Biographie

Jäger, Stefan

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Herkunft: Banat
Beruf: Maler, Graphiker
* 28. Mai 1877 in Tschene/Banat
† 16. März 1962 in Hatzfeld/Banat

Der Großvater des Künstlers, Michael Jäger, wurde 1778 im fränkischen Königshofen (im Grabfelde) geboren und ist 1854 in Nakadorf/Banat gestorben. Er war Kaufmann und konnte seinem Sohn Franz in Ofenpest eine gründliche Ausbildung als Barbier und Feldscher angedeihen lassen. Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete Franz Jäger, der Vater des Künstlers, die um 16 Jahre jüngere Magdalene Schuller aus Billed und gründete in der von Serben, Deutschen und Kroaten bewohnten Großgemeinde Tschene eine Praxis als Hilfschirurg. Der Ehe entsprossen die beiden Söhne Ferdinand (* 1875) und Stefan (* 1877).

Nach dem Abschluß der damals fünfjährigen Volksschule in Tschene besuchte der junge Stefan die private deutsche Bürgerschule Wiesners in Temeschburg. Von 1893-1895 ging Stefan Jäger auf die Mittelschule zu Szegedin, an der seine hervorragende zeichnerische Begabung von dem aus dem Burgenland stammenden Zeichenlehrer Obendorf erkannt und gefördert wurde. So auf das Kunststudium vorbereitet, bezog Jäger als Achtzehnjähriger 1895 die Musteranstalt für Zeichenlehrer in Budapest. Hier fand der Kunststudent in dem bedeutenden Klausenburger Maler Bertalan einen wohlwollenden Förderer. Trotz eines Stipendiums war er neben seinem Studium auch als Erzieher in der Familie des Grafen Szechy tätig. Im Anschluß an seine Ausbildung in Budapest begab sich Jäger auf eine erste große Studienreise, die ihn durch Österreich, Deutschland und Italien führte. Wegen der schweren Erkrankung seines Vaters unterbrach er seine Reise und kehrte nach Tschene zurück, wo der Vater alsbald starb. Im darauffolgenden Jahr (1902) zog der Maler nach Budapest und malte als freier Künstler auf Bestellung, hauptsächlich durch Vermittlung eines Kunsthändlers, Stilleben, Idyllen, Heiligen- und Landschaftsbilder. Nach und nach erhielt er auch Aufträge wohlhabender Banater Landsleute, auf deren Kunstvorstellungen er oft eingehen und auch Kopien anfertigen mußte.

Im Jahre 1906 erreichte den Künstler ein Auftrag, der ihn, nach seiner Ausführung, berühmt machte und an die Spitze der bis dahin bekannten Banater Maler stellte. Die Heidegemeinde Gertianosch bestellte ein Gemälde, das „Die Ansiedlung der Deutschen im Südosten“ darstellen sollte. Gemeint war die Einwanderung der später als „Donauschwaben“ bezeichneten Deutschen im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Wortführer der Gertianoscher Auftraggeber war der wohlhabende und angesehene Adam Rösner. Dieser trug durch Sammelaktionen und kulturelle Veranstaltungen in der Gemeinde, aber auch persönlich ganz erheblich zur Finanzierung des Werkes bei. Der erste Entwurf, ein drei Meter langes Gemälde, entstand in Budapest, entsprach jedoch hinsichtlich der zeitgenössischen Trachten nicht den Vorstellungen der Auftraggeber. Dieses Bild, heute verschollen, wurde Rösner überlassen. Die Gemeinde spendete nochmals die ansehnliche Summe von 4560 Kronen. Damit trat der Künstler eine zweite Studienreise nach Deutschland an, die ihn zum Studium der historischen Trachten u.a. nach Stuttgart, Nürnberg und Ulm führte. Daraufhin entstand in vierjähriger Arbeit (1906.1910) das berühmte Einwanderungstriptychon mit den Teilen „Wanderung“, „Rast“ und „Ankunft“ in den Ausmaßen 5,10 x 1,45 Meter. Der erste Teil zeigt eine beschwerliche Fußwanderung von Männern, Frauen und Kindern in ihren heimatlichen Trachten, wie sie voller Hoffnung aus dem Südwesten des Reiches, schwere Bündel und ihre Kinder mit sich schleppend, den Sammelstellen an der Donau, in Ulm und flußabwärts, zustreben. Das mittlere Bild drückt überzeugend die verschiedenen Stimmungen der auf sumpfigem Steppenboden rastenden Menschen- und Familiengruppen aus, die sich zwischen müder Resignation und erwartungsvollem Hoffen bewegen. Die „Ankunft“, der dritte Teil der Komposition, veranschaulicht in unübertrefflichem Realismus die Situation bei der Übergabe der noch unfertigen Häuser an die Siedler durch einen kaiserlichen Beamten in einer noch völlig öden Landschaft. Die Darstellung eines historischen Vorgangs von solcher Tragweite, wie sie die Ansiedlung einer so großen Menschengruppe, die sich zum Zeitpunkt der Entstehung des Gemäldes bereits zu einem eigenen Stamme entwickelt hatte, beinhaltet, hätte allein schon genügt, den Künstler berühmt zu machen. Im Zusammenhang mit diesem bekanntesten Werk Jägers entstand jedoch eine große Anzahl von Bildern und Skizzen, die das große Ereignis der Auswanderung bzw. der Ansiedlung zum Thema haben.

Bald nach der feierlichen Enthüllung des Einwanderungsbildes in Bertianosch (1910) übersiedelte der Künstler in die deutsche Stadtgemeinde Hatzfeld. Von 1914-1918 steht Stefan Jäger als Landsturmmann sowohl an der serbischen als auch an der rumänischen und italienischen Front im Einsatz. Danach lebt er zurückgezogen in Hatzfeld, geht aber immer wieder hinaus in die Dörfer des Banates und auch der Batschka und zeichnet die Landschaft und das Alltagsleben naturgetreu und lebendig nach. Es ist die tiefe Liebe rar heimatlichen Landschaft und ihren Menschen, die den Maler bis zu seinem Tode beseelt. Auch die Etappen der Tragödie des Donauschwabentums nach 1944 hat Jäger nachweislich zeichnerisch verarbeitet, doch ist hiervon kaum etwas in den Westen getagt.

Es ist sicher nicht vermessen zu behaupten, daß die nach dem Zweiten Weltkrieg zu verzeichnende Renaissance, gerade auf dem Gebiet der Volkstrachten, bei den Donauschwaben nicht zuletzt durch die unzähligen, leider völlig zerstreuten und nicht katalogmäßig erfaßten, idyllisch anheimelnden Darstellungen Stefan Jägers angeregt wurde. Sein berühmtestes Werk, das Einwanderungstryptichon, befindet sich heute in der nach ihm benannten Gedenkstätte in Hatzfeld. Nach dem Umsturz in Rumänien lebte Jäger fast bis zu seinem Tode, in beträchtlicher Armut.

Lit.: Annemarie Podlipny-Hehn: Stefan Jäger, Bukarest, 1972 (mit Bildteil); Hans Bräuner: Stefan Jäger – ein Banater Maler, in: „Beiträge zur Deutschen Kultur“, Vierteljahresschr., Freiburg, 1985, 3, S. 25-29; Hans Diplich: Essay, Beitr. zur Kulturgesch. der Donauschwaben, Homburg/Saar, 1975, S. 127f. u. passim.