Am 22. August 1902 wurde Gerhard Schwarz im Lehrerhaus zu Reußendorf, Kreis Waldenburg, in Schlesien geboren. Schon als Kind fasziniert von Tönen und Klängen, entdeckt er die Musik auf eigene Faust. Er lernt, weitgehend ohne fachliche Anleitung, im intensiven Selbststudium Klavier- und Orgelspielen.
Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Waldenburg studiert er von 1923-28 in Berlin-Charlottenburg an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik. Hier erhält er eine qualifizierte Ausbildung als Organist und Komponist.
Wichtig für seine weitere menschliche und musikalische Entwicklung ist die Begegnung mit Fritz Jode, dessen Assistent er wird. Die Beziehung zur Singbewegung, die Schwarz auch durch Kontakt zu Walther Hensel und zur schlesischen Singbewegung vertieft, verändert bzw. erweitert sein musikalisches Weltbild und beeinflußt sein kompositorisches Schaffen. Das Volkslied wird als wertvoller Bestandteil der Musiktradition verstanden und als Ausdruck menschlicher Grundbefindlichkeiten erlebt und neugestaltet. In vielen Lied- und Chorkompositionen bringt Schwarz in künstlerisch eigenständiger Form die Intentionen der Singbewegung zum Ausdruck. Sehr bekannt und viel gesungen wurde sein Chorzyklus „Kleiner Kalender“ nach Gedichten von Josef Weinheber.
1928/29 wird Schwarz Organist an der Neuen Kirche in Berlin. 1929-35 leitet er die Evangelische Schule für Volksmusik und die Berliner Kirchenmusikschule im Johannisstift in Berlin-Spandau. Bis 1941 ist er dann in der Singbewegung und als Komponist tätig. Nach dem Krieg ist er, bis zur Vertreibung im Jahr 1947, als Organist in Waldenburg. 1947/48 arbeitet er als Landessingwart der Kirchenprovinz Berlin-Brandenburg und als Dozent an den Musikhochschulen Berlin und Leipzig. Ab 1949 ist Schwarz Organist an der Johanniskirche in Düsseldorf und Direktor der Kirchenmusikschule der Rheinischen Landeskirche. Von 1950 bis 1967 wirkt er außerdem als Dozent für Orgel und Improvisation an der Kölner Musikhochschule, 1961 zum Professor ernannt. Seit 20 Jahren lebt er in Göttingen im Ruhestand und widmet sich seinem kompositorischen Schaffen.
Als Komponist steht Schwarz, auch nach seiner eigenen Einschätzung, im Spannungsgeld zwischen der Singbewegung und der neuen Musik. Der Zwölftonmusik hat er sich nie verschrieben, eher sieht er sich in der Nähe von Strawinsky und Bartok, die aus einer profunden Kenntnis der Volksmusik ihrer Heimat und aus der emotionalen Nähe zu dieser musikalischen Herkunft kunstvolle Musikwerke gestalteten. Ein beispielhaftes Werk dieser Art ist Schwarz‘ „Eichendorff-Liederbuch“, das 1978 bei den Bergisch-Schlesischen Musiktagen uraufgeführt wurde. Den wesentlich größeren Teil seines Werkes macht allerdings die geistliche Musik aus, speziell Musik für den liturgischen Gebrauch. Durch Bläser- und Orgelsätze zum Evangelischen Gesangbuch, durch Choralvorspiele und Improvisationen, die zum Teil der Rundfunk aufnahm, wurde er vor allem in seiner Kirche bekannt. Die Improvisation ist für Schwarz eine wichtige Weise, Erfahrungen zu machen, sich aufzuschließen für Neues. Er ist überzeugt, daß sich dem improvisierenden Musiker intuitiv neue Dimensionen erschließen können, sowohl im musikalischen als auch im religiösen Bereich. Lange Zeit beschäftigt sich Schwarz schon mit dem Psalmensingen: von der intensiven Auseinandersetzung mit der lateinischen Form im gregorianischen Choral, den er in der schlesischen Benediktinerabtei Grüssau kennenlernte, über die Begegnung mit den französischen Psalmvertonungen des Jesuiten P. Joseph Gelineau bis zu zahlreichen eigenen, improvisatorische Elemente einschließenden Vertonungen des deutschen Psalters. Sie sind teilweise im Bärenreiter-Verlag veröffentlicht worden. Zahlreiche, auch unveröffentlichte Werke schrieb Schwarz für die evangelische Kommunität Imshausen, der er sich eng verbunden fühlt. Neben schlichter liturgischer Gebrauchsmusik entstanden auch größere geistliche Werke, z.B. der „Sonnengesang des Franz von Assisi“ und „Das Lob Gottes“ nach Worten des Matthäusevangeliums.
Lit.: MGG (Enzyklopädie Musik in Geschichte und Gegenwart), Bd. 12, Basel-London-New York 1965; Riemann Musiklexikon – Personenteil, Mainz 1961; und Ergänzungsband, Mainz 1975; Schwarz, Gerhard, Eine Selbstdarstellung. Von der Singbewegung zur neuen Musik, in: Pankalla, G./Speer, G. (Hrsg.), Zeitgenössische schlesische Komponisten, Dülmen o.J.; Speer, Gotthard, Laudatio für Gerhard Schwarz anläßlich der Verleihung des Kulturpreises Schlesien des Landes Niedersachsen 1984 in Hannover.