Biographie

Grützner, Eduard von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler, Zeichner
* 26. Mai 1846 in Groß Karlowitz, Kr. Neisse
† 2. April 1925 in München

"Daß ich immer und immer wieder Pfaffen male, daran trage ich die Schuld nur zum kleineren Theile. Bei jeder Ausstellung fast heißt es: ‚Aber Pfaffen müssen’s sein oder wenigstens einige davon darunter sein!‘ Male ich etwas anderes, sagen die Leute: ‚es ist kein echter Grützner.‘ Was ist da zu thun?!" So schrieb Grützner in einem Brief im Jahre 1894. Sein erstes humoristisches Bild mit Klerikern malte er 1868. Obwohl sein Werkverzeichnis veranschaulicht, daß der Künstler auch andere Motive dargestellt hat, kommen in mehr als Dreiviertel seiner Werke Mönche vor. Die Idee dazu mag wohl in Grützners Jugend wurzeln. Als Meßdiener und Chorsänger wirkte er beim Gottesdienst in der Dorfkirche seines Heimatortes mit und hielt sich oft im dortigen Pfarrhaus auf. An den Ortsgeistlichen Pfarrer Fischer erinnerte er sich dankbar bis zum Lebensende. Auch rissen seine Verbindungen zu Klerikern nie ab. Ihnen verdankte er vielfältige Anregungen für seine Bildkompositionen.

Eduard Theodor Grützner wurde als siebtes und letztes Kind einer nicht gerade begüterten Bauernfamilie in Groß Karlowitz bei Neisse geboren. In der Autobiographie, die bis zum Jahre 1884 reicht, berichtet er von seiner entbehrungsreichen Jugend. Früh erkannte Pfarrer Fischer das zeichnerische Talent des Knaben und förderte es, indem er sich für Grützners Besuch des Gymnasiums in Neisse einsetzte. Die zunehmende Freude am Zeichnen führte dazu, daß Grützner die übrigen Schulpflichten vernachlässigte. Verwandtschaftliche Beziehungen zu Baumeister Hirschberg in München nutzend, ließ Pfarrer Fischer eine Talentprobe Grützners Carl Theodor von Piloty zukommen. Dieser –  seit 1856 Professor an der Münchner Kunstakademie – beurteilte Grützners Zeichnungen positiv, und so begann Grützner 1863 ohne Abitur mit der Ausbildung in München.

An der dortigen Kunstakademie absolvierte er die damals üblichen Ausbildungsstationen bei den Professoren Hermann Dyck, Georg Hiltensperger, Alexander Strähuber und Hermann Anschütz, bis er 1867 Aufnahme in die Meisterklasse des Historienmalers Piloty fand. Grützners erstes selbständig entworfenes Gemälde Im Klosterkeller (1868) sollte typisch für sein späteres malerisches Werk sein. Das humorvoll aufgefaßte klösterliche Leben wurde zum zentralen Gegenstand seiner Malerei. Für diese Art von Genrebildern bezeichnete Fritz von Ostini den "schaffenden Humor" des Künstlers als die treibende Kraft.

Noch keine zweiundzwanzig Jahre alt, genoß Grützner mit seiner Malerei nicht nur Popularität; er hatte auch finanziellen Erfolg. Der anhaltende Geldsegen ermöglichte es ihm, seiner Sammlerleidenschaft nachzugehen und das von Baumeister Leonhard Romeis für ihn errichtete Stadthaus in der Nähe des Maximilianeums in München weitgehend im gotischen Stile einzurichten. Die kostbaren Antiquitäten wurden nicht museal in den Räumen plaziert, sondern waren auch zum täglichen Gebrauch bestimmt. Der wirtschaftliche Erfolg mag erklären, warum sich Grützner neben dem Themenkreis "Klosterleben" auch den Themenkreisen "Theatergarderobe" und "Wirtshausszene" zugewandt und sie wiederholt variiert hat. Es wäre aber unredlich, wollte man Grützners delikat gemalte Blumenbilder und die meisterlichen Kreidezeichnungen, karikierende Porträts von Persönlichkeiten des Münchner Kunst- und Geisteslebens, nicht erwähnen.

Dem gebürtigen Oberschlesier blieb die verdiente Anerkennung nicht versagt. 1885 wurde er Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste, 1886 wurde ihm der Professorentitel verliehen, und anläßlich seines 70. Geburtstages erhielt er 1916 von König Ludwig III. von Bayern den persönlichen Adelstitel und wurde Ritter des königlichen Verdienstordens der Bayerischen Krone.

Obwohl Grützner eine gediegene Ausbildung erfahren hatte und ein technisch ungewöhnlich begabter Künstler war, heißt es im Cicerone geringschätzig in einem Nachruf auf ihn: "…der gebürtige Schlesier hat in München seine zweite Heimat gefunden, die ihm jenen Ruf von Popularität eintrug, der immer das Gegenteil von künstlerischer Qualität ist. Ein Maler, der zeitlebens nur den Bruder Kellermeister, zechende Mönche gemalt hat…" Dagegen begründete Grützner selbst in seiner Autobiographie die Themenwahl folgendermaßen: "Die Klöster bewahren uns in erster Linie die Klassiker vor dem Untergange, waren in Zeiten der ärgsten Verrohung die Zufluchtsstätten der Künste und Wissenschaften und haben uns auch die Weinkultur überliefert. Zu dem allen kommt die malerische Gewandung und interessante Interieurs."

Lit.: Eduard von Grützner. Eine Selbstbiographie. Hrsg. v. Hugo Schmidt, München 1922. –  Fritz von Ostini: Grützner. Bielefeld-Leipzig 1902 (Knackfuß-Künstlermonographien 58). – Jugend. Münchner Illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben., Jg. 1903.  –  A. Freund: Eduard Grützners Kindheit und Heimatdorf. In: Der Oberschlesier 7 (1925). S. 68-71. –  Sammlung Eduard von Grützner. Hrsg. v. A. Feulner, München 1930.

 

Waldemar Zylla