Biographie

Schwarz, Wolfgang

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Schriftsteller, Dramaturg
* 15. Mai 1916 in Tarnowitz/Oberschlesien
† 31. Januar 2012 in Landau

„Bei Wolfgang Schwarz ist alles aus dem Innersten erlebt und aus christlichem Ethos bewältigt, gestaltet zu einer dichterischen Vollendung, die ihn mit seinen lyrischen, erzählenden und dramatischen Schriften in die erste Reihe der deutschen Dichter der Gegenwart stellt“ – so ist nachzulesen in der Vierteljahresschrift der Stiftung Schlesien I/1960.

Wolfgang Schwarz wurde am 15. Mai 1916 in Tarnowitz/Oberschlesien geboren, studierte Germanistik, Altphilologie und Philosophie in München, Berlin, Neapel und Breslau, wo er auch als Dramaturg am Schlesischen Rundfunk tätig war. Während des Zweiten Weltkrieges war er Kommandeur einer Kosaken-Schwadron in der Armee Wlassow. Von den Russen wurde er zunächst zum Tode verurteilt, kehrte nach neun Jahren sibirischer Gefangenschaft heim. Er wurde in Landau/Pfalz ansässig und war Professor an der Pädagogischen Akademie in seinem Wohnort.

Immer ist es das russische Problem, das ihn in seinen Bann zieht, darüber bewegen Schwarz die Ost-West-Beziehungen und die Fragen Europas. Aus dem oberschlesischen Grenzland stammend, bemüht er sich um das Verständnis des slawischen Menschen. Die Erzählung „Die unsichtbare Brücke“ (1958) gemahnt allegorisch an die Völkerverständigung. Zudem gab er russische Lyrik, „Die zerbrochene Leier des Ostens“ (1956), und Briefe russischer Menschen, „Dies Land ist weit“ (1959), heraus. Die Beispiele deutsch-russischer Versöhnung fügen sich in den Glauben ein, „daß es trotz allem sinnvoll war, trotz der Katastrophe und der nunmehr undurchschaubaren Zukunft ein Akt voraus denkenden Geistes, jenen Einklang zu schaffen, der zwischen Deutschen und Russen untergründig besteht.“ Bereits 1955 erschien der Roman „Des Ostwinds eisiger Psalm“, in dem seine schlimmen Jahre in der Gefangenschaft beschrieben werden, wie auch im Schauspiel „Lubljanka-Ballade“ (1956). Der Roman „Der arme Odysseus“ (1959) behandelt das tragische Ende eines in seine Heimat zurückkehrenden Russen. Das Raskolnikow-Thema von Dostojewski behandelt er in dem Drama „Die anderen und wir“.

Seine Kriegserlebnisse schildert Wolfgang Schwarz aber auch sehr eindringlich in dem im Jahr 1976 erschienenen und 1984 wieder aufgelegten Buch „Kosaken – Kampf und Untergang eines Reitervolkes“, das von Bernhard Enden besprochen wurde und wo u. a. nachzulesen ist: „Am Ufer des Asowschen Meeres stellte Wolfgang Schwarz im Herbst 1943 aus mit dem Sowjetsystem unzufriedenen Landeseinwohnern und Soldaten der Roten Armee, die dem Grauen der Kriegsgefangenenlager entrinnen wollten, seine Freiwilligenschwadron auf. Im Rahmen einer deutschen Sicherungsdivision machte sie Märsche und Kämpfe im Strudel des deutschen Rückzuges aus dem Kaukasus mit. Über den Don, durch die Nogaische Steppe, über den Dnepr, Bug, Dnjestr ging es zu Pferd und Wagen bis nach Rumänien. Im Bahntransport gelangte die 1. Leichte Schwadron der Freien Kosaken über das Elsaß und den Schwarzwald 1944 nach Kroatien zur Kosaken-Kavallerie-Division des Generalleutnants von Pannwitz, eines Oberschlesiers. Diese war damals das Sammelbecken der meisten freiwilligen russischen Reiterformationen. Im Land zwischen Drau und Save führte dieser Verband einen Privatkrieg mit Titos Partisanen.“ Nach der Kapitulation wurden sie ihrer Führer beraubt und leisteten bei der Auslieferung an die sowjetischen Militärbehörden verzweifelten Widerstand.

Wolfgang Schwarz zählt auch „zu den bekanntesten Lyrikern der Nachkriegsgeneration“. Die Jahre seiner russischen Gefangenschaft kommen u. a. darin eindringlich zur Aussage, wie im

Liebeslied aus Sibirien:

Keines der Worte,
die ich zu wählen vermöchte,
wäre Schlüssel genug,
dir den Raum aufzustoßen,
in dem ich lebe.

So nimm denn mein Schweigen,
das meine Feder führt,
für die Wirklichkeit,
in der ich bin.

Es gibt für mich keine Grenze mehr,
seitdem ich begrenzt bin – o glaube mir,
am wenigsten die des Lächelns
und die des Traums.

Meine Seele ist ausgehöhlt.

In „Auskunft eines Schlesiers“ bekennt der Dichter:

In Schlesien
kam ich zur Welt,
dem Schachbrett
auf dem Tische Europas
zwischen den Partnern
Berlin und Wien.

Hier sprangen
die elfenbeineren Pferde
der Dichter.

Blaue Türme aus Stahl und Eisen
rückten hier gegeneinander vor.

Hier fielen
die beiden Könige,
der des Südens,
sich drehend im Menuett,
und der des Nordens,
das Horn des Krieges vor dem Mund,
abwechselnd.

Und einmal herrschte der eine,
und das anderen Mal
herrschte der andere.

Aber auch als Herausgeber trat Wolfgang Schwarz hervor, u. a. die schönsten Gedichte Joseph von Eichendorffs vorstellend in dem Bändchen „Sein Schifflein das lag im Grunde“ oder in dem Bildband „Schlesien in Farbe“, der im Adam-Kraft-Verlag erschienen ist und zu dem er die Texte schrieb.

Um die Pflege der ostdeutschen Kultur hat sich Schwarz große Verdienste erworben, so auch als Mitglied der Redaktion in der „Kulturpolitischen Korrespondenz“ des Ostdeutschen Kulturrats und der Stiftung Kulturwerk Schlesien. Seit 1976 ist er wiederholt gewählter Vorsitzender der Fachgruppe Schrifttum der Künstlergilde in Eßlingen gewesen.

Wolfgang Schwarz wurde u. a. mit folgenden Literaturpreisen geehrt: Schillerpreis 1953, Goethering 1954, Friedlandpreis der Heimkehrer 1960, Ehrengabe des Thomas-Mann-Preises 1961, Ehrengabe des Andreas-Gryphius-Preises 1963 und Erzählerpreis des Ostdeutschen Kulturrats 1966.

Bild: Privatarchiv des Autors.

Konrad Werner