Biographie

Raumer, Rudolf von

Die Familie von Raumer ist mit zahlreichen bedeutenden Mitgliedern als Elite-Familie in die deutsche politische und Kulturgeschichte eingegangen: die 2. Ausgabe der Deutschen Biographischen Enzyklopädie führt allein acht Angehörige dieser Familie auf. Stellvertretend seien genannt der Historiker Friedrich von Raumer (1781-1873), der Geologe und Pädagoge Karl von Raumer (1783-1873), der Jurist und preußische Kultusminister Karl von Raumer (1805-1859) und der Münsteraner Historiker Kurt von Raumer (1900-1982). Rudolf von Raumers Eltern waren der Geologe Karl v. Raumer und Friederike (1790-1869), die Tochter des Komponisten Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), sein Bruder war der Jurist Hans v. Raumer (1820-1851).

Rudolf v. Raumer besuchte die Gymnasien in Nürnberg und Erlangen und studierte seit 1832 Klassische und Orientalische Philologie sowie Geschichte in Erlangen, dann germanische Sprachen bei Jacob und Wilhelm Grimm in Göttingen, seit 1836 setzte er seine Studien in München fort bei H. F. Maßmann, F. W. J. Schelling und J. A. Schmeller. 1839 wurde er in Erlangen zum Doktor der Philosophie promoviert mit der Arbeit De servii Tulii censu. 1840 habilitierte er sich in Erlangen, war bis 1846 Privatdozent und lehrte seit 1846 als außerordentlicher, seit 1852 als ordentlicher Professor für deutsche Sprache und Literatur. 1858 und 1866 war er der Rektor der Universität Erlangen.

Von Raumer gehört zu den germanistischen Sprachwissenschaftlern zwischen der Gründergeneration in Zeit der Romantik und der junggrammatischen Schule. Er beschäftigte sich mit der Standardsprache seiner Zeit, engagierte sich seit 1855 in der Diskussion um die Orthographie und erhielt 1875 den Auftrag des preußischen Kultusministers, sich mit der Reform der deutschen Orthographie zu befassen. Seine Schwerpunkte in der akademischen Lehre waren die Geschichte der deutschen Sprache, das Nibelungenlied, aber auch neuere Literatur.

Unter seinen Schriften sei besonders genannt die Geschichte der Germanischen Philologie vorzugsweise in Deutschland, München 1870 (Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit). Das erste Buch behandelt Die Anfänge der germanischen Philologie bis zum Jahre 1665, das zweite Die germanische Philologie von der Herausgabe des Codex argenteus bis zum Auftreten der Romantiker, das dritte beschreibt den Zeitraum Vom Auftreten der Romantiker bis zum Erscheinen von Grimmss Grammatik und das vierte Die germanische Philologie vom Erscheinen von Grimm´s Grammatik bis zur Gegenwart (Nachdruck New York 1965).

Lit.: Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 8, S. 209. – Ulrich Wyss, in: Internationales Germanistenlexikon 1800-1950, Bd. 3, S. 1468 f. – Hartmut Schmidt: 1815. Rudolf von Raumer. Sprachwissenschaftler, in: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte. 22/2015, S. 175-179. – Wikipedia (abgefragt am 4.8.2017).

Bild: Kulturstiftung.

Harro Kieser, 2017