Biographie

Speer, Daniel

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Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Komponist, Musiktheoretiker, Schriftsteller
* 5. Juli 1636 in Breslau
† 5. Oktober 1707 in Göppingen

Erst im 20. Jahrhundert ist die Bedeutung dieses Musikers, Komponisten, Musiktheoretikers und Schriftstellers erkannt worden. Speer bedient sich bei seinen Musikveröffentlichungen und bei seinen schriftstellerischen Arbeiten gern verschiedener Anagramme (Bildung neuer Worte mit den gleichen Vokalen und Konsonanten des originalen Vor- und Nachnamens) oder Pseudonyme, vereinzelt verschweigt er einen Autornamen, wie er auchgern fingierte Druckorte bei seinen Werken verwendet. Mit dem wachsenden Interesse, zunächst an seinen Kompositionen und seinen musiktheoretischen Schriften, ist es gelungen, seine Biographie unter Heranziehung seiner autobiographischen Romane in ihren wichtigen Stationen aufzuklären.

Daniel Speer ist in Breslau als Sohn des Kürschners und Zirklermeisters Georg Speer und seiner Ehefrau Margarethe geboren und wurde am 2. Juli 1636 getauft. Im achten Lebensjahr verlor er seine Eltern; er wurde daraufhin vermutlich sehr kurzfristig bei einem Vetter aufgenommen. Noch als achtjähriger Knabe zog er hinaus in die Welt und bildete sich selbst durch wache Beobachtungsgabe. Seine Werke zeugen von den vielfachen Anregungen in verschiedenen Ländern Süd- und Osteuropas. Seit November 1667 ist er in Göppingen als Musiker im Kirchen- und Schuldienst tätig. Er schreibt in seinem Bewerbungsschreiben vom 3.8.1668, „weilen ich nu eine Zeit lang … nahmlichen Zwey Jahr bey der Stifts Kirchen alhir in Stuttgardt und ein Jahr in Tübingen bey dem Hoch-fürstl. Stipendiound Pfarr Kirchen, mich mit Eyfer aufgehalten“. Demnach hat er sich 1665 endgültig in Württemberg niedergelassen. Seine vielfachen Erlebnisse in den Wanderjahren spiegeln seine drei Simplicius-Romane. Nach Zwischenaufenthalten in Großbottwar und Leonberg wird er 1673 in Göppingen Provisor und später auch Collaborator und Kantor. Zwei politische Schriften zum kriegerischen Einfall der Franzosen im Jahre 1689 bringen ihm einen Festungsaufenthalt ein. Er wird, freigelassen, nach Waiblingen strafversetzt und 1692 in sein altes Göppinger Amt zurückgerufen. Mit seiner ersten, an Lebensjahren älteren Frau zieht er zwei Waisenkinder groß; mit seiner zweiten Frau, die er 1694 heiratet, hat er zwei Söhne, von denen der zweite ebenfalls in den Göppinger Schuldienst eintritt. Daniel Speer stirbt am 5. Oktober 1707 in seiner Wahlheimatstadt Göppingen an den Folgen eines Schlaganfalls.

Der Dichtermusiker Daniel Speer erweckt jetzt immer mehr Interesse, vielleicht, weil sein Schicksal und seine Leistungen bei unseren Zeitgenossen auf großes Verständnis stoßen. Speer ist eine der bedeutenden deutschen Musikergestalten des 17. Jahrhunderts. Auf seinen Reisen und Wanderungen sammelte er viele Kenntnisse,die er in seinen zahlreichen musikalischen und erzählerischen Veröffentlichungen beschreibt. So berichtet er von Balletten (Tänzen) verschiedener Völker (etwa der Ungarn, Polen, Slowakenu.a.), die er darüber hinaus im Notenbild festhält. Außerdem gibt er uns zum ersten Mal Nachricht von verschiedenen Musikinstrumenten, die er in den einzelnen Ländern vorgefunden hat, so z. B. von der Viola d‘amore und von dem Baryton (einer Tenorgambe mit Resonanzsaiten, die unter dem Hals frei entlang laufen und mit dem Daumen angezupft werden können). Er schöpft sein Wissen nicht so sehr aus gelehrten Büchern anderer Autoren, sondern aus eigenen Beobachtungen. Mit seinen von Instumenten und mit Generalbaß begleiteten Arien nimmt er für das 17. Jahrhundert im deutschen Sprachraum historisch einen wichtigen Platz ein. Als ausgebildeter Stadtpfeifer, besonders als Zinkenist, bietet er in seinen Drucken interessante Werke für Bläser an, die bei den sich jetzt sehr vermehrenden Blechbläserensembles immer beliebter werden. Auch seine Einfachheit anstrebenden Kirchenkompositionen finden seit neuestem Aufmerksamkeit. Neben seinem ersten großen Roman Ungarischer oder Dacianischer Simplicissimus von 1683 sind in den letzten fünfzig Jahren auch etliche Instrumentalkompositionen, vereinzelt auch Generalbaßarien und vor allem seine umfassende musiktheoretische Schrift „Grund = richtiger / Kurtz= Leicht = und Nöthiger / jetzt Wol = vermehrter Unterricht der Musicalischen Kunst. Oder / Vierfaches Musicalisches Kleeblatt“ von 1697 im Neudruck vorgelegt worden. Ein Porträt Daniel Speers ist bisher nicht nachweisbar.

Lit.: Daniel Speer, Grundrichtiger Unterricht der musikalischen Kunst oder Vierfaches musikalisches Kleeblatt, Edition Peters Leipzig 1974 (Fotomechanischer Nachdruck der Orginalausgabe Ulm 1697 und ausgewählter Abschnitte der Ausgabe Ulm 1687. Mit einem Nachwort hrg. von Isolde Ahlgrimm. Biographische Skizze und Werkverzeichnis von Felix Burkhardt.) – Hans Joachim Moser, Daniel Speer als Dichter und Musiker, in: Musik in Zeit und Raum. Ausgewählte Abhandlungen (von H. J. Moser), Merseburger Berlin (1960), S. 119-144. – Zoltan Falvy, Speer: Mucalisch-Türckischer Eulen-Spiegel, in: Studia Musicologica 12. Bd. Budapest 1970, S. 131-151.