Biographie

Rohr, Moritz von

Herkunft: Posener Land
Beruf: Optiker
* 4. April 1868 in Longin/ Kr. Inowrazlaw
† 20. Juni 1940 in Jena

In preußischen Staatsdiensten waren vor allem Adelige tätig. Zu ihren gehörte auch die ursprünglich aus Bayern stammende Familie v. Rohr, die zu einem alten märkischen Adelsgeschlecht wurde. In der Mark Brandenburg sind sie seit 1304 nachgewiesen. Im 15. Jahrhundert waren sie eine der begütertsten Geschlechter in der Prignitz.

Die v. Rohr waren Beamte. Moritz Großvater Friedrich v. Rohr (1794-1853) war als preußischen Bergrat in Schlesien und Berlin tätig. Eine Besonderheit dieses Zweiges der Familie sind die Ehefrauen – es waren Kusinen. Friedrich heiratete 1822 Luise v. Rohr (1796-1873), Tochter des Georg Moritz v. Rohr aus Trieplatz in der Ost-Prignitz.

Ihr Sohn Louis Albert v. Rohr (1830-1887) heiratete seine direkte Kusine Marie v. Rohr (1837-1933), Tochter des Heinrich Moritz v. Rohr (1800-1888), des Bruders seines Vaters.

Louis v. Rohr absolvierte seine Ausbildung in Ostpreußen, heiratete 1864 in Insterburg und ging anschließend in die Provinz Posen, wo er später preußischer Distriktskommissar in der Kreisstadt Czarnikau (Czarników) wurde.

Im Jahr 1866 kam in Longin (Łążyn) ihre Tochter Klara (1866-1893) zur Welt. Zwei Jahre später wurde hier Louis Otto Moritz v. Rohr am 4. April 1868 geboren. 1874 folgten sein Bruder Heinrich und 1879 der Bruder Paul.

Über Moritz v. Rohrs Ausbildung ist bekannt, dass er das Königliche Gymnasium in Inowrazlaw (seit 1904 Hohensalza) besuchte. Nach dem Abitur studierte er Mathematik, Physik und Geographie an der Universität Berlin.

Seine Promotion zum Dr. phil. absolvierte er 1892 in Halle an der Saale. Seine Dissertation schrieb er „Über die Bestimmungen derjenigen Substitutionskoeffizienten als Funktion der Zeit, welche bei der Rotation miteinander verbundener Körper auftreten“.

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung arbeitete er als Assistent am Königlichen Meteorologischen Institut in Berlin, ehe er von der Firma Carl Zeiss angeworben wurde und 1895 als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Jena ging.

Zunächst arbeitete er in der Abteilung für Photooptik, ehe er dann 1899 persönlicher Assistent von Ernst Abbe (1840-1905) wurde. Abbe war seit diesem Jahr Alleininhaber der Firma Carl Zeiss. Er beauftragte Rohr mit der Berechnung von Mikroskopobjektiven.

Nachdem er seine Existenz nun gefestigt hatte, heiratete Rohr 1898 Marianne Erlam (* 26.7.1854 London, † 4.4.1927 Jena) in London. Ihre Ehe blieb jedoch kinderlos.

Im Jahr 1908 wurde Rohr wissenschaftlicher Leiter der neu geschaffenen Brillenabteilung. Rohr entwickelte und verbesserte in den folgenden Jahren zahlreiche optische Geräte und publizierte Beiträge zur Geschichte der Optik. Als Anerkennung seiner Arbeiten berief ihn 1913 die Universität Jena zum außerordentlichen Professor für Optik in der Medizin.

Im selben Jahr gründete Rohr die Zeitschrift für ophthalmologische Optik, die er bis zu seinem Tod herausgab. 1928 folgte dann die Gründung der Zeitschrift Forschungen zur Geschichte der Optik, die er ebenfalls bis zuletzt herausgab.

Auf all seinen Arbeitsgebieten berechnete er neue optische Systeme und darüber hinaus trug er zur Weiterentwicklung der theoretischen Grundlagen bei. Vor allen in der Brillenlehre ergänzte er die Grundsatzarbeit des schwedischen Augenarztes und späteren Nobelpreisträgers Allvar Gullstrand (1862-1930) gemeinsam mit ihm.

Die Entwicklung des Blasenspiegels (Zystoskop) ist unter seinen zahlreichen Verbesserungen für medizinisch-optische Instrumente besonders hervorzuheben.

Rohr erhielt für seine Arbeit zahlreiche Auszeichnungen. Im Jahr 1921 ernannte ihn die Optical Society of London zu ihrem Ehrenmitglied. 1926 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Die Universität Jena ehrte ihn 1922 mit dem Ehrendoktortitel Dr. med. h.c. Kurz vor seiner Pensionierung im Jahr 1935 verlieh ihm die Preußische Akademie der Wissenschaften 1934 die silberne Leibniz-Medaille.

Moritz von Rohr starb am 20. Juni 1940 in Jena. Sein Nachlass befindet sich heute im Optischen Museum Jena, um das er sich zu Lebzeiten als Geschäftsführer verdient gemacht hatte. Nach ihm ist eine Straße in Jena benannt.

Lit.: Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser, Uradel, Gotha 1903, Vierter Jahrgang, S. 777. – A. König, Moritz von Rohr, Naturwissenschaften 28 (1940), S. 657 f. – Jörg Zaun, Rohr, Louis Otto Moritz v., in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 22, Berlin 2005, S. 3.

Bild: Andrew Gasson Contact Lenses.

Martin Sprungala