Biographie

Handke (auch Hancke, Handtke, Hanke, Hantke), Johann Christoph

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Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Maler
* 18. Februar 1694 in Johnsdorf bei Römerstadt/Mähren
† 1. Januar 1774 in Olmütz/Böhmen

Johann Christoph Handke (auch Hancke, Handtke, Hanke, Hantke) war zu seinen Lebzeiten der berühmteste und meistbeschäftigste Maler im mährischen Raum. Ein Großteil seiner Werke entstand in Olmütz, seine bekannteste Arbeit ist jedoch die Ausmalung der Aula Leopoldina in der Breslauer Universität. Weitere Aufträge erfüllte Handke in Troppau, Sternberg, Hradisch, Römerstadt und Königgrätz. Handke war fast ausschließlich für kirchliche Auftraggeber tätig, dementsprechend haben seine Fresken und Ölgemälde vorwiegend religiöse Inhalte. Sein Werk ist dem späten Barock zuzurechnen.

Durch die Selbstbiographie aus dem Jahre 1766, die 1911 von Richard Foerster herausgegeben und kommentiert wurde, sind wir gut über Handkes umfangreiches Schaffen informiert. Viele seiner Arbeiten wurden allerdings, wie die letzte große Bestandsaufnahme seines Werks in Thieme-Beckers Künstlerlexikon, 1922/23, vermerkt, bereits im 18. oder im 19. Jahrhundert zerstört. Handkes Autobiographie dient zudem als interessante kunsthistorische Quelle, da sie Einblick in die Praxis einer barocken Malerwerkstatt gewährt und beispielsweise über die Beziehungen zum Auftraggeber, über Malereiinhalte, technische Probleme oder Honorare Auskunft gibt.

Handke ging bei drei Malern von lokaler Bedeutung in die Lehre. Vier Jahre war er Gehilfe bei Johann David Langer in Freudenthal, darauf bei Christian David, einem Franzosen, der sich in Mährisch Trübau niedergelassen hatte. Nach dem Tod seines letzten Lehrers Ferdinand Naboth aus Olmütz im Jahre 1715 übernahm Handke en Werkstatt und heiratete schließlich 1724 Naboths Witwe, Handandke wurde in die Olmützer Malerzunft aufgenommen und blieb bis zu seinem Tod in der Stadt ansässig.

Das älteste signierte Werk Handkes aus dem Jahre 1715 im Lindenkirchl in Römerstadt ist noch von Naboth begonnen worden. Die Fresken zeigen Szenen aus dem Marienleben. Vermutlich ist eine der dargestellten männlichen Figuren als Selbstporträt Handkes zu werten. Auf einem Zettel, der aus dem Buch dieses Mannes herausragt, hat der Maler seine Signatur angebracht („Johann Christoph Hantke fecit").

Die meisten frühen Werke Handkes entstanden in Olmütz. Viele davon gingen verloren, beispielsweise die Fresken der Burgkapelle (1722), die Ausmalung des Olmützer Rathaussaales und die Fresken in der Jesuitenuniversität. Auch Handkes umfangreichstes Werk, die Ausmalung der Liebfrauenkirche (1742), mußte 1839 einerUmgestaltung weichen. Erhalten geblieben sind Handkes Fresken in der Paulinerkapelle der Olmützer Jesuitenkirche Maria Schnee aus dem Jahre 1727. Das Deckenbild der Kapelle illustriert in einer dichten, monumental gedachten Komposition die Aufnahme der Heiligen in die himmlischen Sphären.

Am besten kann man Handkes Kunst in Olmütz in der Fronleichnamskapelle des ehemaligen Kaiserlich Ferdinandischen Konvikts aus dem Jahr 1728 bewundern, deren Ausmalung sehr gut erhalten ist. Die Verehrung der Hostie als Leib Christi wird in den Fresken in Bezug zur Lokalhistorie gesetzt: Jaroslav von Sternberg schlug am 24. Juni 1241 die Tataren bei Olmütz, kurz nachdem er die Hl. Kommunion empfangen hatte. Dieses Hostienwunder verhalf der Legende nach dem christlichen Heer zum Sieg gegen die heidnische Bedrohung. Handke illustrierte die Schlacht in erzählerischer Vielfalt. Da man in den unlängst siegreich beendeten Türkenkriegen eine zeitgenössische Parallele zu dieser Episode sah, schilderte der Maler in einem weiteren Bild die Belagerung Wiens durch die Türken im Jahre 1683. Diese Szenen bilden innerhalb der Ausmalung der Kapelle einen Zyklus aus sechs Grisaillemedaillons. In den 20er und 30er Jahren war Handke häufig außerhalb seiner Heimatstadt in Mähren, Böhmen und Schlesien beschäftigt. Da er seine Aufträge fast ausschließlich von Klöstern erhielt, ist anzunehmen, daß die Olmützer Patres den Maler an ihre Ordensbrüder weiterempfohlen hatten. Handkes Hauptwerk in Troppau, die Ausmalung der Minoritenkirche, die er 1724 begann, ist nicht erhalten, ebensowenig das Fresko der Hochzeit zu Kanaa aus dem Refektorium der Jesuiten (1728). Die Ausmalung der Jesuitenkirche in Königgrätz im Jahre 1730 war eines der umfangreichsten Projekte innerhalb Handkes Laufbahn.

1732 schuf Handke das Werk, das bis heute seinen größten Ruhm ausmacht und daher im folgenden ausführlicher beschrieben wird: die Fresken der Aula Leopoldina in der Breslauer Jesuitenuniversität. Handke schreibt in seiner Selbstbiographie: „Anno 1732 bin ich auff Breslau mit zwei Scholaren gereißet, bey den P. P. Jesuiten in dem neuen Gebaw daß Auditorium in Fresco gemahlet." Die Aula liegt im ersten Stock des Westflügels der Universität. Der rechteckige, längsgerichtete Saal ist nur eingeschossig und damit relativ niedrig. Handkes Malerei verwandelt die flache Decke des Spiegelgewölbes in barocker Manier in einen weiten, illusionistischen Himmelsraum. Der Ausmalung liegt ein beziehungsreiches theologisches und politisches Programm zugrunde, das sicherlich nicht vom Maler selbst, sondern von einem jesuitischen Gelehrten entwickelt wurde. Dem Künstler oblag es, die abstrakten Inhalte mit Phantasie und Ausdruckskraft in Bilder umzusetzten. Im ikonographischen Programm der Aula Leopoldina sind vier Themenbereiche miteinander verbunden: der Triumph der göttlichen Weisheit über alles irdische Wissen, der Ruhm der Wissenschaften und Künste, die Segnungen der Wissenschaft für Breslau und Schlesien sowie die Verherrlichung des habsburgischen Kaiserhauses zu Ehren des Stifters der Universität, Kaiser Leopold I. Die Aula gliedert sich in Podium, Auditorium und Empore, Handkes Deckenfresken folgen dieser Aufteilung. Das große zentrale Fresko über dem Auditorium illustriert die Apotheose der göttlichen Weisheit, die durch eine lichtüberströmte Frauengestalt personifiziert ist. Als Zeichen des Göttlichen schwebt über ihr die Taube des Heiligen Geistes. Ihre Eingebungen strahlen auf den Kreis der Evangelisten, Kirchenväter und Heiligen unter ihr aus, die hier als Vertreter von Theologie und Philosophie eingesetzt sind und damit die Lehrinhalte der Jesuitenuniversität beschreiben. Diese himmlische Sphäre geht über in die Scheinarchitektur einer Balustrade. Hier finden die Wissenschaften und Künste ihren Platz. Dem theologischen Verständnis entsprechend sind sie der göttlichen Weisheit untergeordnet und von himmlischer Eingebung abhängig, doch wird die Spannbreite des menschlichen Wissens und Könnens selbstbewußt präsentiert. Den weiblichen Sitzfiguren sind zur Charakterisierung Attribute zugeordnet, beispielsweise der Geometrie ein Globus, der Malerei ein Landschaftsbild, der Grammatik eine Tafel und die Eule, das Symbol der Weisheit. Inden Fensterlaibungen der Längswände setzt sich das Programm fort: in Grisaillemalerei ausgeführte Porträts zeigen illustre Gelehrte sowie Literaten des Christentums und der Antike. Sie sind in den Bildunterschriften namentlich kenntlich gemacht, unter anderen werden Bonaventura und Albertus Magnus, Platon, Euklid und Ovid dargestellt.

Das Fresko über der Sängerempore im Osten rühmt die segensreichen Auswirkungen der Wissenschaft auf das Land, in dem sie zu Hause ist. Athene, die antike Göttin der Weisheit, schwebt über den Gestalten der Silesia, der Personifikation Schlesiens, der Wratislavia, d. h. der Stadt Breslau sowie des Viadrus, der Oder. Im Gemälde über dem Podium schließlich wird die neugegründete Universität durch den Heiligen Leopold, ihren Schutzpatron, der zugleich Ahne und Namenspatron des Universitätsgründers ist, dem Schutz und der Fürsprache Marias anempfohlen. Daneben trägt eine Gruppe von Engeln das Wappen mit dem kaiserlichen Doppeladler. Der theologische Gehalt des Bildes wird an dieser Stelle um eine politische Aussage erweitert. Das Deckenfresko setzt das Programm der plastischen Gestaltung des Podiums fort, das ganz im Zeichen der Huldigung an das Haus Habsburg steht. In der Mitte der Stirnwand thront hier Kaiser Leopold I. erhaben unter einem von mächtigen Säulen getragenen Baldachin, gleichsam der Beherrscher des gesamten Raumes. Die überlebensgroße Stuckfigur wird von den weiblichen Allegorien des Fleißes und des Ratschlags flankiert. Neben Kaiser Leopold L, der den Bau der Universität nicht mehr erlebt hatte (+ 1705), werden seine beiden Söhne und Nachfolger, die Kaiser Joseph I. (+ 1711) und Karl VI. als Förderer des Unternehmens geehrt. Ihre Statuen schmücken die Seitenwände des Podiums.

Die figürliche Plastik der Aula fertigte der mährische Bildhauer Franz Joseph Mangold. Von Handke stammen neben den Fresken auch vier der Ölgemälde, die in reich geschnitzten ovalen Rahmen an den Pfeilern zwischen den Fenstern angebracht sind und Gönner der Breslauer Universität zeigen.

Architektur, Malerei und Plastik verbinden sich in der Aula Leopoldina auf das glücklichste zu einem barocken Gesamtkunstwerk. Handkes Schaffen steht ganz in der Tradition der römischen Freskomalerei des 17. Jahrhunderts, die durch Künstler wie Andrea Pozzo nach Süddeutschland und in die Habsburgischen Lande übermittelt wurde (Handke selbst war nie in Italien). Typisch fürdiesen Malstil ist der Kontrast zwischen schwerer Farbigkeit und dramatischen Lichteffekten, die die Entrückung der himmlischen Sphären augenscheinlich machen sollen. Handke kleidet seine sehr körperhaften Figuren gern in bauschige, wallende Gewänder. Neben seiner Vorliebe für dichte Massenkompositionen fällt andererseits die Freude an erzählerischen Details auf, beispielsweise bei der Wiedergabe eines Hündchens oder der Schilderung musizierender Engel. Handkes Stil wandelte sich über die Jahre kaum. Die zartere, verspieltere Malerei des Rokoko mit ihrer lichteren Farbgebung, die sich spätestens in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts durchsetzte, beeinflußte ihn nicht.

In den beiden folgenden Jahrzehnten war Handke mit der Ausmalung zahlreicher Kirchen und Kapellen im Raum Olmütz beschäftigt. Seine letzten Fresken entstanden 1755 in der Dreifaltigkeitskirche in Sternberg. Bis dahin hatte er 22 Freskenzyklen geschaffen, ein großes Arbeitspensum, das allerdings für einen Barockmaler nicht außergewöhnlich war. Aus Altersgründen nahm Handke danach keine Aufträge für die körperlich sehr anstrengende Freskomalerei mehr an, arbeitete aber weiterhin (bis 1768) an Ölgemälden. In seiner Selbstbiographie verzeichnet Handke über 200 Ölbilder, die er für Kirchen und Klöster im mährischen und schlesi-schen Raum malte. Der überwiegende Teil davon waren Altarbilder.

Handke arbeitete in der Regel nicht allein an den großen Aufträgen, was beispielsweise sein Eintrag in der Selbstbiographie bezüglich der Aula Leopoldina beweist. Die Namen der Lehrlinge und Gesellen, die er beschäftigte, sind teilweise aus der Autobiographie bekannt: Johannes Drechsler, Joseph Piltz, Peter Hochecker. Auch Philipp Sattler, der Sohn des gleichnamigen Olmützer Bildhauers, mit dem Handke bei der Gestaltung der Fronleichnamskapelle in « Olmütz zusammengearbeitet hatte, war in Handkes Werkstatt tätig.

Handke starb im Alter von fast 81 Jahren. Er wurde in der Liebfrauenkirche in Olmütz begraben, in einer der zahlreichen Kirchen, die er mit seiner Malerei geschmückt hatte.

Lit.: Richard Foerster: Johann Christoph Handkes Selbstbiographie, Festschrift der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur zum hundertjährigen Jubiläum der Universität Breslau, Breslau 1911. – Bernhard Patzak: Die Bauten der Jesuiten in Breslau und ihre Architekten, Straßburg 1918. – Richard Foerster: Johann Christoph Handke, in: Thieme-Becker Künstlerlexikon, Bd. 15/16, 1922/23. – Hans Tintelnot:

Die barocke Freskenmalerei in Deutschland, München 1951. – Jaroslav Ryška: Fresky J.K. Handkeho, Středm Morava, Olomouc 1966. – Günther Grundmann, Barockfresken in Breslau, Frankfurt/M. 1967. – Joseph Matzke, Richard Zimprich: Barock in Olmütz, Esslingen 1972. – Milan Togner: Kaple Božiho Těla v Olomouci, in: Uměni, 21,1973, H. 4, S. 331-343. (= Die Fronleichnamskapelle in Olmütz). – Marie Schenková: Obraz J. K. Handka v umělecko-historických sbirkách Slezskeho muzea, in: Časopis Slezskeho muzea 27, 1978, S. 83. (= Ein Bild J.Ch. Handkes in den Sammlungen des Schlesischen Museums in Olmütz). – Ivo Hlobil, Pavel Michna und Milan Togner: Olomouc, Praha 1984.

Bild: Aula Leopoldina in der Universität Breslau; Foto Marburg.