Biographie

Gottschalk, Hanns

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Schriftsteller
* 21. Juli 1909 in Lenschütz bei Cosel/Oberschlesien
† 28. Dezember 2001 in Linz/Donau

Der erste Roman von Hanns Gottschalk, Der Fremde im Dorf, im Jahre 1940 erschienen, konnte gewiß keine bessere Einschätzung erfahren als die, welche aus einer Äußerung Gerhart Hauptmanns gegenüber dem Schauspieler Friedrich Kayßler hervorgeht: “Wenn man doch diesen ‘Fremden’ des jungen Gottschalks dramatisieren könnte!” Über diesen Roman äußert sich Wolfgang Schwarz in einer Laudatio, die er anläßlich der Verleihung des “Andreas-Gryphius-Preis” an den Dichter hielt, so: “…Es geht in diesem Roman wie in einer Ballade und Parabel zugleich zu. Vision von einer Zukunft, in welcher eine technologisierte Menschheit, wahnsinnig vor Leere, den Stein des Weisen findet und ihm dem Künstler bringt, daß er das alte Menschenbild aus ihm heraushau’.”

Hanns Gottschalk nahm nach seiner Schulzeit in Wien und Breslau ein Studium der Germanistik und der Geschichte auf, wurde zum Doktor der Philosophie promoviert und nach seiner Habilitation zum Professor ernannt. Schon bald hatte er sich entschlossen, das Leben eines freien Schriftstellers zu führen. Nach der Vertreibung aus der Heimat siedelte er sich in Linz an der Donau an. 1946 erschien sein Meister Dominus, Roman eines Bildschnitzers, 1947 Band II unter dem Titel Fährmann Gottes. Mit der Novelle Die Reifeprüfung kam Gottschalk 1949 heraus.

Über sein “Schreiben” hinaus widmete er sich Gemeinschaftsaufgaben, gab für die “vergessenen Schriftsteller” eine Schriftenreihe heraus und Anthologien wie Erbe und Auftrag und Ziel und Bleibe. Der “Andreas-Gryphius-Preis” wurde von ihm begründet. Er war Initiator von Veranstaltungen der “Künstlergilde”, so auch der “Pontischen Seminare”.

Gottschalks Roman Es rauscht ein Strom kam 1952 heraus und erreichte inzwischen vier Auflagen. Es folgten 1953 mit den Bad Haller ImpressionenDichtungen in Prosa und im selben Jahre Gedichte unter dem Titel Am Herzen der Schöpfung, welche 1964 eine Neuauflage erfuhren. In dichter Folge erschienen Novellen wie Der Sohn 1954, Die Weiche 1956,Der Weg nach Petropowka 1959 undUrlaub in die Ewigkeit 1961. Immer wieder trat Hanns Gottschalk mit Gedichtbänden hervor wie 1960 mit Horizonte, Dein der Zauber und Glanz dieser Welt 1965, Zeit für einen Vers 1972, Bildwechsel 1978, Kontrapunkte 1980, Unser das Wort 1984, Guten Morgen – Abendland 1989 und Die Jahrhundertfeder 1993. Mit dem Schauspiel Einer muß bleiben stellte sich der Dichter 1964 vor sowie mit Zeit ohne Zifferblatt und mit dem Hörspiel Holüber 1969. Gesammelte Novellen erschienen 1970 unter dem Titel Welt in der Windlaterne, und unter dem Titel Eulen vor dem Spiegel kam 1973 eine Reihe heiterer Erzählungen heraus.

Über den Lyriker Hanns Gottschalk äußerte sich Adalbert Schmidt einmal so: “Gottschalks Gedichtbände zeigen einen Dichter, der zwischen Tradition und Neuerung Maß und Mitte zu halten weiß… Landschaften der Natur und der Seele offenbaren das östliche Schicksalserbe mit den Furchen der Felder und den Stimmen des Stroms, mit der Mentalität jener Menschen, die, wie es Hermann Stehr einmal ausgedrückt hat, an den Grundwassern des Lebens wohnen. Da spürt man die Sehnsucht nach einer Heimstatt jenseits des Hier und Heute, nach einer Einkehr bei Menschen und Menschlichkeit… Dort und weit darüber hinaus versteht man seine Stimme und läßt sie dankbar in sich nachklingen: ‘Was aber bleibt,/ ist das runde,/ lebendige Wort/ und nicht/ das an die Tafeln/ des Tages/ Geschriebene.”

Die mitunter aphoristisch verknappten Texte machen dem Leser bewußt, daß Gottschalk darauf bedacht ist, mehr anzusprechen als auszusprechen, um ihn mit dem Unausgesprochenen “zwischen den Zeilen” nachdenklich zu machen. Das verdeutlichen etwa Zeilen des Gedichtes “Worte” in dem Gedichtband Guten Morgen, Abendland: “Aber der Stummheit/ entrissen und langsam/ gewachsen ins Sagen,/ lehren am Ende sie dich/ die Weisheit des Schweigens.” Unter den aphoristischen Texten kann man folgende nachlesen: “Nicht einmal Leute, die im Bilde sind, können ruhig aus dem Rahmen fallen.” – “Vorstellbar ist alles, unvorstellbar nichts.” – “Publizistische Macht oder permanente Irreführung.” – “Die Zeit der Götter ist um, die der Abgötter geht um.” – “Die einen beten um Frieden, die anderen marschieren in die Schlagzeilen.” – “Wäre die Wurzel nicht, es wüßte der Wipfel nicht von sich zu träumen.”

Nicht unerwähnt sollten Gottschalks Anthologien bleiben: Und die Welt hebt an zu singen, eine Sammlung schlesischer Lyrik, und Das schlesische Balladenbuch, von Strachwitz bis zur Gegenwart. Außerdem hat Hanns Gottschalk 25 Jahre als Herausgeber des Volkskalenders für Schlesier gewirkt.

Gottschalks unermüdliches und erfolgreiches literarisches Schaffen wurde außer mit dem bereits erwähnten “Andreas-Gryphius-Preis” schon vordem mit dem “Ostdeutschen Erzählerpreis”, dem “Dramatikerpreis” 1965, dem “Funkerzählerpreis” 1973, dem “Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst” 1976, der “Pro-Arte-Medaille” der Künstlergilde und anderen Auszeichnungen gewürdigt.

Lit.: K. Vancsa: Hanns Gottschalk (Monatshefte f. Weltliteratur). – Gilbert Socard; Hanns Gottschalk (Dokuments 4, 1956). – A. Fischer-Colbrie: Hanns Gottschalk (Zeitgenöss. Schrift.). – Arno Lubos: Linien und Deutungen, München 1963. – Hanns Gottschalk, in: Persönlichkeiten Europas, Luzern 1975.

 

    Konrad Werner