Biographie

Gerlach-Damaschke, Renate

Herkunft: Posener Land
Beruf: Literaturwissenschaftlerin
* 29. Juni 1921 in Bromberg/ Posen
† 17. November 2003 in Marburg a.d. Lahn

Keine anderthalb Jahre vor der Geburt von Renate Damaschke wurde ihre Heimatstadt Bromberg (Bydgoszcz) polnisch. Der am 27.12.1918 in Posen ausgebrochene Großpolnische Auf­stand, mit dem man Fakten für die bevorstehenden Friedensver­handlungen in Paris schaffen wollte, hatte bald auch den Posener Regierungsbezirk Bromberg erreicht. Die Regierung in Berlin als auch in Posen war paraylsiert, aber die Reste der Posener Provinzverwaltung waren nach Bromberg geflohen und konnten sich hier erfolgreich gegen die schon in den Bromberger Land­kreis aktiven Aufständischen behaupten, auch wenn weite Teile der dörflichen Regionen von polnischen Insurgenten besetzt wurden.

Der Versailler Vertrag machte diese Erfolge deutscherseits zunichte, denn es war beschlossene Sache, dass das neu entste­hende Polen einen Zugang zum Meer haben sollte. Hierzu wurde aus großen Teilen der preußischen Provinz Westpreußen der sogenannte Polnische Korridor geschaffen, und auch der nörd­liche Teil der Provinz Posen mit dem Regierungssitz Bromberg musste mit Inkrafttreten des Vertrags am 20.1.1920 am Polen übergeben werden.

In dieser Umbruchphase wurde Renate geboren. Die über­wiegend deutsche Stadt wurde in den folgenden Jahren mehr und mehr polnisch durch die Ansiedlung neuer Bewohner, den Abzug, die Verdrängung der ehemaligen deutschen Bevölke­rung.

Renate war die Tochter des geschätzten Bromberger Vortragskünstlers, Schauspielers, Regisseurs und Autor zahlreicher pädagogischer Aufsätze, Willi Damaschke (1892-1957) und der Schauspielerin Charlotte Röhr (1893-1967). Ihr Vater hatte es seit 1920 schwer, da das Schulwesen nun der polnischen Verwaltung unterstand, die keine deutschen Lehrer mehr beschäftigen wollte. Er wurde Mitarbeiter des Deutschen Schulvereins Bromberg, zuletzt dessen Rektor und Schriftleiter der „Deutschen Schulzeitung in Polen“. Das Leben und Aufwachsen in einer Region, in der ein permanenter Nationalitätenkampf herrschte, in der die polnischen Staatsbürger deutscher Nationalität ungeliebt waren, prägte die Familie Damaschke.

Renate besuchte in Bromberg die Schule und legte hier das Abitur ab. Sie trat danach in die Fußstapfen ihres Vaters und begab sich nach Elbing (Ebląg) im ehemaligen Westpreußen und studierte bis 1942 an der Hochschule für Lehrerbildung.

Nach der polnischen Lehrerprüfung arbeitete sie in ihrem Beruf als Lehrerin. Inzwischen war ihre Heimat wieder unter deutscher Herrschaft, aber diese war in keiner Weise mit der vor 1920 vergleichbar. Die nationalsozialistische Besatzungspolitik hatte die Ausrottung jeglicher polnischer Wurzeln mit brutalsten Mitteln zum Zweck. Auch die sogenannte „Volksdeutschen“ sollten im Sinne der Partei ideologisch umerzogen werden.

Das Ende war absehbar, als sich der Krieg seinem Ursprungsort näherte. Im Jahr 1945 musste auch Renate Damaschke vor der Roten Armee in den Westen fliehen. Sie fand nach dem Krieg Anstellungen als Lektorin für verschiedene Verlage. Ihre Geschichte und die ihrer Landsleute ließ sie nicht los und sie wurde zur Sammlerin und Interpretin der Literatur der Deutschen aus Polen. Sie arbeitete als Gutachterin und fungierte als Vorsitzende in einem Jugendbuchausschuss.

Freiberuflich engagierte sie sich für das Theaterspiel. Bekannt wurde sie vor allem als Autorin, so verfasste sie im landsmann­schaftlichen Bereich mehrere Beiträge im Jahrbuch Weichsel-Warthe und war Mitarbeiterin der kirchlichen Heimatzeitung „Posener Stimmen“.

Auch in der Historischen Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen war sie aktives Mitglied.

Die Landsmannschaft Weichsel-Warthe zeichnete sie im Jahr 1989 mit dem Dr. Kurt-Lück-Preis aus.

Seit ihrer Heirat war Renate Gerlach-Damaschke als Pfarrers­frau in der Rhön tätig. Sie starb im Alter von 82 Jahren.

Lit.: Karl Bauer, Nachruf auf Renate Gerlach-Damaschke, in: Jahrbuch Weichsel-Warthe 2005, Wiesbaden 2004, S. 8-9. – Martin Sprungala, Biographisches Lexikon zur Geschichte der Landsmannschaft Weichsel-Warthe (LWW) und ihrer Gliederungen. Wer ist und war wer in der LWW, Wiesbaden 2020, 288 S., ISBN 978-3-9822782-0-9.

Bild: Landmannschaft Weichsel-Warthe.

Martin Sprungala