Josef Obeth wurde am 15. Juli 1874 Theresienfeld bei Niklasdorf geboren. Da die Familie sich von der Landwirtschaft allein nicht ernähren konnte, übernahm Vater Franz Obeth die Verwaltung eines Marmorsteinbruchs im nahegelegenen Groß-Kunzendorf. Betreiber dieses Steinbruchs war Josef Schindler, Nachfolger des Begründers der modernen Hydrotherapie Vinzenz Prießnitz an der Kuranstalt zu Gräfenberg bei Freiwaldau. Dieser wurde bei seinen Besuchen in Groß-Kunzendorf auf den jungen Josef aufmerksam, der sich auf der Steinmetzenschule zu Saubsdorf, wohin ihn die Eltern 1887 geschickt hatten, durch ein ausgeprägtes Talent im Zeichnen und Modellieren und bemerkenswerte erste bildhauerische Arbeiten auszeichnete. Schindler beabsichtigte, ihn auf eigene Kosten in Rom studieren zu lassen, doch zerschlug sich dieser Plan wegen des Todes Schindlers im Jahre 1890.
Obeth blieb zunächst als Hospitant in Saubsdorf und übernahm dort Steinmetzarbeiten für lokale Auftraggeber, bevor sein Vater sich 1891 entschloss, ihn für die weitere Ausbildung an die Wiener Gewerbeschule zu schicken. Von dieser wechselte Obeth bereits ein Jahr später an die Akademie der Bildenden Künste über, wo er Schüler der prominenten Bildhauer Edmund Hellmer und Caspar von Zumbusch wurde, die ihn mit ihrer Monumentalplastik stark beeinflussen sollten. Bereits während des Studiums arbeitete Obert mit Adolf von Hildebrand in München zusammen. Er beendete sein Studium in der Meisterklasse nach fünf Jahren.
Es folgten eine Reihe von kleineren Aufträgen in Wien, bevor Obeth im Jahre 1898 den Auftrag des Ministeriums für Kultur und Bildung zur Anfertigungen von Skulpturen für die Gymnasialkirche zu Weidenau annahm, er sich damit wieder in seiner engeren Heimat zuwenden konnte. Unter der Leitung von Professor von Zumbusch galt es, die Vision des hl. Franziskus nach dem Gemälde von Bartolomé Esteban Murillo mit bildhauerischen Mitteln umzusetzen, eine Arbeit, die er im Jahre 1902 abschloss.
Gleichzeitig bemühte sich Obeth darum, einen Auftrag zu erhalten, der ihm wegen seiner Herkunft besonders nahe stand: Lange Zeit bereits war im Kurort Freiwaldau der Plan diskutiert worden, dem Gründer der Hydrotherapie ein Denkmal zu setzen. Zum 100. Geburtstag von Vinzenz Prießnitz im Jahre 1899 sollte dies nun verwirklicht werden. Obeth reichte der Denkmalkommission seine Entwürfe ein, doch sollten noch mehrere Jahre vergehen, bis man sich für diese und gegen die des Freiwaldauer Bildhauers Paul Stadler entschied. Die konkrete Umsetzung erfolgte dann ab dem Jahre 1904. Bei der offiziellen Enthüllung des unter dem Motto „Prießnitz und sein Werk als Jungbrunnen der Menschheit“ stehenden Denkmals im Josefsgarten am 25. Juli 1909 waren die anwesenden Persönlichkeiten bereits von den Ausmaßen beindruckt: 10 Meter breit, 5 Meter hoch und 6 Meter tief, was allein die Dauer der Fertigstellung zu rechtfertigen schien. Auf ausladend geschwungenem, einen Brunnen mit Sitzbänken bildendem Postament befindet sich die mächtige Statue des Vinzenz Prießnitz vor einer die Kuranwendungen demonstrierenden Architektur. Sie wird von zwei Figurengruppen flankiert, zur Linken von einer Gruppe ausgemergelter, sich windender, für mannigfache Erkrankungen stehender Gestalten, zur Rechten von einer Gruppe gesundheitsstotzender Menschen, welche die regenerativen Wirkungen der Hydrotherapie symbolisieren. Für die Figuren verwendete man Laaser Marmor aus Tirol, für die weiteren Elemente den lokalen Marmor aus Groß Kunzendorf. Die Gesamtkosten des Denkmals überschritten 40.000 österreichische Kronen, was teilweise durch eine öffentliche Sammlung aufgebracht wurde.
Man befand das Denkmal als eines der bedeutendsten seiner Art. Die Bildhauerwerkstatt, die Josef Obeth zusammen mit dem Unternehmer J. Klos im Jahr zuvor in Groß Krosse gegründet hatte und die er bis 1945 leiten sollte, wurde dementsprechend in der Folge reichlich mit privaten und öffentlichen Aufträgen bedacht. Man schätzte Obeths mit großer handwerklicher Präzision ausgeführte und stets originelle Arbeiten, nicht zuletzt die zahlreichen Grabmäler, mit denen er die Friedhöfe der Region in wahre Kunstgalerien zu verwandeln schien. Als weiterer Schwerpunkt der bildhauerischen Tätigkeit kam die Gestaltung von Ehrenmalen für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges hinzu, von denen sich noch heute etwa 25 in Schlesien und Mähren befinden sollen. Daneben führte die Werkstatt zahlreiche Aufträge für die bildhauerische Gestaltung öffentlicher Gebäude aus, z.B. der Industrie- und Handelskammer in Troppau und einer Bank in Wien, und man beteiligte sich an Restaurierungsarbeiten, so an der Mariensäule in Mährisch-Neustadt und an barocken Skulpturen im Schloss Kukus bei Königgrätz.
Erwähnenswert sind, um nur weniges herauszugreifen, der Marmoraltar der Unbefleckten Empfängnis von 1908 in der Kirche von Nieder-Grund, der wegen der angedeuteten Schwangerschaft Mariens vor Ort auf Widerstände stieß, weiterhin der fein gestaltete Marmorsarkophag des Prinzen Karl Max Fürst von Lichnowsky in Kuchelna bei Troppau nach 1928, ebenso die Gedenktafel am Geburtshaus des Schriftstellers Viktor Heeger in Zuckmantel von 1936 sowie diverse Porträtbüsten. Als Gipfel des Obethschen Schaffens gilt indes das mächtige Denkmal des Entdeckers der Vererbungsgesetze Johann Gregor Mendel in Neutitschein von 1927, das in der Gestaltung seiner Figuren deutlich auf das Prießnitz-Denkmal Bezug nimmt. Weniger monumental als verspielt erscheint demgegenüber das 1923 geschaffene Denkmal für den mit Obeth befreundeten schlesischen Heimatdichter Philo vom Walde (Johannes Reinelt) in Leobschütz, dessen Breslauer Denkmal und Leob-schützer Grabmal ebenfalls von Obeths Hand stammen.
Die Vertreibung im Jahre 1945 brachte das abrupte Ende der produktiven Werkstatt. Josef Obeth und seine Ehefrau Anna fanden Zuflucht zunächst in Neunkirchen bei Ansbach, doch erwies es sich als schwierig, dort neue Aufträge für Bildhauerarbeiten zu erhalten. Obeths Freund Edmund Wilhelm Braun, vormaliger Direktor des Schlesischen Landesmuseums in Troppau, der nun als Konservator im bombenzerstörten Nürnberg wirkte, vermittelte ihm das Amt eines Skulpturenrestaurators am Germanischen Nationalmuseum. Im Jahre 1953 übersiedelte Obeth schließlich zu seiner Tochter nach Bad Säckingen, wo er erneut eine Werkstatt betrieb und bis fast zum Lebensende tätig blieb. Der nach kurzer Krankheit Verstorbene wurde auf dem Säckinger Waldfriedhof beigesetzt.
Josef Obeth gilt als die bahnbrechendste Künstlerpersönlichkeit der Freiwaldauer Region, in der er noch heute großes Ansehen genießt. Mit großer handwerklicher Meisterschaft verstand er es, seinen sich zwischen klassischem Ebenmaß und Expressivität bewegenden Figuren bei aller Monumentalität vielschichtige Symbolik zu verleihen und damit den Geschmack seiner Zeit zu treffen.
Lit.: Thieme-Becker, Bd. 25, 1931, S. 551. – R. Grimme: Josef Obeth. Ein schlesischer Bildhauer, in: „Altvater“, Nr. 6, 1999. – Bohumila Tinzova/Marian Cep, Sochař Josef Obeth, 1874-1961 život a dílo, Zemský archiv v Opavě, 2008.
Bild: Slezské zemské muzeum Opava.
Christian G. Kreller