Biographie

Chodowiecki, Daniel Nikolaus

Herkunft: Danzig
Beruf: Zeichner, Maler
* 16. Oktober 1726 in Danzig
† 7. Februar 1801 in Berlin

Daniel Nikolaus Chodowiecki wurde am 16.Oktober 1726 in Danzig in der Heiligengeistgasse als Sohn eines Kaufmanns geboren. Schon in seiner Jugend entstanden erste Zeichenstudien. Seit 1743 lebte er in Berlin, wo er gemeinsam mit seinem Bruder Gottfried eine Kaufmannslehre im „Quincaillerie-Geschäft“ seines Onkels Antoine Ayrer absolvierte. Daneben schufen beide eine Fülle von Miniaturbildnissen und Bildchen für Dosen. Ende der vierziger Jahre erlernte Daniel Chodowiecki von dem Augsburger Maler Johann Jakob Haid die Emaillemalerei. Schon 1754 machten sich die Chodowiecki-Brüder als Miniaturmaler selbständig und verkauften ihre Produkte sehr gewinnbringend auf eigene Rechnung. Nachdem Daniel sich wenig vielversprechend auch in der Ölmalerei versucht hatte, wandte er sich wohl Anfang der fünfziger Jahre der Radierung zu, die seinem Streben nach einer realistischen Darstellungsweise besser entsprach. Hiermit verbunden war wohl auch der Entschluß, den Handelsberuf aufzugeben. Trotzdem blieb die Miniaturmalerei wohl noch bis Mitte der siebziger Jahre seine Haupteinnahmequelle – Chodowieckis Kleinbildnisse und Emailarbeiten waren begehrt und wurden teuer bezahlt. 1755 heiratete er die aus einer Berliner Hugenottenfamilie stammende Jeanne Barez, was zu einer engen Bindung an die französische Kolonie führte. Eine seiner ersten Radierungen erschien 1756 und fand bereits die Aufmerksamkeit des Publikums. Zu seinen frühen Werken zählt unter anderem das großformatige Blatt „Friedrich der Große zu Pferde“ von 1758, eine Arbeit, die ihm zu diesem frühen Zeitpunkt noch viel Mühe bereitete, wie er später selbstkritisch einräumte. Die Möglichkeit, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu werden, bot sich ein Jahr später: das Kirchenkonsistorium der Berliner Hugenotten gab den Titelkupfer des neuen Psalmbuches in Auftrag, das in einer Auflage von 5000 Stück erschien. Eine von ihm 1763 auf das siegreiche Ende des Siebenjährigen Krieges geschaffene Allegorie mit einer Darstellung Friedrichs des Großen als antikem Feldherrn fand die äußerste Mißbilligung des Königs, der sogar die Vernichtung der Platten und der Abzüge befahl, wenngleich Chodowiecki persönlich einen sehr guten Eindruck beim König hinterließ. Hatten seine frühen Arbeiten vor allem im lokalen Bereich Beachtung gefunden, erwarb er mit dem Blatt „Der Abschied des Calas“ 1767 auch internationale Aufmerksamkeit, die ihm zahlreiche Folgeaufträge brachte. Der Prozeß gegen den zu Unrecht des Mordes angeklagten Toulouser Tuchhändler Jean Calas 1761 und dessen Hinrichtung 1762 hatten europaweit für großes Aufsehen gesorgt, und Bilder von aktuellen Ereignissen ließen sich damals gut verkaufen. Schon früh knüpfte Chodowiecki Kontakte zu Verlegern, von denen er fortan zahlreiche Aufträge für die Illustration von Almanachen, Dramen, wissenschaftlichen Abhandlungen und weiteren Werken erhielt. Seine Illustrationsfolgen zu Lessings „Minna von Barnhelm“ und zu Basedows pädagogischem Elementarwerk förderten seinen Ruf, einer der besten und vielseitigsten deutschen Illustratoren zu sein. Hatte die Miniaturmalerei noch über Jahre die materielle Grundlage gebildet, so legte er nunmehr seinen Tätigkeitsschwerpunkt auf die Radierung. Mehr und mehr wurde der Künstler zum Meister des kleinen Formats; für die größeren Formate reichte sein Zeichenvermögen nicht aus.

Seine Geburtsstadt besuchte er nach seiner Übersiedlung nach Berlin noch zweimal. Am 1. Juni 1773 begann seine „Reise von Berlin nach Danzig“. Der achtwöchige Aufenthalt in der alten Hansestadt diente der Klärung familiärer Verhältnisse, wurde von Chodowiecki aber auch zu ausgiebiger künstlerischer Arbeit genutzt. Danziger Honoratioren, wohlhabende Kaufleute, Repräsentanten Polens und hohe Geistliche gaben Miniaturbildnisse und Porträts in Auftrag. Daneben entstanden zahlreiche, teils auf flüchtigen Begegnungen beruhende Studien von Kirchenbesuchern, Knechten, Mägden, Geistlichen und zufälligen Reisebekanntschaften, die er später zu einer Mappe von 108 Zeichnungen zusammenstellte, welche erstmals 1895 in einer Faksimileausgabe veröffentlicht wurden. Sein zweiter Besuch Danzigs 1780 war durch den Tod der Mutter veranlaßt. Auch während dieses erneut zweimonatigen Aufenthalts arbeitete er viel und erhielt zahlreiche Aufträge.

Seit dem 25. November 1764 war Chodowiecki Mitglied der „Königlich Preussischen Academie der Künste und Mechanischen Wissenschaften“ – in den Mitgliederlisten wurde er übrigens nicht als Kupferstecher, sondern als Miniaturmaler geführt. Die 1699 vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. – dem späteren König Friedrich I. – gegründete Akademie führte zu dieser Zeit ein recht kümmerliches Schattendasein. Durch die Sparpolitik Friedrich Wilhelms I. war das Institut nach 1713 zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. An dieser Situation änderte sich auch unter Friedrich II. – genannt der Große – wenig, der mehr die französischen Künstler bevorzugte. Ein Indiz für den Zustand der Akademie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mag auch die Tatsache sein, daß Chodowiecki seine eigene Ernennungsurkunde erst 1783, fast zwanzig Jahre nach seiner Aufnahme, erhielt. In den achtziger Jahren faßte Chodowiecki auch den Entschluß, sich verstärkt dem Wiederaufbau der Akademie zu widmen. So betrieb er 1783 energisch die Nachfolge des verstorbenen Direktors Blaise Nicolas Le Sueur, eines Mannes, „der viel konnte, aber wenig machte“, so Chodowiecki rückblickend. Er sprach sich für seinen langjährigen Freund und Kollegen Christian Bernhard Rode aus. Die in Rode gesetzten Erwartungen schienen sich allerdings für Chodowiecki nicht zu erfüllen, da er sich später enttäuscht über den mangelnden Elan des Direktors äußerte. Einen schweren persönlichen Schicksalsschlag brachte das Jahr 1785, in dem seine Frau verstarb, mit der er gemeinsam fünf Kinder hatte.

Der durch die langjährige Vernachlässigung zu einer reinen Zeichenschule verkommenen Akademie wollte Chodowiecki wieder zu ihrem alten Ruf verhelfen. Zahlreiche Entwürfe, Beratungsvorlagen, Stellungnahmen und Proteste belegen dies. Viele Reformvorschläge gehen auf ihn zurück, so etwa der, eine „classe d’expression“ einzurichten, in der man sich mit dem Ausdruck der Gemütsbewegungen befassen sollte. Chodowiecki wirkte tatkräftig an der Akademiereform von 1790 mit, in deren Vorfeld er schon 1786 zum Sekretär und 1788 zum – ehrenamtlich tätigen – Vize-Direktor der Akademie ernannt worden war. Sein zeitintensives Engagement für die Akademie führte auch dazu, daß Chodowiecki sich Anfang der achtziger Jahre von seinen Ämtern innerhalb der hugenottischen Gemeinde zurückzog. Vier Jahre vor seinem Tod erfolgte 1797 die Ernennung zum Akademiedirektor.

Sowohl die Arbeit für die Akademie als auch der sich verschlechternde Gesundheitszustand wirkten sich deutlich auf sein Schaffen aus. Die künstlerische Herausforderung trat hinter routiniert gestalteten Serien von Roman- und Schauspielillustrationen zurück. Der Beliebtheit seiner Grafiken tat dies allerdings keinen Abbruch. Zahlreiche Sammler erwarben vollständige Sammlungen und die Aufträge an ihn gingen kaum zurück. Chodowiecki war zeitlebens ein „freier Künstler“ ohne feste Bindung an das preußische Königshaus oder einen anderen zahlungskräftigen Geldgeber. Hier zahlte sich seine kaufmännische Ausbildung aus, kalkulierte er doch seine Kosten und seinen Aufwand immer sehr genau – ein „preiswerter“ Künstler war Chodowiecki daher für seine Kunden nicht. Dabei kam ihm zu Gute, daß er seine Arbeiten stark am jeweiligen Zeitgeist ausrichtete, was ihm zeitlebens eine gleichmäßige Nachfrage sicherte. Neben der stets hohen technischen Sorgfalt und einer ausgeprägten Sachlichkeit sprach sein exakter Blick für Handlungsdetails für ihn – besonders die nach dem Studium seiner Umgebung gefertigten Darstellungen fanden großen Zuspruch. Dazu kamen die immer wieder in seinen Arbeiten auftauchenden pädagogisch-moralischen Absichten, die bei einem von der Aufklärung beeinflußten Publikum auf großes Wohlwollen stießen. Der Physiker und Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg bezeichnete ihn deshalb einmal als den „Seelenmaler“. Chodowieckis gesamtes grafisches Werk umfaßt über 2000 Arbeiten, die unter anderem in mehr als 300 Publikationen erschienen. Dazu kommen noch zahllose Entwürfe, die er zwar zeichnete, die aber von anderen Stechern radiert wurden. Aufgrund seiner exakten Beobachtungsgabe gelten seine Grafiken bis heute als kulturgeschichtlich wertvolle Dokumente des Zeitgeschmacks.

Lit.: Willi Geismeier: Daniel Chodowiecki, Leipzig 1993. – Museum Ostdeutsche Galerie (Hg.): Von Chodowiecki bis zur Gegenwart. Eine Auswahl aus der Graphiksammlung. Bearbeitet von Ingrid Stilijanov-Nedo, Regensburg 1993. – Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Bearbeitet von Ulrich Thieme und Felix Becker, Bd. 5, München 1992 (Nachdruck der Ausgaben Leipzig 1911 und 1912). – Daniel Chodowieckis Künstlerfahrt nach Danzig im Jahre 1773. Hg. von Willibald Franke, Berlin o. J.

Werke: Daniel Chodowiecki. Die Reise von Berlin nach Danzig. Bd. 1: Die Bilder, Bd. 2: Das Tagebuch. Hg. von Willi Geismeier, Berlin 1994.

Bild: Daniel Nikolaus Chodowiecki, Radierung von Heinrich Sachs nach Adolf Menzel (Westpreußisches Landesmuseum).

Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Chodowiecki

Martin Steinkühler