Biographie

Huber, Kurt Augustin

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Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Kirchenhistoriker
* 21. Juni 1912 in Altsattel/Egerland
† 5. Oktober 2005 in Bad Homburg

Kurt A. Hubers Vorfahren mütterlicherseits stammten aus Südmähren, wo der junge Egerländer einen Teil seiner Ferien verbrachte und die dortige Umwelt von Deutschen, Tschechen, Juden und Kroaten kennenlernte. Nach der Matura am Gymnasium in Elbogen (Loket) trat er in das 1193 gegründete Prämonstratenserstift Tepl (Teplá) ein und studierte Theologie in Prag, Leitmeritz und Salzburg, wo er 1935 zum Priester geweiht wurde. Nach Seelsorgejahren im Stift wurde er 1938 Novizenmeister und 1939 Universitätsassistent an der Theologischen Fakultät der Deutschen Universität in Prag. Hier versah er auch das Amt des Vizerektors an dem 1939 von Prof. Dr. Adolf Kindermann ins Leben gerufenen Deutschen Theologenkonvikt. Seit der Teilung der Prager Universität hatte es zwar zwei Katholische Theologische Fakultäten an beiden Universitäten gegeben, aber ein gemeinsames Priesterseminar für Tschechen und Deutsche. Auch diese Gemeinsamkeit ging durch die Ereignisse des Jahres 1938 nach dem Münchner Abkommen verloren. Huber, der in Prag bei Eduard Winter promovierte, wurde durch diese Zeit der Nationalitätenkonflikte, die auch vor der Kirche nicht Halt machten, entscheidend geprägt. Nach einer Hausdurchsuchung durch die Gestapo leistete er von 1941 bis 1945 Dienst in der Wehrmacht. Im April 1946 kam er als Vertriebener in das oberpfälzische Kloster Speinshart, das 1803 aufgehoben wurde, aber 1921 vom Tepler Abt Helmer wieder zurückgekauft worden war. In diesem Kloster fanden die 1946 aus Tepl vertriebenen Chorherren eine erste Bleibe, ehe sie in Schönau ein neues Kloster bezogen. In Speinshart versah Huber wieder das Amt des Novizenmeisters, ehe er von 1948 bis 1954 Assistent des Generalabtes seines Ordens in Rom war. Er nutzte die Möglichkeiten der römischen Archive und Bibliotheken und erwarb 1950 das Diplom der Schule für Paläographie und Archivistik am Vatikanischen Archiv.

Der Rektor des Prager Theologenkonviktes, Prof. Dr. Adolf Kindermann, hatte inzwischen seit 1946 in Königstein ein Zentrum der katholischen Vertriebenenarbeit mit eigener Philosophisch-theologischer Hochschule und einem Priesterseminar aufgebaut. Hier hatte man zunächst die aus dem Kriege heimgekehrten Theologen gesammelt, die ihre deutschen Ausbildungsstätten in Breslau, Prag, Braunsberg und anderen Bischofsstädten des deutschen Ostens verloren hatten. Kindermann wollte in Königstein das kirchlich-kulturelle Interesse für den Osten wachhalten und lud Studenten aus Vertriebenenfamilien und an der Entwicklung im Osten Interessierte ein. So holte er auch Huber als Dozent und später seit 1965 als Professor für Kirchengeschichte mit besonderer Berücksichtigung Ostmitteleuropas nach Königstein und gründete hier mit Huber 1954 das Institut für Kirchen- und Geistesgeschichte der Sudetenländer, das später in Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien umbenannt wurde. In Königstein fand Huber die Heimat seines Forschens. Er betrieb den Aufbau des Institutes und seiner wertvollen Bibliothek, gründete als Publikationsorgan das Archiv für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien und eine Schriftenreihe des Institutes, dem er bis 1988 vorstand.

In der Zeit des Kommunismus in Böhmen und Mähren-Schlesien hielt er nach Möglichkeit Kontakte zu den Wissenschaftlern seiner alten Heimat, von denen er viele von Prag her kannte. Als kirchliche Jubiläen wie das Millennium der Diözese Prag 1973, die Zweihundert-Jahrfeier der Mährischen Kirchenprovinz 1977 und das 200jährige Jubiläum des Bistums Budweis 1985 in den jeweiligen Bischofsstädten wegen der herrschenden Kommunisten nur zensuriert und erschwert begangen werden konnten, gab er beachtete Festschriften heraus. Die Wende 1989 nutzte er, um alte Verbindungen wieder aufleben zu lassen. Eine Sammlung von wertvollen, in verschiedenen Publikationsorganen erschienenen Arbeiten Hubers wurden ihm zum 70-jährigen Priester-Jubiläum gewidmet. Dieser Band trägt den Titel: Katholische Kirche und Kultur in Böhmen und Mähren. Der Band wollte das reiche Erbe der Kirchengeschichte der böhmischen Länder bewusst machen und Impulse für eine neue unbefangene Auseinandersetzung mit ihm geben. Die Beiträge sind nach Hubers Forschungsschwerpunkten in vier Gruppen gegliedert:

– Die Kirche in den böhmischen Ländern.

– Der sudetendeutsche Katholizismus.

– Die böhmischen Länder und Europa.

– Lebensbilder und biographische Skizzen.

In allen Beiträgen dieser Auswahl zeigte sich Kurt A. Huber durchwegs als Meister und als stets der Wahrheit verpflichtete Historiker. Ob er über das Verhältnis der Bischöfe von Prag und Olmütz zueinander schrieb, über den Josephinismus als staatskirchliches Reformprogramm oder die Frage Nation und Kirche in den böhmischen Ländern – immer gelang es ihm, die Vergangenheit für die leidvolle Gegenwart des 20. Jahrhunderts verständlich zu machen. Was Huber über den sudetendeutschen Katholizismus an Fakten und Analysen vorstellte, verdient gerade heute auch im deutsch-tschechischen Dialog Beachtung. Wahre Entdeckungsreisen sind seine Studien über die iberischen Kulteinflüsse und italienischen Kultmotive im Barock der böhmischen Länder. Von tiefer Sachkenntnis, Quellenstudium und Einfühlungsvermögen zeugen die Lebensbilder von Hermann Dichtl, Anton Krombholz, Weihbischof Wenzel Frind, Ambros Opitz, Franz M. Schindler, Anton Ohorn und sein Nachruf auf Eduard Winter. Artikel von Huber finden wir in Nachschlagwerken wie in: Enciclopedia cattolica, Lexikon für Theologie und Kirche (2. und 3. Auflage), Dictionnaire de la Spiritualité, Dictonaire de l’Historie et Géographie écclesiastique, Lexikon für Marienkunde, Österreichisches Biographisches Lexikon, Neue Deutsche Biographie. Er publizierte bis zu seinem Tod 2005.

Lit.: K.A. Huber, Katholische Kirche und Kultur in Böhmen. Ausgewählte Abhandlungen, hrsg. von Joachim Bahlcke und Rudolf Grulich. (= Religions- und Kulturgeschichte in Ostmittel- und Südosteuropa 5), München 2005. Auf den Seiten 759-767 Schriftenverzeichnis Hubers.

Rudolf Grulich