Biographie

Hildebrandt, Eduard

Herkunft: Danzig
Beruf: Landschaftsmaler
* 9. September 1818 in Danzig
† 25. Oktober 1868 in Berlin

Eduard Hildebrandt erlernte den Beruf des Vaters, den eines Stubenmalers. Die häusli­chen Verhältnisse waren im Kreis von sechs Geschwistern ärmlich und boten keine Möglichkeiten zu einer künstlerischen Fortbildung und so wanderte er 1837 nach Berlin, um an der Akademie zu studieren. Da er unentgeltlich nicht aufgenommen wurde, ging er, nach erstem Durchschlagen mit Gelegenheits­arbeiten wie Kolorieren und mit kleinen Marinebildern, in das Atelier des Marinemalers Wilhelm Krause. Er entwickelte sich zum Landschafts- und Marinemaler. Ein Mitschüler war Charles Hoguet. 1838 hielt er sich länger in Stettin und auf Rügen auf. In Stettin machte er die Bekanntschaft des Kammerherrn Gerhard, der das Talent des jungen Künstlers durch Ankäufe förderte und ihm auch weitere Käufer vermittelte. 1839 bereiste Hildebrandt Dänemark, Norwegen, England und Schottland.

Es entstanden in größerer Zahl Seestücke und Ostseeansichten, wie ein Gemälde von 1840 von der der Danziger Bucht vorgelagerten Halbinsel Hela, in der Ferne ist Danzig zu sehen, das er in diesen Jahren immer wieder besuchte, oder Aufsehen erregende Einfahrt einer russischen Radkorvette vor Swinemünde aus dem selben Jahr (Pommer­sches Landesmuseum). Die Gemälde zeigen die frühe künstleri­sche Reife des jungen Malers und auch bereits seine Hinwendung zum Luminarismus sowie die ihm ei­gene Rhythmisierung durch vertikale Linien, wie Masten, Pfosten, Segel und Leucht­türme, ebenso haben seine Staffagefiguren häufig Stangen in den Händen.

1841 ging er nach Paris, wo er in den Ateliers Cicéris und dem im selben Haus sich be­findenden Atelier von Eugène Isabey arbeiten konnte. Isabey, bei dem damals auch sein Berliner Freund Charles Hoguet studierte, unterrichtete ihn ein halbes Jahrt. Hildebrandt hatte in Paris Erfolg, so dass er ein kleines Atelier unterhalten konnte. Für ein Genrebild erhielt er 1843 eine 3. Medaille beim Pariser Salon.

Ende 1843 kehrte er nach Berlin zurück, wo er Alexander von Humboldt kennen lernte, welcher ihm ein warmherziger Freund und Förderer wurde. Humboldt erwirkte für ihn bei König Friedrich Wilhelm IV., dem er seine Studien und Skizzen vorlegen konnte, ein Reisestipendium, das Hildebrandt endgültig zu einem Reisemaler machte.

Die Reise führte ihn 1844 bis 1845 nach Brasilien und Nordamerika. Seine ausgreifende Tätigkeit fand in Brasilien besondere Beachtung. Er wurde von Kaiser Dom Pedro II. mit dem Rosenorden ausgezeichnet. Aus dem reichen Bildmaterial dieser Reise, das Friedrich Wilhelm IV. für das Kupferstichkabinett erwarb, entstanden auch Ölgemälde, die der königliche Hof ankaufte. Mit 27 Jahren wurde Hildebrandt zum Königl. Preuss. Hofmaler ernannt.

Weitere Reisen folgten, so 1847 in Begleitung seines Bruders Friedrich nach England, wo er für König Friedrich Wilhelm u.a. Schloss Windsor malte, um dann für Königin Viktoria Gegenden in Schottland aufzunehmen. Von London aus reiste er 1848 bis 1849 zu den Kanarischen Inseln, an die afrikanische Westküste, nach Portugal und Spanien. Bei der Großen Berliner Kunstausstellung 1850 erhielt er für zwei Gemälde dieser Reise eine Goldene Medaille. 1851/52 bereiste er in königlichem Auftrag Italien, Ägypten, die Sahara, Nubien, Palästina und Griechenland. Nicht nur der preußische König, auch Zar Nikolaus und dessen Sohn (Alexander II.) erwarben Bilder. Ebenso bei der reiselu­stigen Hocharistokratie erfreuten sich seine Zeichnungen, Skizzen und Gemälde großer Beliebtheit, die er 1852 in einer Ausstellung zu Gunsten der Armen präsentierte. Wieder mit Förderung des Hofes unternahm er 1853 eine Reise in die Alpenländer und nach Norditalien. Weite druckgraphische Verbreitung fanden die beiden Aquarelle seines alten Förderers aus den 1850er Jahren Alexander von Humboldt in seiner Bibliothek.

Hildebrandt wurde in die Berliner Akademie berufen und erhielt einen Lehrauftrag, 1855 den Professorentitel. 1856 bereiste er Nordeuropa bis zum Nordkap, eine Reise die ihn wohl ihrer Lichtverhältnisse und Vegetation wegen nicht so inspirierte, wenngleich er meisterhaft die Dämmerung, Meeresspiegelungen, Lichtphänomene wie die Mitter­nachtssonne am Nordpol schilderte. 1862 erfolgte seine letzte große Reise, eine Reise um die Welt. Ägypten, Indien, China, Japan, Nord­amerika, Panama, die An­tillen. 1864 kehrte er über England zurück. Das Geschaffene dieser Reise wurde vor großem Publi­kum bei besonderer gesellschaftlicher Relevanz gezeigt – die Gemälde im Kgl. Marstall und die Aquarelle in Karfunkels Centralausstellung. Seine Reiseabenteuer schilderte er in der Berliner Morgenpost, die dann in drei Bänden erschienen unter dem Titel Prof. Ed. Hildebrandts Reise um die Erde. Nach seinen Tagebüchern und mündlichen Be­richten erzählt, herausgegeben von Ernst Kosak (7. Aufl. 1882), dem Gründer der Ber­liner Montagspost. Aus Siam berichtet Hildebrandt: „Der Schweiß fällt auf die Aqua­relle, Ameisen fressen die eben aufgetragenen Farben dicht vor dem Pinsel weg, vor Hitze rollt das Papierblatt zusammen…“ (ADB Netz S. 2).

Sein hohes Ansehen bei der Berliner Künstlerschaft belegt das „Souper zu Ehren des Meisters Eduard Hildebrandt des Vereins Berliner Künstler am 17. Dez. 1864“, mit welchem er empfangen wurde. Die Einladung lithographierte der junge Paul Meyer­heim, Sohn des Danzigers Malers Eduard Meyerheim. 1867 wurde er Ehrenmitglied des Vereins Berliner Künstlerinnen.

Sein Danziger Landsmann Ludwig Pietsch, der sich in seinen Feuilletons öfter mit Hil­debrandt beschäftigte, schildert ihn (Wie ich Schriftsteller geworden bin, S. 526) als einen Menschen, der „bald schon, allein durch die Kraft seines Talentes und Wollens, sich seinen Weg durchs Leben und zu den höheren Zielen der Kunst gebahnt.“ Pietsch bewundert auch „die auf seinen weiten Reisen im vielbewegten Dasein, im Verkehr mit bedeutenden Menschen und in allen, auch den höchsten Gesellschaftskreisen erworbene Erfahrung und Erziehung, die bald gewonnene Sicherheit im Bewusstsein des Könnens, sein natürlicher scharfer Verstand und Witz, seine praktische Weltklugheit, seine Be­obachtungsgabe und Menschenkenntnis“. Des Weiteren schreibt Pietsch von seinem „Hang zur Eleganz“. Seine Welterfahrenheit und sein Humor wurden auch bei den nächt­lichen Sitzungen am „heiligen Tisch“ in der Bierstube von Schubert im Kreis geist­reicher Genossen geschätzt: von den Künstlerkollegen wie Adolph Menzel, Friedrich Kraus, die Gebrüder Richter, Wilhelm Scholz u.a.

Hildebrandt wohnte Kupfergraben 6a, nahe der Nationalgalerie, wo er 1869, den „viel­jährigen Überanstrengungen“ erlag (Boetticher). An dem Haus wurde eine Gedenk­tafel angebracht. Auch auf dem Ehrenfries in der National­galerie Berlin findet sich sein Na­me. Theodor Fontane, in dessen Feuilletons der Name Eduard Hildebrandt mit Anerken­nung schon früh auftauchte, der ihn in seinen Zeitungsberichten aus London mit Turner verglich, schrieb im Nachruf: „Wie Paganini, wenn er wollte, nur auf der G-Saite spiel­te, so spielte Hildebrandt auf Chromgelb oder Zinnober oder Ultramarin. Er hat Un­glaubliches, wenn man will, Wunderbares geleistet, er hat die Grenzpfähle hinausge­rückt, er hat neue Gebiete aufgeschlossen.“ Im Todesjahr erschien eine Biogra­phie Eduard Hildebrandt, der Maler des Kosmos (Lesser Berlin) von Fanny Arndt.

Von seinen Aquarellen, die als hochwertige Reproduktionsgraphik verbreitet waren, er­schienen noch nach Hildebrandts Tod mehrere Sammelwerke in Farbendruck: 1871-74 eine Auswahl mit dem Titel Reise um die Welt (Wagner, Berlin), Aus Europa (1875) und Neue Folge (1880). Hildebrandts Werk trug, über seinen künstlerischen Wert hinaus, wesentlich dazu bei, bildnishafte Eindrücke von frem­den Län­dern und Völkern nach Europa zu vermitteln, bevor dies zunehmend die Photographie übernahm. Wenn­gleich er sich vorwiegend, entsprechend seiner Aufträge, Landschaften, Städten und Ört­lichkeiten zuwandte, so finden sich neben Pflanzendarstellungen, Eingeborenenporträts, Berufs- und Trachtendarstellungen auch immer wieder, wie in seinen realistischen Staf­fagen, anschauliche Volksszenen, die auf soziale Bedingungen hinweisen. Häufig wähl­te er Motive „die von anderen nicht beachtet wurden“ (Ferrez, S. 21). Besonders die Stadtpanoramen sollten genannt werden, u.a. von Sao Paulo, Rio de Janeiro, San Fran­zisco und New York. Es sind wichtige Dokumente zur Entwicklung der Städte in der Mitte des 19. Jahrhunderts, aufgenommen in Vollendung und Wahrheit. Seine virtuose Tech­nik und sein besonderes Interesse an Lichtphänomenen äußert sich vollendet in den Aquarellen. Er erschloss eine eigene Darstellungsweise von herausragender Frische und atmosphärischer Dichte. Seine Aquarelle gehören zu den herausragenden Erzeugnissen dieser Gattung in seiner Zeit.

Hildebrandt beteiligte sich seit 1838 regelmäßig an den Ausstellungen der Berliner Akademie und des Ausstellungsverbands östlich der Elbe seit 1839. 1866 fand eine Hildebrandt-Aquarell-Ausstellung in London statt. Hildebrandts Werke finden sich in zahlreichen deutschen Museen, u.a. in Brasilien, London, Moskau, New York. Einen größeren Bestand hatte seine Heimatstadt Danzig.

Genannt sei sein Bruder Friedrich Hildebrandt, der im Lebensgang und auch stilistisch in die Fußstapfen seines Bruders trat (Ausbildung bei W. Krause in Berlin und bei Isabey in Paris). Aufgrund der Geburtsdaten von Friedrich, Danzig 12. Februar 1819 – 18. Dezember 1855 Rom kann angenommen werden, dass Eduards Geburtsjahr 9. September 1817 bei Boetticher und Künstlerlexikon Ostpreußen und Westpreußen richtig ist und der 9. September 1818 wie bei Thieme-Becker (mit Fortschreibungen) durch den geringen Abstand der Geburt zum Bruder wohl fehlerhaft ist.

Lit.: Boetticher; Thieme-Becker; Brockhaus 1908; Altpreußische Biographie, Bd. 1 Königsberg 1941, Künstlerlexikon Ost-West­preußen 2012. – Rudolf Meyer-Bremen, Die Ausstellungskataloge des Königsberger Kunstvereins im 19. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2005, div. S. – Ausstellung Deutscher Kunst aus der Zeit von 1775-1875 in der Königlichen Nationalgalerie Berlin 1906, Katalog der Gemälde (Band II), München 1906, Nr. 726. – Gilberto Ferrez, Die Brasilienbilder Eduard Hildebrandts, Berlin 1988. – Irmgard Wirth, Berliner Malerei im 19. Jahrhundert, Berlin 1990, S. 251ff. – Kat. Fontane und die bildende Kunst, Berlin 1998, S. 35, 47, 189. – Ludwig Pietsch, Wie ich Schriftsteller geworden bin. Der wunderliche Roman meines Lebens, Berlin 2000, S. 524ff. – Helmut Börsch-Supan, Künstlerwanderungen nach Berlin, München-Berlin 2001, S. 295. – Kat. Danziger Malerei des 19. Jahrhunderts, Westpreußisches Landesmuseum Mün­ster, Münster 2005, div. S. – Gerd-Helge Vogel, Eine Ansicht Swinemündes aus dem Jahre 1840 von Eduard Hildebrandt (1817-1869), in: Pommern – Zeitschrift für Kultur u. Geschichte, H. 1, 2009 Jg. 47, S. 20-26. – Katalog August Kopisch Maler, Dichter, Entdecker, Erfinder, hrsg. von Udo Kittelmann u. Birgit Verwiebe, Nationalgalerie Berlin 2016, S. 23.

Bild: Die Gartenlaube. Illustrirtes Familienblatt, Jahrgang 1859, S. 516.

Helmut Scheunchen