Biographie

Holz, Paul

Herkunft: Pommern
Beruf: Graphiker
* 28. Dezember 1883 in Riesenbrück/Pommern
† 30. Januar 1938 in Schleswig

Paul Holz ist einer der großen deutschen Zeichner des 20. Jahrhunderts. Das stellt sich immer nachdrücklicher heraus. Seine Zeichenkunst behauptet sich neben Beckmann, Grosz und Dix mit kraftvoller Selbständigkeit und Eigenart. Für die drei genannten Künstler war im wesentlichen der Mensch in der Stadt Gegenstand ihrer Beobachtungen und Reflexionen, für Holz bleibt das Leben auf dem platten Lande, seine charaktervollen Menschen, ihre Schicksale, Generalthema seiner Kunst. Ähnlich wie Barlach repräsentieren die einfachen Bauern, Knechte, Viehtreiber, Schlachter, Kutscher, Hausierer, Heringsverkäufer, Schäfer eine starke ungebrochene Welt, wo selbst Bettler, Landstreicher und Dorfidioten ihre Würde haben. Doch versteht sich Holz keineswegs bloß als Schilderer einer vitalen Bauernwelt, hierin steckt nicht das Zurück-zur-Natur der Expressionisten, sondern ihm enthüllt sich in diesem Milieu voll plastischer Anschaulichkeit das Schicksalhafte. „Mit dem einen Auge sieht er – der Zeichner – die Dinge, mit dem andern, was hinter den Dingen ist: das Gleichnis, das Fliehende, das Nicht-wieder-Zurückkehrende“, schreibt Paul Holz.

Die Biographie des Zeichners verzeichnet keine sensationellen Begebenheiten, doch eine aufrechte Geradheit und Beständigkeit. Im pommerschen Riesenbrück bei Uckermünde kam Paul Holz 1883 auf einem Bauernhof zur Welt, wurde Volksschullehrer. Nebenher versuchte er sich autodidaktisch im Zeichnen. 1924 bestand Holz sein Zeichenlehrerexamen in Berlin. Im Jahr darauf erfolgte eine Anstellung als Zeichenlehrer an einem Gymnasium in Breslau und gleichzeitig – Ergebnis seines guten Rufes als Zeichner – als Lehrer an der Staatlichen Kunstakademie in Breslau, wo Oskar Moll als Direktor wirkte. Am engsten befreundete er sich hier mit dem stillen Otto Mueller. 1933 wurde Holz aus beiden Ämtern entlassen. Ganz im Norden, in Schleswig an der Domschule, nahm er dann wieder seinen Beruf als Zeichenlehrer auf. Nicht für lange, denn bereits 1938 starb Paul Holz – im gleichen Jahr wie Barlach.

Paul Holz ist vor allem ein Menschenschilderer unter dem weiten Horizont der pommerschen Landschaft. Wer seine Gestalten sieht, dem prägen sie sich ein, wie Schilderungen Hamsuns und Dostojewskis, die Holz bewunderte. Mit weiten Federschwüngen charakterisiert Holz Menschen und kleine Ereignisse, Bagatellen des Alltags. Doch simple Geschehnisse wie „Der Schlachter macht die Stalltür auf“ gewinnen unversehens bei Holz Größe und Bedeutung. Typisch für die Zeichnungen von Holz sind auch die hineingefügten Beischriften: „Eine schwere Hand und ein dunkles Gemüt“ (nach Hamsun) – „Verwehende alte Dame, alles grau wie gries“ oder beim Heringshändler der von „… meilenweit her haaolt greunen Hiering!“ – „Mein Vater sieht den Schwalben zu, wie sie füttern“. Neben dem hohen zeichnerischen Können ist es immer wieder die Fähigkeit von Holz, dem Banalen und Alltäglichen eine achtunggebietende Größe zu verleihen, die uns sein Werk voll Ergriffenheit betrachten, nacherleben läßt, so wie er selbst ergriffen war: „So sollen Zeichnungen sein! Zu lesen aus ihnen Glück und Segen, Fluch und Verlorensein, Pflicht und Angst, Kampf, Sieg und Niedersturz, Gleichgewicht und Wanken, Frührot, Zauberei, Verschwendung, Brennen lichterloh, Trompetenschall, Kuckucksruf, letzte Stöße einer armen Brust, und Frieden, Frieden ohne Ende. Ich konnte immer nur zeichnen, was mich ergriff, im Innersten er
griff. Blitzartig traf es mich oft. Oftmals langsam und schwer, dann auch spielend und leicht.“
Eine Reihe der bedeutendsten Museen der Bundesrepublik, unter anderem in Berlin, Stuttgart und Ulm besitzen Werke des Künstlers. Fünf Gemälde befinden sich in der Ostdeutschen Galerie in Regensburg. Durch die Förderung des Sammlers Erich Cohn gelangten zahlreiche Bilder in die USA. 1977 erschien eine von Barbara Lips-Kant bearbeitete Dissertation mit Œuvre-Katalog. 1983 findet eine große retrospektive Ausstellung in Ulm, Stuttgart, Darmstadt und Regensburg statt.