Von Insterburg wurde der Vater bald nach Königsberg versetzt, wo Hugo Schroeder im Konfirmandenunterricht und im Elternhaus dem späteren Gründer der Freien Gemeinde in Königsberg, Julius Rupp (1809-84), begegnete. Nach dem Abitur in Berlin studierte er an den Universitäten Breslau und Berlin Jura. Nach der Aufbildung (Referendarexamen 1850, Assessorexamen 1854) war er vorübergehend Hilfsarbeiter bei der Eisenbahndirektion der Ostbahn in Bromberg (1855-56), bevor er als Staatsanwalt in Suhl (Thüringen) und Wittenberg (Elbe) arbeitete (1856-62). Im Jahre 1862 wurde er zum ersten Mal für die liberale Deutsche Fortschrittspartei in das Preußische Abgeordnetenhaus in Berlin gewählt.
Im Streit um die Kosten der Heeresreform, der zum politischen Aufstieg Bismarcks führte, gehörte Schroeder gleich am Anfang seiner parlamentarischen Tätigkeit zu den Abgeordneten, die auf der Regierungsbank unliebsam auffielen, weil sie die steigenden preußischen Militärausgaben ablehnten. Als er deshalb dienstlich vor die Wahl gestellt wurde, seine parlamentarische Arbeit oder seine berufliche Stellung aufzugeben, schied er aus dem Staatsdienst, blieb aber weiter im Abgeordnetenhaus und arbeitete daneben ab 1862 in Berlin im wesentlichen als Journalist an der National-Zeitung. Bis 1877 blieb er Mitglied des Abgeordnetenhauses. In der “liberalen Ära” in Preußen konnte er wieder in den Staatsdienst zurückkehren, wurde zunächst Stadtgerichtsrat in Berlin (1875) und dort schon bald Kammergerichtsrat (1877). Anschließend wechselte er um 1880 an das Berliner Verwaltungsgericht, wo ihm der Titel eines Geheimen Justizrats verliehen wurde. In den Jahren 1874 bis 1877, 1881 bis 1884 und 1890 bis 1898 gehörte er dem Reichstag als Mitglied der Nationalliberalen Partei, dann der Liberalen Vereinigung und schließlich der Freisinnigen Vereinigung an.
Schroeders politisches Wirken war geprägt von seinem entschieden evangelischen Christentum. Schon 1862 trat er dem freisinnigen Berliner “Unionsverein” bei, für dessen Angliederung an den im Jahre 1863 in Frankfurt (Main) gegründeten “Protestantenverein” er eintrat. Als 1874 der “Protestantenverein” seinen Sitz von Heidelberg nach Berlin verlegte, wurde er in den Vorstand berufen und leitete ihn schließlich 16 Jahre lang (1880-96). Trotz seiner ausgeprägt liberalen Gesinnung trat er als Realpolitiker für die Einführung der mit Mängeln behafteten neuen preußischen Kirchenverfassung ein, um so das kirchlich-liberale Bürgertum für die Mitwirkung in der Kirche zu gewinnen und mit seiner Hilfe im Laufe der Jahre die Kirchenverfassung verbessern zu können. Aufgrund seiner herausragenden Stellung wurde er auch in viele kirchliche Gremien gewählt. So war er lange Jahre Mitglied der Berliner Kreissynode, der brandenburgischen Provinzialsynode und Vorsitzender der Berliner Stadtsynode (1881-90). In dem von der deutschen Kaiserin gegründeten “Kirchlichen Hilfsverein” setzte er sich stark für den Bau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin ein.
Im Reichstag und in kirchlichen Gremien trat Schroeder immer wieder warnend gegen den möglichen Zusammenschluß der evangelischen Landeskirchen zu einer deutschen Nationalkirche auf, warnte vor den Gefahren des orthodoxen Protestantismus und des erstarkenden Antisemitismus und wies schließlich auf die unschönen Szenen im Reichstag bei der Debatte um die Aufhebung des Jesuiten-Gesetzes hin (1886 oder 1887). Wenngleich Schroeder nicht zu den “großen Persönlichkeiten” seiner Zeit zählte, so hat er doch über viele Jahre und an vielen Stellen, besonders als Vorsitzender des “Protestantenvereins”, für eine ihm sinnvoll erscheinende Fortentwicklung der evangelischen Kirche und des Staates gewirkt, wobei er immer wiederseine entschieden liberale Grundeinstellung durchzusetzensuchte.
Lit.: Bernhard Mann [Bearb.]: Hdb. f. d. Preuß. Abgeordnetenhaus 1867-1918 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus u. d. politischen Parteien, 3), Düsseldorf 1988, S. 353, Nr. 2100 –– Hermann Kalkoff [Hg.]: Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstages u. d. Einzellandtage, Berlin 1917, S. 126, 239-240 –Nachtrag zum Amtl. Reichstags-Hdb., 8. Legislatur-Periode 1890/95, S. 17-18; Amtl. Reichtstags-Hdb., 9. Legislatur-Periode 1893/98, S. 237 – Max Schwarz [Hg.]: MdR, Biogr. Hdb. d. Reichstage, Hannover 1965, S. 457 – Würdigung in: Protestantische Zeitstimmen 10, 1896, S. 41-53 (ND aus: Evang. Gemeinde-Bote v. 20.9.1896, S. 305 ff.) – Nachrufe in: Biogr. Jb. u. Dt. Nekrolog 4, 1899, S. 167-168 (Kohlschmidt); Dt. Protestantenblatt 32, 1899, Nr. 44 v. 27.10.1899, S. 353-354 (C. Werckshagen); Protestant 1899, Nr. 40, Sp. 759-760.
Klaus Bürger