Biographie

Borck, Edmund von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Komponist, Dirigent, Musikpädagoge
* 22. Februar 1906 in Breslau
† 16. Februar 1944 in Nettuno/Italien

Edmund von Borck enstammte einem alten preußischen Offiziersgeschlecht, das Grundbesitz in Schlesien und der Provinz Posen hatte; aber auch der Königsberger Johann Friedrich Reichardt, Kapellmeister dreier preußischer Könige, gehörte zu seinen Vorfahren.

Sein musikalisches Talent wurde früh gefördert. Bereits als Vierzehnjähriger wurde er Schüler des berühmten, in Breslau ansässigen Pianisten und Pädagogen Bronislaw von Pozniak. Früh erhielt er auch Kompositionsunterricht sowie eine allgemeine musikalische Ausbildung bei Ernst Kirsch, in dessen Folge sich zwei Jugendkompositionen erhalten haben, ein Adagio für Klavier und ein Lied. Nach dem Abitur studierte er zunächst an der Breslauer, dann ab 1928 an der Berliner Universität Musikwissenschaft. Er gab das Studium der Musikwissenschaft jedoch auf und studierte an der Berliner Musikhochschule in der Kapellmeisterklasse. Sein Lehrer war Julius Prüwer, der zwei Jahrzehnte als Kapellmeister in Breslau gewirkt hatte. Um 1930 erhielt Borck eine Anstellung als Kapellmeister an der Frankfurter Oper. Enge Freundschaft verband ihn mit dem Komponisten Werner Bass, der 1933 nach den USA emigrierte. Mit Bass zusammen schuf er die Oper „Kommissar Rondart“, die Konzert-Suite aus diesem Werk wurde 1931 von den Berliner Philharmonikern unter Borck uraufgeführt. Borck scheint auch als Dirigent gewisse Erfolge gehabt zu haben, wie renommierte Gastdirigate Anfang der 1930er Jahre u. a. bei den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam und dem Augusteum-Orchester Rom belegen.

1929 heiratete er Astrid von Löbbecke. „Nicht unvermögend trug sie das ihre zur Bestreitung des kleinen Haushalts bei. Darüber hinaus war sie so etwas wie seine Sekretärin.“ (H. Gresser). Über Kassel ging Borck 1931 nach Berlin zurück, wo er sich zunächst ganz seinem kompositorischen Schaffen widmete. 1932 erschienen seine ersten Werke im Druck, das „Konzert für Alt-Saxophon und Orchester op. 6 und die Violinsonate op. 7“, bei dem Pariser Verlag Balan. Besonders durch das Saxophonkonzert, das heute sein meistgespieltes Werk ist, wurde er einer weiteren Öffentlichkeit bekannt. Der entscheidende Durchbruch als Komponist gelang ihm 1933 mit der Uraufführung der „5 Orchesterstücke op. 5“ beim Festival der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik in Amsterdam. Er wurde als einer der hoffnungsvollsten Komponisten seiner Generation in Europa angesehen. Mitte der 1930er Jahre fand er in dem beziehungsreichen Verlag für zeitgenössische Musik, der Universal-Edition Wien, einen interessierten Förderer. Dort erschien seit 1936 sein kompositorisches Schaffen, vorwiegend Orchesterwerke. In diesen Jahren unterrichtete er am Kittelschen Konservatorium in Berlin Theorie und Komposition. Prominente Interpreten und Orchester führten seine Werke auf: „Thema, Variationen und Finale op. 16“ (P. van Kempen Dresdner Philharmoniker 1936), „Zwei Fantasiestücke“ (Hamburger Staatsoper 1940) und beim Zeitgenössischen Musikfest 1941 in Berlin das „Konzert für Klavier und Orchester op. 20“ mit Conrad Hansen als Solist. Sein wohl herausragendstes künstlerisches Ereignis war die Aufführung seiner Oper „Napoleon“ nach Grabbe in Gera 1942 zur „Jubiläumswoche des Reußschen Theaters“. Es wird von einer modernen Inszenierung berichtet, mit dem berühmten Sänger Jaro Prohaska in der Titelpartie unter Karl Fischer. Desweiteren kam die Oper in Remscheid 1943 heraus. Die für Wuppertal geplante Produktion, die bereits im Probenstadium war, konnte durch die Heimsuchung der Bombenangriffe nicht mehr durchgeführt werden. Das Vorspiel zu der Oper war bereits 1940 von Herbert von Karajan in Aachen uraufgeführt worden. 1942 komponierte er „Orphika op. 21, eine appolinische Transformation für Orchester nach Zeichnungen von Hans Wildermann“. Wildermann war seit 1926 Bühnenbildner am Breslauer Stadttheater und zeitweise Professor an der Kunstgewerbeschule in Breslau. Das Werk wurde posthum 1949 im Gewandhaus in Leipzig uraufgeführt und ging dann erfolgreich durch die Konzertsäle Nachkriegsdeutschlands.

1940 wurde Borck zum Heeresdienst einberufen. 1942 wurde seine Einheit nach Italien verlegt. Er fiel fünf Tage vor seinem 38. Geburtstag bei den Landungskämpfen in Nettuno nahe Rom. Die letzte Ruhestätte fand er auf einem Soldatenfriedhof bei Rom.

Edmund von Borck, der sich als Komponist zwischen Paul Hindemith und Alban Berg sah, hat ein schmales, jedoch gewichtiges Werk geschaffen, das leider nur teilweise eine Drucklegung erfuhr und so in seiner Gesamtheit die Zeitläufe nicht überdauert hat. Im Gegensatz zu der Meinung, daß das „Präludium für Violine allein op. 11/2“ verschollen sei (H. Gresser und U. Herrmann), kann erfreulicherweise gesagt werden, daß sich davon im Nachlaß eine Negativ-Kopie gefunden hat.

Stilistisch finden wir bei ihm eine polyphone Haltung, ebenso einen ausgeprägten rhythmischen Impetus, und Polytonalität ohne Dur-Moll-Bindungen. Ausdrucksmäßig hat er eine große Skala von starker Expressivität bis zur Fahlheit, Verwendung impressionistischer Mittel und Farbenreichtum sind auffallend. In seinen letzten Werken gelangte Borck zu einer wesentlichen Vertiefung und Vereinfachung, hervorgerufen durch das erschütternde Kriegserleben.

Eine nicht mehr schließbare kulturelle Lücke, auch für das Schaffen von Borck, hinterließ das in den 1990er Jahren aufgelöste Institut für Ostdeutsche Musik in Bergisch Gladbach mit seinen kurzlebigen Nachfolgeinstituten. Das Institut hatte sich mit mehreren gültigen Veröffentlichungen für das Schaffen von Edmund von Borck eingesetzt, so mit dem Buch von Hans Gresser „Edmund von Borck – Ein Fragment (Dülmen 1989), den Erinnerungen an Borck von Warner Brass in „Fünf schlesische Komponisten des 20. Jahrhunderts (Bonn 1994) und mit einer CD-Aufnahme des „Saxophon-Konzertes op. 6“. Leider liegen diese Initiativen, die damals gerade noch im Endbereich einer Zeitzeugenschaft lagen, bereits schon wieder einige Jahre zurück. Es ist zu hoffen, daß sich wenigstens immer wieder Aufführungsmöglichkeiten für dieses wertvolle kompositorische Werk der Moderne ergeben mögen, das in einer kurzen Schaffenszeit von eineinhalb Jahrzehnten bis zum frühen Tod des 1944 gefallenen Komponisten entstanden war.

Werke: Lieder, Kammermusik, Orchesterwerke, Opern.

Lit.: Div. Musiklexika. – Ursula Herrmann, Edmund von Borck, in: Lothar Hoffmann-Erbrecht (Hrsg.), Schlesisches Musiklexikon, Augsburg 2001, S. 56ff. – Hans Gresser, Edmund von Borck – Ein Fragment,hrsg. i. A. des Arbeitskreises f. Schlesische Musik im Institut f. Ostdeutsche Musik, Veröff. Nr. 14, Dülmen 1989. – Werner Bass, Erinnerungen an E. v. Borck. – H. Gresser: Vita et Opera E. v. Borcks,in: Fünf schlesische Komponisten des 20. Jahrhunderts, Bonn 1994.

Bild: Hans Gresser, Edmund von Borck – Ein Fragment, wie oben.

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_von_Borck

Helmut Scheunchen