. Rudolf Landrock von der BRUNA, Thomas Konhäuser, Renata Trischler, Dietmar Schulmeister von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland

Unterschiedliche Erfahrungen machten die Teilnehmer des dritten Panels zum Thema „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Möglichkeiten nutzen – Ideen verbinden“. Bei einigen Landsmannschaften läuft die Kooperation mit den deutschen Minderheiten und den Behörden in ihrer Heimatregion sehr gut, wie etwa Christian Toop, stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Baltischen Gesellschaft, erklärte. Es gibt aber auch einige Problemgebiete, wie etwa Russlands Exklave Königsberg (Kaliningrad), wo den Bemühungen um Verständigungsprojekte eher Steine in den Weg gelegt werden. Dennoch will Dr. Bärbel Beutner, Kulturreferentin der Landsmannschaft Ostpreußen, auch hier nicht aufgeben. Mit immer neuen Initiativen baut sie zusammen mit vielen weiteren jene Brücken, die Völker verbinden. Das würdigte auch Renata Trischler, Koordinatorin der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten (AGDM) in der FUEN, die die Bereitschaft der AGDM zur Vermittlung unterstrich.

Der erste Tag endete beim informellen Austausch, der gerade für die Vernetzung unerlässlich ist und bei reinen Online-Veranstaltungen oft zu kurz kommt. Schon hier kamen die Teilnehmer der Tagung mit konkreten Wünschen auf die Kulturstiftung zu. Als Schnittstelle zwischen Landsmannschaften, Politik und Wissenschaft erfüllt die in diesem Jahr neu aufgestellte Kulturstiftung so einen Bedarf, der lange Zeit nur ungenügend bedient wurde.

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Themenblock zur Kulturarbeit nach §96 mit (v.l.) Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten, Christian Knauer, Dagmar Seck, Wilhelmine Schnichels, Margarete Ziegler-Raschdorf, Thomas Konhäuser

Die Effizienz der Vernetzung der Akteure, die sich um die Kulturarbeit nach §96 kümmern, war dementsprechend auch das Einstiegsthema für den zweiten Tag. Margarete Ziegler-Raschdorf, Hessische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, machte den Anwesenden Mut, sich mit ihren Sorgen direkt an die entsprechenden Stellen zu wenden. Viele Ehrenamtliche wüssten oft nicht, dass Fördermöglichkeiten bestehen. Christian Knauer, Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), wies darauf hin, dass auch der BdV Beratung anbietet, jedes Bundesland aber andere Anforderungen an diese Arbeit hat. Dagmar Seck vom Verband der Siebenbürger Sachsen und Wilhelmine Schnichels von der Donauschwäbischen Kulturstiftung berichteten vom Dschungel der Förderrichtlinien. Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen erklärte die politischen Vorgaben, aber auch die Bereitschaft der Behörden, auf Verbesserungsvorschläge einzugehen.

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Diskussion zur Vernetzung mit wissenschaftlichen Einrichtungen mit (v.l.) Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten, Christina Eiden, Dr. Kathleen Beger, Dr. Heinke Fabritius, Andreas Gundrum

Auch beim zweiten Themenblock des Tages, der die Vernetzung mit wissenschaftlichen Einrichtungen in den Fokus rückte, zeigte sich, dass hier noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Dr. Kathleen Beger, Wissenschaftliche Referentin der Kulturstiftung für (Zeit-)Geschichte, Staats- und Völkerrecht sowie Literatur, sprach darüber mit Christina Eiden vom Bukowina-Institut der Universität Augsburg, Dr. Heinke Fabritius vom Siebenbürgischen Museum, Andreas Gundrum von der Landsmannschaft der Oberschlesier und Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten. Bemängelt wurde vor allem, dass ein Überblick über die interessierten Forscher und wissenschaftlichen Einrichtungen besteht. Bei der Kulturstiftung entsteht nun ein Netzwerk, das unter anderem diese Aufgabe erfüllen soll.

 

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Themenblock Nachwuchsgewinnung mit (v.l.) Tomáš Randýsek, Dr. Kathleen Beger, Roland Zillmann vom Bund der Vertriebenen, Dietmar Schulmeister von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Carsten Becher, Thomas Konhäuser

Den Abschluss der Tagung bildete das Thema der Nachwuchsgewinnung, das wohl alle Vereine und Einrichtungen gleichermaßen betrifft. Rückblickend auf Tag eins wurde die Außendarstellung der Kulturarbeit zu einem zentralen Punkt der Diskussion. Man müsse auf die Interessen der Jugend eingehen und ihr einen Mehrwert für die Mitarbeit bieten, wenn man sie für das kulturelle Engagement begeistern wolle. Auch hier gibt es bereits erfolgreiche Projekte, die nachahmenswert sind und die Notwendigkeit der besseren Vernetzung untereinander aufzeigen, über Landes- und Landsmannschaftsgrenzen hinweg.

Dank der Gastfreundschaft im Haus Schlesien, dem Sitz der Landsmannschaft Schlesien, konnte so eine überaus erfolgreiche Tagung abgeschlossen werden. Viele Teilnehmer nutzten noch das Angebot zur Besichtigung des zum Haus gehörenden Museums, das viele Ausstellungsstücke aus Schlesien zeigt. Vor allem aber war man sich einig im Dialog zu bleiben.

 

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Keine Chance für Corona. Ein professionelle Hygienekonzept sorgte für eine sichere Tagungsatmosphäre.