Biographie

Richthofen, Ferdinand Freiherr von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Geologe, Geograph
* 5. Mai 1833 in Carlsruhe/Oberschlesien
† 6. Oktober 1905 in Berlin

Der am 5. Mai 1833 zu Carlsruhe in Oberschlesien geborene Geologe und Geograph Ferdinand Freiherr von Richthofen, wurde zunächst von Hauslehrern erzogen und trat in das katholische Matthias-Gymnasium zu Breslau ein. Im Jahre 1850 besuchte er die Universität Breslau, wo er jedoch für seine naturwissenschaftlichen Neigungen noch nicht den richtigen Boden fand. Erst in Berlin (seit 1852) wandte er sich der Geologie zu. Am 13. Februar 1856 promovierte er mit einer Arbeit eine vulkanische Gesteinsart zum Dr. phil. Anschließend wandte er sich der Arbeit im Gelände zu, führte im Sommer 1856 eine geologische Aufnahme des südöstlichen Tirol durch und war danach (bis 1860) bei der k.u.k. Geologischen Reichsanstalt in Wien tätig. Drei Jahre lang arbeitete er in Tirol, Vorarlberg, Mähren, Ungarn und Siebenbürgen, und nicht weniger als 30 Veröffentlichungen, meist Vorträge, stammen aus jener Zeit. In Ungarn fand er in Fortsetzung seiner petrographischen Studien ein später in Amerika noch weiter ausgebautes Gesetz der Altersfolge vulkanischer Gesteine von bleibender Gültigkeit. Im Jahre 1860 erging an ihn der Ruf, eine preußische Gesandtschaft zum Abschluß von Handelsverträgen mit China, Japan und Siam unter der Leitung des Grafen Fritz von Eulenburg als Geologe zu begleiten. Bei dieser Gelegenheit gewann er die ersten Eindrücke für sein späteres großes Lebenswerk. Er besuchte Japan, China, Siam, Manila und die holländischen Besitzungen in Hinterindien sowie noch nicht bekannte Teile von Java. Im Jahre 1862 wandte er sich nach San Francisco. Sechs Jahre verbrachte er in Kalifornien, wo einige bedeutende Arbeiten entstanden sind.

Im Jahre 1868 gelang es Richthofen, seinen Plan einer geologischen und bergmännischen Erforschung von China zu verwirklichen. Die vier Jahre, die er in China verbracht hat, haben ihn zu Erfolgen geführt, die nicht nur die Kenntnis dieses Gebiets der Erde auf eine völlig neue und sichere Grundlage gestellt, sondern darüber hinaus die Wissenschaft um Entdeckungen von größter Tragweite bereichert haben. Die Ergebnisse dieser Forschungsreise hat Richthofen nach seiner Rückkehr nach Europa im Jahre 1872 in einem umfangreichen fünfbändigen Werk niedergelegt. Im Jahre 1875 wurde Richthofen als Professor der Geologie an die Universität nach Bonn berufen, doch trat er diese Stelle erst im Jahre 1879 an, nachdem er den ersten Teil seines Reisewerkes vollendet hatte. Seit Ostern 1883 wirkte er als Professor der Erdkunde an der Universität zu Leipzig, seit Oktober 1886 in gleicher Eigenschaft an der Berliner Universität. Mehrmals war Richthofen, so von 1873-1878, 1888-1890 und von 1892-1894, Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Erdkunde. Im Jahre 1899 war Richthofen Präsident des in Berlin tagenden Internationalen Geographen-Kongresses, 1903-1904 Rektor der Berliner Universität.

Richthofen hat als Morphologe Hervorragendes geleistet und einen besonderen Typ der Geographie entwickelt, indem er sie in der Wechselwirkung von den Erscheinungen der Erdoberfläche her bestimmte. Von besonderer Bedeutung sind ferner auch seine Untersuchungen über den geologischen Bau Chinas, über die dortigen Vorkommen der Steinkohle, den asiatischen Löß, den Goldreichtum von Kalifornien, um nur einige seiner Forschungsgebiete hervorzuheben. Wichtig sind auch seine Studien zur Siedlungsgeographie.

Außer zahlreichen Aufsätzen in Fachzeitschriften stammen aus der Feder des Gelehrten u. a. folgende größere Publikationen: „Geognostische Beschreibung der Umgegend von Predazzo“ (Gotha 1860), „Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nordtirol“ (1859, 1861), „Die Metallproduktion Kaliforniens“ (1865), „The natural System of volcanic rocks“ (San Francisco 1867), „China. Ergebnisse eigner Reisen und darauf gegründeter Studien“ (Berlin 1877-1883), dazu „Atlas“ (1865), „Aufgaben und Methoden der heutigen Geographie“ (Leipzig 1883), „Führer für Forschungsreisende“ (Berlin 1886).

Lit.: Schlesische Lebensbilder. Bd. I: Schlesier des 19. Jahrhunderts (Breslau 1922); Götz von Seile: Ostdeutsche Biographien (Würzburg 1955).