Biographie

Spiero, Heinrich

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Schriftsteller, Literaturhistoriker
* 24. März 1876 in Königsberg i.Pr.
† 8. März 1947 in Berlin

Heinrich Spiero wurde als Sohn eines Kaufmanns aus jüdischer Familie geboren. Er studierte an den Universitäten in Berlin, Freiburg i. Br., Leipzig und Lyon, zuerst Germanistik, dann Jura und Geschichte und wurde in Leipzig zum Doktor der Rechte promoviert. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges war er in leitender kaufmännischer Stellung in Hamburg tätig, wo er von 1911 bis 1914 auch als Dozent an der Staatlichen Kunstschule unterrichtete. Von 1915 bis 1919 leitete er eine Sektion im preußischen Kriegsministerium. Danach lebte er als freier Schriftsteller in Berlin. Nach 1933 trat er als zeitweiliger Vorsitzender des ”Reichsverbandes nichtarischer Christen” hervor (später in ”Paulusbund” umbenannt).

Heinrich Spiero war schriftstellerisch vorwiegend als Literarhistoriker tätig. Er beschäftigte sich mit Autoren der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und seiner eigenen Zeit. Er schrieb Monographien über Theodor Fontane (1928), Julius Rodenberg (1921) und Gerhart Hauptmann (1922). Er verfaßte eine umfangreiche Biographie Detlev von Liliencrons (1913) und gab des Dichters Briefe an den Verleger Wilhelm Friedrich (1912) und die Liebesbriefe an Helene von Bodenhausen heraus (1919-1925). Besonders widmete er sich dem Leben und Werk Wilhelm Raabes. Er schrieb über dessen schriftstellerisches Werk (1913), verfaßte ein Raabe-Lexikon (1926) und war langjähriger Vorsitzender der Wilhelm-Raabe-Gesellschaft. Zwei Übersichtsdarstellungen,Geschichte der deutschen Lyrik seit Claudius (1909) undGeschichte der deutschen Frauendichtung seit 1800 (1913) erschienen in der damals weit verbreiteten, populärwissenschaftlichen Schriftenreihe des Teubner-Verlages Leipzig ”Aus Natur und Geisteswelt”. ”Studien und Essays zur Literatur der Gegenwart” enthält der SammelbandDeutsche Geister (1910). Gegenstände seiner Herausgebertätigkeit waren ferner: Fanny Lewalds Römisches Tagebuch (1926), Gustav Freitags Romane (1926-1928), Christian ScherenbergsAusgewählte Dichtungen (o.J.) und Heinrich von Treitschke (1927). Posthum erschien noch eine Geschichte des deutschen Romans (1950). Spieros eigene Dichtungen (Gedichte, Erzählungen, ein Roman) sind heute vergessen.

Lit.: Kosch, Wilhelm: Deutsches Literatur-Lexikon. 2. Aufl. Bern, Bd. 4, 1958, S. 2781.– Gova, Sabine: Heinrich Spiero – ein Gedenkwort zu seinem fünfundachtzigsten Geburtstag. In: Deutsche Rundschau. 87 (1961), S. 250-254. – Materialien des Deutschen Literaturarchivs, Marbach a. N.

Bild: Heinrich Spiero um 1930; Ullstein-Bilderdienst.

  Harro Kieser