Biographie

Maager, Carl

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Wirtschaftsfachmann, Politiker
* 15. März 1813 in Kronstadt/Siebenbürgen
† 23. Februar 1887 in Kronstadt/Siebenbürgen

In Wien hat es so mancher Siebenbürger Sachse zu Ehren und Ruhm gebracht. Abgesehen von Martin Capinius, genannt der Siebenbürger, der aus Hermannstadt stammen soll und 1521 zum Bürgermeister der österreichischen Metropole ernannt wurde, ist kein Siebenbürger Sachse gewissermaßen über Nacht in Wien so volkstümlich geworden wie Carl Maager im Jahre 1860.

Nachdem sich das nach der Revolution von 1848/49 errichtete neuabsolutistische Regierungssystem Österreichs als unhaltbar erwies, berief Kaiser Franz Joseph im Jahre 1860 den sogenannten verstärkten Reichsrat ein, um Reformvorschläge für die Umgestaltung der Monarchie einzuholen. Höchste Würdenträger des Staates sowie 38 Vertreter sämtlicher Kronländer, davon drei aus Siebenbürgen (1 Magyare, l Rumäne und l Sachse), waren vertreten. Unter den 60 Mitgliedern des Reichsrates gab es nur acht Bürgerliche, darunter zwei Protestanten: einer von ihnen war Carl Maager. Carl Maager hat in den zehn wichtigsten Sitzungen des Reichsrates 25mal das Wort ergriffen und zu wichtigen Fragen der reformbedürftigen Donaumonarchie Stellung genommen. Zu erwähnen sind insbesondere seine Reden über die notwendige Gleichstellung der protestantischen Kirche in Österreich, die Pressefreiheit, die Notwendigkeit einer Reichsverfassung, die Organisation des Kaiserreiches, den Bau einer Eisenbahnlinie für Siebenbürgen, die Urbarialgerichte, die Sammlung statistischer Daten, die Militärbildungsanstalten und die Verwendung des Militärs zu öffentlichen Arbeiten, über Zölle, Kopfsteuer u.a. Seine Plädoyers für eine demokratische Reichsverfassung und die konstitutionelle Gleichheit aller Nationen, Religionen und Konfessionen des habsburgischen Vielvölkerstaates machten ihn schlagartig zum populärsten Manne Wiens. Die Zeitungen berichteten täglich über sein Auftreten. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm zuteil. Vier Städte (Brunn, Krems, Salzburg, Znaim) verliehen ihm die Ehrenbürgerschaft. In zahlreichen Auslagen der Kunst- und Buchhandlungen hingen seine Porträts. Selbst die Mode bemächtigte sich seines Namens: Maager-Hüte, -Krawatten, -Anzüge und -Uhren wurden plötzlich angeboten. Es wurde sogar eine Sammlung für ein ansehnliches Ehrengeschenk veranstaltet. Neugierige Menschen drängten sich in Gasthäusern, Theatern oder an anderen Orten, wo Maager auftrat, um ihn zu sehen. Auch auf den Kaiser, der ihn in einer Privataudienz empfing, machte Maager Eindruck. Nach seiner Rückkehr in die Heimat bereiteten ihm verschiedene Städte, allen voran seine Vaterstadt Kronstadt, feierliche Empfänge.

Zu einem „Senkrechtstarter“ wurde Maager nach dieser Sternstunde seines Lebens allerdings nicht. Man hat sich an höchster Stelle zwar gelegentlich seiner erinnert, seinen Rat in Wirtschaftsfragen eingeholt, auch gehörte er seit 1863 dem siebenbürgischen Landtag als Abgeordneter an, sein Betätigungsfeld blieb aber nach wie vor hauptsächlich auf Kronstadt beschränkt. In dieser am Fuße der Karpaten, an der Grenze zur Walachei gelegenen Stadt war Carl Maager am 15. März 1813 als Kaufmannssohn geboren worden. Nach dem Tode des Vaters führte er mit dem Bruder das geerbte Geschäft weiter. Im Jahre 1844 wurde er in die Hundertmannschaft der Stadt gewählt, was ihm die Möglichkeit eröffnete, sich mit öffentlichen Angelegenheiten zu beschäftigen. Während der Revolution von 1848/49 wurde er politisch tätig und führte Verhandlungen sowohl mit der russischen Heeresleitung in der Walachei als auch mit der ungarischen Revolutionsführung. Nach den Wirren der Revolution wählte ihn die wieder errichtete Handels- und Gewerbekammer von Kronstadt zu ihrem Präsidenten. Im Jahre 1857 überließ Maager die Familienfirma seinem Kompagnon und übernahm hauptberuflich andere Aufgaben: zunächst war er Filial-Direktor der Kronstädter Privilegierten Österreichischen Kreditanstalt für Handel und Gewerbe, ab 1864 Sekretär der Handels- und Gewerbekammer Kronstadt und ab 1869 Leiter der ungarischen Eisenbahn-Ministerial-Buchhaltung in Budapest. Maager hat sich auf diese Weise vor allem Verdienste um die Entwicklung von Gewerbe und Handel als auch beim Bau der Eisenbahnlinie in Siebenbürgen erworben. Mehrere von ihm veröffentlichte Arbeiten legen dafür ebenfalls Zeugnis ab.

Lit.: Joseph Trausch und Friedrich Schuller: Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen. Bd. 2, Kronstadt 1870, S. 377-382; Bd. 4, Hermannstadt 1902, S. 272; 2. Aufl. Köln-Wien 1973; Heinrich Neugeboren: Ein Gedenkblatt für Carl Maager. Kronstadt 1887; Österreichisches biographisches Lexikon. Hrsg. von der österreichischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 5, Graz-Köln 1972, S. 383-384; Otto Folberth: Ein gar nicht „circumspekter“ Siebenbürger Sachse, Reichsrat Carl Maager. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 15. Jg., München 1966, Folge 2, S. 78-83; Rotraut Sutter: Siebenbürger Sachsen in Österreichs Vergangenheit und Gegenwart. Innsbruck 1976, S. 104-106.