Biographie

Volland, Walter

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Bildhauer
* 2. August 1898 in Greiffenberg/Schlesien
† 7. September 1980 in Goslar

„Heutzutage wird ja die Vergangenheit zu sehr negiert. Alles lebt für die Gegenwart und Zukunft – auf dem Mond! Ich glaube, es ist unsere Pflicht, und gerade unsere, auch die Vergangenheit nicht zu vergessen“, so schrieb der Bildhauer 1960 an den Dichter Jochen Hoffbauer. Es scheint aber, daß der Bildhauer selbst heute weitgehend vergessen ist. Wohl befinden sich seine Plastiken an hervorragenden Standorten im Stadtbild Goslars oder Hamelns, man kennt und liebt sie, kann aber mit dem Namen Volland wenig anfangen. Es gibt kein Werkverzeichnis, wenig Literatur über ihn.

Walter Volland stammt aus dem niederschlesischen Greiffenberg, wo seine Vorfahren seit 1784 als Tischler ansässig waren. Er wurde als ältester Sohn des Tischlermeisters Gustav Volland geboren und besuchte 1904 bis 1912 die achtklassige evangelische Volksschule in Greiffenberg. Der künstlerische Umgang mit Holz reizte den Knaben von früh an, und so ließ er sich 1912 in die Holzbildhauerschule Warmbrunn einschreiben, wo er 1916 die Gesellenprüfung ablegte. „Ich hatte gute und tüchtige Lehrer“, berichtete er später und meinte damit Gustav Hering, Hans Borchenberger, Cirillo dell‘ Antonio und Friedrich Hüllwerk. Volland ging, wie das für einen Handwerker damals noch üblich war, auf Wanderschaft und arbeitete in der Möbelfabrik Ruschewey in Langenöls bei Lauban, in Braunschweig, Würzburg, Nürnberg, Leipzig, Berlin, Celle, Oldenburg, Bremen, Goslar – wo seine Frau herstammt – und in München. Der junge Bildhauer schulte sich weiter, wo immer er konnte, besuchte Ausstellungen, Sammlungen und Museen, den Abendunterricht in Kunstgewerbe-, Handwerker- und Volkshochschulen.

 

 

 

 

 

 1922 holte der Direktor der Warmbrunner Holzbildhauerschule, Professor dell’ Antonio, seinen ehemaligen Schüler als Leiter der Bildhauerklasse nach Warmbrunn. Volland war ein guter Lehrer, der seine Schüler gleichermaßen durch seine kunsthistorischen Kenntnisse wie auch durch sein eigenes Schaffen beeindruckte. So berichtete Elsbeth Siebenbürger anläßlich Vollands 80. Geburtstag: „Ich kam als neue, reichlich unsichere Schülerin in seine Klasse… Volland war damals intensiv mit einem lebensgroßen Knabenakt beschäftigt, den er nach der Natur modellierte und danach in Holz ausführte. Seine beharrliche Zähigkeit, mit der er diese Figur durchgestaltete bis es keine toten Stellen, keine Unausgeglichenheit, keine anatomische Kleinlichkeit mehr gab, das hat mich mehr gelehrt als aller sonstiger Unterricht. Für diese verhaltene keusche Knabenfigur erhielt Volland 1935 den Kunstpreis der Stadt Breslau.“ Volland war ein hervorragender Beobachter der Natur und verstand es, einfühlsam Bewegung und Haltung zu deuten und zu interpretieren. Tierplastiken, Akte und Porträts waren sein Feld.

1943 wurde Walter Volland zur Wehrmacht eingezogen, im August 1945 kam er aus der Gefangenschaft in die Heimatstadt seiner Frau, nach Goslar, frei, wo die Familie nach der Vertreibung eine Zuflucht gefunden hatte. Im November 1946 mußte Ernst Rülke (über diesen siehe OGT 1996, S. 215-218), der letzte Direktor der Warmbrunner Holzbildhauerschule, von den Polen ausgewiesen, Schlesien verlassen. Walter Volland hatte damit nicht nur sein künstlerisches Werk, sondern auch seine berufliche Stellung verloren. Er mußte sich als freischaffender Künstler in Goslar eine neue Existenz aufbauen. Er schuf weiterhin Akte, bekleidete Personen und Personengruppen, Porträt- und Tierplastiken. Er baute auf seinem Vorkriegsoeuvre auf, doch arbeitete er nicht nur mit Holz, sondern zunehmend auch mit Stein und Bronze. Viele Werke für den öffentlichen Raum entstanden, so Die Reihergruppe,Der Knabe mit dem Salamander oder Die Mauerläufer für Goslar, daneben kleine Plastiken wie Der Heimkehrer (1950), der eine überzeugende Gestaltung mit leicht impressionistischer Oberflächenbehandlung zeigt, oderDon Quichotte und Sancho Pansa, wo sein Humor zum Tragen kommt. In den 50er Jahren wurden seine Plastiken etwas glatter in der Oberfläche, so daß die Konturen in der „schönen Linie der 50er Jahre“ voll zur Wirkung kommen. Er arbeitete aber selbst in der Hochzeit der gegenstandslosen Kunst gegenständlich. Seit 1950 gab er Kurse in der Volkshochschule. Über 20 Jahre war Walter Volland erster Vorsitzender der Gruppe Harz des Bundes BildenderKünstler, leitete zugleich den Stützpunkt Goslar-Harz im Landesverband Niedersachsen der Künstlergilde Esslingen und war immer um den Kontakt mit den ehemaligen Lehrern und Schülern der Warmbrunner Holzbildhauerschule bemüht.

Die Goslarer Zeitung zitierte Walter Volland anläßlich seines 65. Geburtstages mit den Worten: „ … ich suche in allem das Echte, Wahre, und liebe alles, was mehr ist als Schein.“ Seine Plastiken sind eine Spiegelung des Seins, plastisch durchgeformt mit höchster Konzentration. Sie sind schön, ohne ins Banale abzugleiten. Sie sind Abbilder der Natur, die so weit abstrahiert wurden, daß sie das Wahre am besten spiegeln.

Lit.: W. Weist: Bildhauer Volland, in: Schlesische Bergwacht, Nr. 121, 1958. – F. Thomas-Gottesberg: Bildhauer Walter Volland 65 Jahre, in: Der Naturstein, Jg. 10, 1963. – R. Rülke: Walter Volland zum 65. Geburtstag, in: Schlesische Bergwacht, Nr. 21/22, 1963. – G. Grundmann: Die Warmbrunner Holzschnitzschule im Riesengebirge, München 1968. – F. Kumher: Der Bildhauer Walter Volland, in: Schlesien, XVIII, 1973, S. 176 ff. – J. Hoffbauer: Künstler und Heimat, Zum 80. Geburtstag des Bildhauers Walter Volland, in: Schlesien XXIII, 1978, S. 244 ff. – E. Siebenbürger: Dem Humanen zutiefst verpflichtet – Der Bildhauer Walter Volland 80 Jahre alt, in: KK-Sonderdienst, August 1978, S. 17 ff. – Kunst in Schlesien – Künstler aus Schlesien, 1985, S. 158. SYMBOL 150 f "Times New Roman CE" s 10 Fachschule für Kunsthandwerker Jelenia Góre-Cieplice (Hirschberg-Warmbrunn), 1996.

Bild: Walter Volland – während der Arbeit an der Rattenfängerfigur für das Glockenspiel in Hameln, 1964.

 

  Idis B. Hartmann