Biographie

Hevelius, Catharina Elisabeth

Herkunft: Danzig
Beruf: Astronomin
* 17. Januar 1647 in Danzig
† 22. Dezember 1693 in Danzig

Der bekannte französische Naturforscher D. F. J. Arago (1786-1853) schrieb in französischer Sprache: „Ein wohlwollendes Andenken wird stets Madame Hevelius eingeräumt werden, der ersten mir bekannten Frau, die ohne Furcht der Ermüdung astronomischer Beobachtungen und Berechnungen trotzte." (Werke, 3. Band). Dieser Einschätzung des einstigen Direktors der Pariser Sternwarte kann man sich auch heute noch vorbehaltlos anschließen. Die erste Frau, die erfolgreich für die Wissenschaft der Astronomie arbeitete, war eine Danziger Kaufmannstochter. Sie war das siebte von acht Kindern des 1635 aus Holland über Hamburg nach Danzig eingewanderten Nicolas Koopmann (1601-1672) und seiner Frau Johanna Mennings (1602-1679). Deren Ehe war wohl 1633 in Amsterdam geschlossen worden, doch lebte die Familie seit 1635 in Danzig, wo Nicolas als begüterter, natürlich deutsch sprechender Kaufmann 1641 das Bürgerrecht erhielt. Seine Tochter Catharina Elisabeth, von der bisher nur das Tauf- und das Begräbnisdatum bekannt sind, erhielt eine für damalige Verhältnisse recht gute private Ausbildung, vor allem offenbar in Fremdsprachen; aus späterer Zeit sind Briefe von ihr sogar in lateinischer Sprache erhalten. Anfang Februar 1663 heiratete die gerade erst 16jährige „vielbewunderte Schönheit" in der Danziger St. Katharinenkirche den 36 Jahre älteren Ratsherrn, wohlhabenden Bierbrauer, Kaufmann und damals hochberühmten Astronomen Johannes Hevelius.

Eine romantische Familienlegende berichtet über das Zueinanderfinden des altersmäßig so unterschiedlichen Paares: Der angesehene Astronom habe einst einer Nachbarstochter versprochen, ihr seine zahlreichen Beobachtungsinstrumente auf seiner weithin bekannten Sternwarte zu zeigen. Das Mädchen habe schließlich auf Einlösung dieses Versprechens gedrängt, sei von der Beobachtung des nächtlichen Himmels begeistert gewesen und habe darum gebeten, immer wieder kommen zu dürfen. Nach der Hochzeit übernahm die sehr junge Frau die Führung des recht umfangreichen Haushalts und weitgehend auch des Geschäfts. In den Jahren 1664 bis 1672 wurde sie Mutter von vier Kindern, zunächst eines Sohnes, der aber nur ein Jahr alt wurde, dann von drei Töchtern, die die Eltern überlebten. Der Schmerz der Eltern über den frühen Verlust des Sohnes Adeodatus war sehr groß, zumal die erste Ehe des Astronomen kinderlos geblieben war. Neben diesen vielfachen Anforderungen erhielt Elisabeth eine astronomische Ausbildung durch ihre Tätigkeit als Mitarbeiterin ihres Mannes, wahrscheinlich gleichzeitig mit Gottfried Kirch aus Guben (1639-1720), der als Student aus Jena bei Hevelius in Danzig hospitierte und arbeitete. Kirch erhielt im Jahre 1700 einen Ruf an die Berliner Akademie und hatte 1692 in zweiter Ehe Maria Margaretha Winkelmann (geboren 1670 bei Leipzig) geheiratet, die dann als zweite Frau in die Geschichte der Astronomie einging.

Elisabeth Hevelius hatte also keine akademische Ausbildung, doch gibt es auch später noch Vergleichbares, wenn etwa Wilhelm von Humboldt 1810 den Autodidakten Friedrich Wilhelm Bessel als Professor und Direktor der Sternwarte nach Königsberg berief, der es hier zu höchstem Ansehen brachte. Die astronomischen Leistungen der Elisabeth Hevelius sind von denen ihres berühmten Mannes nur schwer zu trennen, eben weil er der längst anerkannte und erfahrenere Wissenschaftler war, doch steht fest, daß er nach ihrer Ausbildung kaum mehr astronomische Gehilfen beschäftigte, deren Position seine Frau übernahm. In seinem 1673 in Danzig erschienenen Buch Machina Coelestis hat Hevelius seine Frau Elisabeth auf zwei Kupfertafeln abgebildet: einmal am großen Sextanten aus Messing (Fig. M, S. 202), und am großen Oktanten, ebenfalls aus Messing (Fig. O, S. 254). Im gleichen Werk beschreibt er seine Frau als geschickte Beobachterin und „zum Studium durch Neigung gut geeignet"; sie habe alle Beobachtungen mit ihm „sorgfältig ausgeführt" und „die größten Schwierigkeiten, sooft sie sich nur leicht bemüht, zur vollsten Zufriedenheit besonders exakt, sogar nahezu eifriger als jeder der übrigen" bewältigt und ihm Gehilfen ersetzt, „auch, weil sie immer da war", denn die größeren Instrumente aus Metall mußten von zwei Personen bedient werden (S. 57 u. 223).

Die Danziger Sternwarte des Hevelius war seit 1650 die beste und bekannteste Europas. Nach ihrer fast völligen Zerstörung am 26. September 1679 durch einen Brand war Elisabeth Hevelius wohl die treibende Kraft für den Wiederaufbau und die Fortsetzung der wissenschaftlichen Arbeiten, was auch an der Tatsache erkennbar ist, daß sie die ausgedehnte Korrespondenz mit Gelehrten und hochgestellten politischen Persönlichkeiten aus ganz Europa mehr und mehr übernahm; sie selbst hat Danzig möglicherweise nie verlassen.

Nach dem Tod ihres Mannes am 28. Januar 1687, der die Zerstörung eines großen Teils seines Lebenswerkes durch das Feuer wohl nie ganz verwunden hatte, gab sie aus dem Nachlaß noch drei astronomische Werke heraus, oft unter dem gemeinsamen Titel Prodromus Astronomiae cum Catalogo Fixarum, et Firmamentum Sobiescianum: 1. Catalogus stellarum fixarum. Danzig 1687/1690. Ein Fixsternkatalog über ca. 1550 Sterne, dessen Manuskript auf wunderbare Weise noch heute erhalten ist und über das als das millionste Buch der Brigham Young Universitätsbibliothek im US-Staat Utah eine eigene Veröffentlichung erschien. 2. Firmamentum Sobiescianum, sive Uranographia. Danzig 1690. Ein Sternatlas mit 56 großformatigen Kupferstichen in vorzüglicher Ausführung. Für dieses Werk verfaßte Elisabeth Hevelius eine Widmung an den polnischen König Johann III. 3. Prodromus Astronomiae. Danzig 1690.

Elisabeth Hevelius überlebte ihren Mann nur um sechs Jahre; während dieser Zeit hielt sie die neue Sternwarte funktionsfähig und bewahrte das astronomische Erbe ihres Mannes. Alsbald nach ihrem Tode im Jahre 1693 wurden die kostbaren Bücher und Manuskripte, Instrumente, gesammelten Handschriften und teils seltenen astronomischen Werke durch Verkauf in zahlreiche Länder Europas zerstreut. In der Familiengruft ihres Mannes in der Danziger St. Katharinenkirche wurde die selbstlose Frau und fleißige Astronomin beigesetzt.

Lit.: Johannes Hevelke. Gert Havelke und seine Nachfahren. Danzig 1927. – E. F. Mac Pike: Hevelius, Flamsteed and Halley. London 1937. – H.-J. Kämpfert: J. Hevelius – Astronom zu Danzig. Kulturwerk Danzig. Düsseldorf 1986. – H.-J. Kämpfert: Johannes Hevelius. BdV-Arbeitshilfe 49. Bonn 1987. – Volkoff, Franzgrote, Larsen: Johannes Hevelius and his catalog of stars. Utah, USA, 1971.

Bild: Elisabeth Hevelius am großen Sextanten; aus: Machina Coelestis, Danzig 1673.