Trude Rosner-Kasowski gehört zu jenen deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts, die unter den Folgen der Vertreibung der Deutschen aus Schlesien besonders zu leiden hatten. Sie war zum Zeitpunkt der Vertreibung 47 Jahre alt. Innerhalb weniger Stunden ausgewiesen, mußte sie nicht nur all ihr persönliches Hab und Gut in Schlesien zurücklassen, sondern auch ihr gesamtes künstlerische Oeuvre und ihr Arbeitsmaterial. Sie landete vollkommen mittellos in Niedersachsen als arme, unbekannte Malerin in einer völlig fremden Umgebung. Von ihrer künstlerischen Reputation war in der neuen Umgebung nichts bekannt; sie hatte keine Arbeiten, mit denen sie sich hätte ausweisen können. Bis zum heutigen Tage ist das Werk, das in Schlesien entstand, verschollen. Wir kennen nur rund 250 Arbeiten, die zwischen der Ankunft in Niedersachsen 1946 und ihrer Erblindung 1967 entstanden. Somit ist uns nur ihr Spätwerk bekannt, das mit billigstem Material gearbeitet wurde, meist in Aquarellfarbe auf Tapete, selten mit Ölfarbe auf Karton. Mit Porträtzeichnungen in Rötel auf Karton oder Papier verdiente sie sich einen kärglichen Lebensunterhalt.
Trude Kasowski studierte an der renommierten Breslauer Kunsthochschule, wahrscheinlich noch bei Eduard Kämpffer, bei dem sie wohl ihre hervorragende Zeichenkultur erlernte, und bei Otto Mueller, dessen expressive Malweise in ihren Landschaftsbildern anklingt.
Die Künstlerin heiratete jung den Juristen Rosner. Die zu Anfang sehr glückliche Ehe wurde bald geschieden. Trude Rosner-Kasowski, wie sie ihre Bilder signierte, verbrachte die Sommer im ostpreußischen Nidden auf der Kurischen Nehrung und die Winter im schlesischen Gebirge. Mitte der 30er Jahre zog sie in das kleine Dorf Buchteich-Rückers, oberhalb von Bad Altheide in der Grafschaft Glatz. Sie hatte ein geräumiges Atelier in einem Bauernhof, malte vor allem Landschaftsbilder, die sie im nahen Bad Altheide verkaufte, bemalte gelegentlich Holzteller, die unter den Touristen regen Absatz fanden, und führte ein gesichertes Leben dank der finanziellen Unterstützung durch ihren geschiedenen Mann.
Dieses Dasein endete jäh mit der Vertreibung. Zusammen mit ihrer Mutter kam Trude Rosner-Kasowski zuerst ins Emsland nach Groß Hesepe. Freundliche Menschen beschafften ihr eine Staffelei und Malutensilien, und sie zog “in schweren Schnürstiefeln” ins Moor und malte die trostlose Landschaft. Eines der ersten Bilder, die Trude Rosner-Kasowski in Niedersachsen schuf, war eine Moorlandschaft bei Geestmoor, mit Ölfarben auf Karton ausgeführt. Es entstand eine einfache, doch dynamische Komposition, in der die Farbe dem Bild Bewegung, Weite und Struktur gibt. Man erkennt an diesem Gemälde sofort, daß die Künstlerin vorzüglich mit Ölfarben umgehen konnte und über eine große Erfahrung mit diesem Medium verfügte. Sie konnte sich aber die kostspielige Ölfarbe nicht auf Dauer leisten, und so entstanden mehr und mehr Aquarelle. Auch in dieser Technik brillierte Trude Rosner-Kasowski. Sie arbeitete oft in Streifenkompositionen, schuf Räumlichkeiten durch diagonale Farbstreifen, schien gesehene Natur darzustellen, komponierte aber sehr exakt und gekonnt. Mit anderen Farbklängen erzeugte sie immer wieder neue Stimmungen der Landschaft.
Mitte der 50er Jahre wagte die Künstlerin sehr kühne, expressive Bilder. Sie setzte mit dicken schwarzen Pinselstrichen kompositorische Akzente und füllte die Flächen mit fein abgestimmten, doch kräftigen Farben. Sie näherte sich der gegenstandslosen Malerei.
In Niedersachsen war Trude Rosner-Kasowski eine Malerin der Moore, der Küste und der See geworden. Daneben entstanden Auftragsporträts, die meist in recht konventioneller Rötelzeichnung ausgeführt sind. Nur einige wenige freie Bildniskompositionen sind bekannt, die jedoch im Gegensatz zu den Auftragsporträts eine frappierende Ausdruckskraft haben. In diesen Bildern ist die Schulung bei Otto Mueller unverkennbar. Als dritte Werkgruppe ist das Stilleben zu nennen. Meist steht der Wiesen- oder Gartenblumenstrauß in einer blauen Vase, die wohl zu ihrem spärlichen Besitz zählte. Trude Rosner-Kasowski malte die Blüten in den frühen 50er Jahren so leicht und duftig, daß sie ein wenig an Renoir erinnern. Bald aber wurde das Blumenbild zum Stilleben, indem Gefäße und andere Versatzstücke eine wohlüberlegte Komposition formen und der Hintergrund durch eine gemusterte Gardine oder ein Fenster Bildwirkung bekam, und so an die in der Breslauer Kunstakademie, besonders von Oskar Moll gepflegte Stillebenmalerei angeknüpft.
Trude Rosner-Kasowski hat das, was sie auf der Breslauer Kunstakademie erlernen konnte, vorzüglich genutzt und in ein eigenständiges Oeuvre umgesetzt. Bedauerlicherweise ist eben nur ihr beachtliches Spätwerk bekannt, das sie zwischen Vertreibung und Erblindung schuf. Sie hat es nicht verstanden, für sich die nötige Reklame zu machen, so daß auch dieses Rest-Oeuvre in Vergessenheit zu geraten droht.
Lit.: Gerhard Wietek: 200 Jahre Malerei im Oldenburger Land, Oldenburg 1986, S. 270. – Idis B. Hartmann: Zum künstlerischen Werk von Trude Rosner-Kasowski, in: Katalog der Ausstellung: Trude Rosner-Kasowski 1899-1970– Werke aus dem Nachlaß– Ausstellung im Künstlerhaus Jan Oeltjen vom 13. März bis 13. April 1998, S. 12-16.
Bild: Selbstporträt (undatiert), Rötel auf Tapete, Privatbesitz, aus: Ausstellungskatalog 1998.
Idis B. Hartmann