Laurentius Scholz von Rosenau stammte aus einer bemittelten Familie, die in Breslau ansässig war. Sein Vater war Arzt (nach manchen Quellenschriften Apotheker). Nach dem Besuch des St. Elisabeth-Gymnasiums in seiner Vaterstadt studierte Laurentius Scholz in den Jahren 1572 bis 1576 an der Universität zu Wittenberg. Seine medizinischen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse erlangte er an den besten Universitäten Italiens, in Padua und Bologna. Im Jahre 1579 unternahm er mit seinen Kollegen Nikolaus Rediger, Martin Schilling und Daniel Hesler eine Reise durch Italien. Ihr Weg führte sie nach Rom, Neapel, Florenz und Mailand. Hier kam er mit bedeutenden Wissenschaftlern zusammen. Als feinfühliger Mensch empfand er stark den Reiz der italienischen Landschaft und bewunderte die dortigen Kunstwerke. Von Mailand ging Scholz in die Schweiz und dann nach Südfrankreich, wo er an der Universität in Valence zum Doktor der Philosophie und der Medizin promoviert wurde. 1580 kehrte er nach Breslau zurück und heiratete im selben Jahr Sara, die Tochter des verstorbenen Pastors von St. Elisabeth, Johannes Aurifaber. Das junge Paar siedelte nach Freystadt, etwa zehn Kilometer südwestlich der Oder bei Neusalz gelegen, um, wo Scholz in den Jahren 1580 bis 1585 als Arzt tätig war. Doch erst nach der endgültigen Rückkehr der mit zwei Kindern gesegneten Familie nach Breslau öffnete sich dem begabten Arzt der Weg zur Karriere.
In seiner Vaterstadt ging Scholz seiner ärztlichen Praxis nach und befaßte sich nebenbei mit Botanik, die ihn faszinierte. Hier bekleidete er das Amt des Stadtphysikus, in dem er um 1588 außerordentlich wirksam die Pest bekämpfte. Zudem unterhielt er einen Garten mit Pflanzen, die für die Medizin von Nutzen waren. In Breslau bestand bereits der Garten des Apothekers Johann Woyssel, den dieser mit Heilpflanzen bebaute. Der Garten des Doktor Scholz wurde, was den Reichtum an Pflanzen und die Menge von Arten der Heil- und Zierpflanzen anbetraf, zu einer der größten Raritäten Schlesiens. Er hatte für ihren Schöpfer nicht nur medizinischen Nutzen, sondern war für ihn auch “ein Paradies für irdische Freuden”. Der Entschluß, einen Botanischen Garten einzurichten, ging wahrscheinlich auf seine Studienzeit in Padua zurück, wo seit 1533 der erste Lehrstuhl für Botanik in Europa bestand.
Scholzens “Hortus Medici” orientierte sich an den italienischen Gärten, vor allem dem paduanischen. Der Garten war viereckig, durch Wege in vier Quartiere geteilt. An den Wegen wuchsen Zierbäume und Ziersträucher. Das erste Quartier war mit Zierpflanzen bewachsen, unter denen die größte Anerkennung ein Rosarium erregte. Auf der Seite befand sich ein Viridarium (Gewächshaus). Das zweite Quartier stellte die Hauptattraktion dar. Dort befanden sich Beete mit Pflanzen, die in der Medizin verwertet wurden. Das dritte Quartier war ein Labyrinth mit verschlungenen Wegen, umrahmt von Spalieren aus verschiedenen Klettergewächsen. Im vierten Quartier gab es einheimische Pflanzen und Obstbäume. Im Hintergrund befand sich der Melonen- und Rebengarten. Den Garten schmückte eine Grotte, ein Weiher mit Springbrunnen, eine Orangerie mit klimatisierten Pflanzen, Vogelhäuser und verschiedene Arten von Kunstwerken aus Marmor und Sandstein. Fresken auf italienische Art zierten die Mauer über der Orangerie. Darunter befand sich eine Kopie der “Lukrezia” von Lukas Cranach, und weiter gab es Reliefs mit Szenen aus der Bibel und der antiken Welt. Wunderschöne Taxushecken umfaßten die ganze Herrlichkeit. Neben dem Wintergarten befand sich das Natur-Museum mit Samen, Exemplaren von trockenen Bäumen und Sträuchern. Der Pflanzenbestand war katalogisiert. Der erste Katalog vom Jahre 1587 unter dem Titel: Lautentii Scholzii M. D. Hortus Vratislaviae situs et rarioribus plantis consitus cum catalogo botanico, herausgegeben von Johann Scharfenberger in Breslau, ist im 19. Jahrhundert abhanden gekommen. Er wies ungefähr 240 Pflanzen auf. Der zweite vom Jahre 1594 unter dem Titel: CatalogusArborum, Fruticum ac Plantarum, tam indixenarum quam exoticarum Horti Medici D. Laurenti Scholzi Medici Vratis. Vratislaviae Anno Christi 1594, wurde im Verlag Georg Baumanns (Senior) in Breslau herausgegeben. Er befindet sich in der Sammlung der Breslauer Universitäts-Bibliothek (sygn. HsR. 2177). Er enthält, alphabetisch geordnet, 203 Arten.
In Scholzens Garten konnte man wenig bekannte landwirtschaftliche Pflanzen wie Lupine, Artischocken, Klee finden. Von seinen spanischen Freunden aus Südamerika bekam Doktor Scholz die Sonnenblume (Sonnenrose), Tomate und Paprika. Einzigartig war die Pflanze des indianischen Tabaks, der erst viele Jahre später in Europa angebaut wurde. Noch mehr Bewunderung fanden die peruanischen “Papas”, d. h. Kartoffeln, die angeblich Francis Drake 1586 nach England gebrachthatte und die später von König Friedrich dem Großen als Hauptnahrungsmittel in Preußen empfohlen wurden.
Scholz besaß auch eine große Sammlung von Zierpflanzen(Tulpen, Mohn, Narzissen, Schwertlilien, Veilchen, Lilien,Hyazinthen, weiße Nelken). Im Garten wuchsen auch Pfirsichbäume, Aprikosen, Feigen, Granatbäume, Nüsse, Pistazien und türkische Weintrauben. In seinem Besitztum organisierte Scholz unter dem Namen “Floralia Vratislaviensis” Treffen der Breslauer Elite. Die Feste hatten den Charakter Platonischer Symposien. Festlich geschmückt waren die Tafeln und Becher. Der Gastgeber kündigte im voraus an, “alle Sorgen und Verdruß zu Haus zu lassen und bat höflich nur Heiterkeit und Frohmut zum Fest zu bringen”. Die Floralia begannen mit einem Spaziergang im Garten, wobei Scholz die interessantesten Pflanzen seiner Sammlung vorstellte. Danach bat er die Gäste zum Schmaus. Es erschienen Vertreter der vortrefflichsten Patrizierfamilien, Ärzte wie Johann Crato von Crafftheim, Andreas Dudycz, Kasper Cunradus, Johann Ferschius.
Nach dem Tod von Doktor Scholz gingen die “Floralia Vratislaviensis” ein, der Garten verkümmerte und verschwand. Auf dem Platz wurden Häuser gebaut.
Während seines ganzen Lebens sammelte Scholz Manuskripte und Korrespondenzen bedeutender italienischer und schlesischer Ärzte des 16. Jahrhunderts, bearbeitete sie, um sie herauszugeben. 1589 publizierte er eine Anthologie auserwählter Auszüge aus dem Werk griechischer, arabischer und auch zeitgenössischer Ärzte (Aphorismorum medicinalium cum theoreticorum practicorum omnibus sectionesocto.Collecta studio et opera Laurentii Scholzii Vratisl. Philosophiae et Medicinae Doctoris. Vratislaviae. Per Haeredes Johannis Scharffenbergii. Anno 1589). Scholz bearbeitete und gab auch zwei Abhandlungen seines Professors, des Philosophen und Arztes an der Universität zu Padua, Hieronimus Capivaccius heraus (Hieroniymi Capivaccii Philosophi atque Medici Patavini celeberrimi Opus-culum de doctorinam differentis, sive de Methodis, logicis, philosophis, Theologis, Iureconsultis, atque Medicis pernecessarium, nuncquam Antenae in Germania editum …cum Praefatione D. Laurentii Scholzii, Medici Vratisl. Frankofurti ad Moenum 1594, De urynis tractatus, nunc primum plane recensex bibliotheca D. Laurentii Scholzii Medicie Vratisl. in lucem prodiens. Zerbst, excudebat Bonaventura Faber 1595). Eine Auswahl von Briefen, ärztlicher Notizen und Beratungen des Johann Crato von Crafftheim wurden von Scholz 1595 publiziert (Consiliorum et Epistolarum Medicinalium I0Cratonis a Crafftheim Archiatri Caesarei Liber primus.Studio et labore Laurentii Scholzii Medici Vratisl. in lucem editus. Francofurti apuc Andrea Wechels haeredes, Claudium Marmium et Joanii Aubrium 1595). In seiner regen editorischen Tätigkeit förderte er noch vieles andere zutage. Beachtenswert ist der von Scholz publizierte einzigartige Quellenstoff zur Geschichte der Medizin im Renaissance-Zeitalter in Schlesien, der auch die humanistische Kultur des damaligen ärztlichen Milieus erkennen läßt. Er liegt in zwei Folianten vor (Consiliorum medicinalium, coscriptorum a praestantiss atque exercitatiss. nostrorum temporum medicis liber singularis … nunc primum studio et opera Laurentii Scholzii a Rosenaw … in lucem editus. Francofurtii ad Moenum apud a. Wecheli haeredes 1598, Epistolarum philosophicarum, medicinalium ac chymicarum a summis nostre aetatis philosophis ac medicis exaraturam, volumen … nunc primum labore ac industria Laurentii Scholzii a Rosenaw … foras datum. Francofurti ad Moenum apud A. Wecheli haeredes 1598).
Laurentius Scholz wurde 1596 geadelt und seitdem unterschrieb er als “Scholz von Rosenau”. Drei Jahre danach ereilte ihn der Tod. Er starb im Alter von 47 Jahren in Breslau an Tuberkulose. Doktor Laurentius Scholz war ein Mann von großer Kultur und Liebhaber der Botanik. Sein bleibendes Verdienst liegt auf dem Gebiete des Sammelns, Ordnens und Klassifizierens. Charakteristisch für ihn ist, daß er seinem Namen immer “Silesius” hinzufügte.
Quellen und Lit.:M. Hankius: Vitae Silesiorum eruditorem 1500-1620 (Manuskript). Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu, syg. Akc. 614/1949, Bd. 37. – In Homorem nuptiarum reverendi et docti Viri M. Christophori Scholzii Sponsi et Spectatissimae ac Pudicissimae Virginis Annae mariae, clarissimi et excellentissimi viri HD. Laurentii Scholtzii a Rosenau, Philosophiae et Medicinae Doctoris celleberrimi, in inclyta urbe Vratislavia Silesiorum Metropoli, filiae relictae Sponsae dedicatum a Georgio Friderico, nepote Vratisl. Boni omnis et gratudinis erga. Vratislaviae in Officina Typographica Georgij Baumanni MDCI. – Paramythia. Ad Reverendum et Clarissimum Virum D.M. Christophorum Scholzium Vratislaviae ad D. Elisabetae Ecclesiasten […] Annae Mariae Excellentiss. Viri D. Laurentii Scholzii pie defunctate VI ID. Quintilis MDCIII. – Prosphoneseis Amicorum. Ad Praestantissimum Virum D. Laurentium Scholzium Vratislaviensem silesium dum ipsi in Celeberrima ac Vetustissima Basileensium Academia sub Decurionatu Spectabilis et Clarissimi D.D. Johannis Nicolai Stupani Theorices Proffessoris ordinarii Promotore Philosopho ac Medico Excellentis. D. D. Thoma Coccio Doctori in Arte Medica honores conferrentur die 21 Februar. Basileae ex officina Johannis Schoroeteri MDCIX. – J.H.C. Cunradi: Silesia togata sive Silesiorum et virtutibus clarissimorum, Elogia, Singulis distichis comprehensa quibus Dies omnium natales et emortuales, officiorumque ab ipsis gestorum Tituli subjunguntur, edit Caspar Theophil Schindlerus, Lignicii 1706, S. 273. – B. Exneri: Anchora utriusque vitae, Hanoviae MDCXIX, S. 57. – A.W.E.T. Henschel: Jatrologiae specimen primum exibens brevissimam medicorium Silesiorum saeculi XIII ad XVI notitiam cui catalogus medicoru silesiae recentiorum eorumque celebriorum adiectus est prodromus, Wratislaviae 1847, S. 31. – Ders.: Zur Geschichte der botanischen Gärten und der Botanik überhaupt in Schlesien im XV. und XVI. Jahrhundert, Berlin 1837, S. 20-21. – Schlesische Kern-Chronicke Anderer Theil oder fortgesetzte und mehr ausgeführte Nachricht von Schlesischen Geist- und weltlichen alten neuen Geschichten, T. 2, Frankfurt 1711, S. 701. –Ch. G. Jöcher: Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 4, Leipzig 1751, S. 326. –Ders.: Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste welche bisher durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, Bd. 35, Leipzig 1743, S. 982. – J.E. Scheibel: Geschichte der seit dreihundert Jahren in Breslau befindlichen Stadtbuchdruckerei als ein Beitrag zur allgemeinen Geschichte der Stadt Breslau von ihrer Gründung bis auf die neueste Zeit, Breslau 1851, S. 90. – S. Kurtzmann: Laurentius Scholz und der erste botanische Garten in Breslau 1588-1599, in: Schlesische Provinzialblätter, Bd. 5, Breslau 1866, S. 457. – T. Lindner: Johan Matthäus von Wackerfels, in: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Althertum Schlesiens, 1867, S. 324. – J. Graetzer: Lebensbilder hervorragender schlesischer Aerzte aus den letzten vier Jahrhunderten, Breslau 1889, S. 26-28. – Ferdinand Cohn: Laurentius Scholz von Rosenau, In: Allgemeine Deutsche Biographie 32, Leipzig 1891, S. 229 ff. – S. Szpilczyński: Kultura medyczna na Dolnym Śląsku w przezłości [Die medizinische Kultur in Niederschlesien in der Vergangenheit], in: Sobótka, Bd. 25, Nr. 3, 1970, S. 833. – Ders.: Ślący lekarze w XVI wieku. 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Włodzimierz Kaczorowski