Biographie

Wenzel III.

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: König von Böhmen und Polen
* 6. Oktober 1289
† 4. August 1306 in Olmütz/Böhmen

Als der Sohn des Königs Wenzel II. von Böhmen und Polen und der Guta von Habsburg am 21. Juni 1305 mit sechzehn Jahren die Nachfolge seines verstorbenen Vaters antrat, trug er bereits eine Königskrone. 1298 hatte Wenzel II. seinen damals neunjährigen Sohn in Wien mit Elisabeth, der Tochter des letzten Arpaden Andres III. von Ungarn vermählt. Als dieser am 14. Januar 1301 starb, verzichtete Wenzel II. zugunsten seines einzigen Sohnes auf die ihm angetragene ungarische Königskrone. Dieser wurde daraufhin als László V. (Ladislaus) in Stuhlweißenburg gekrönt. Mit Polen und dem neu hinzugekommenen Ungarn verfügten die böhmischen Přemysliden über eine beachtliche Machtbasis, vermochten diese aber wegen eines unzureichenden politischen und administrativen Apparates nicht effektiv und nachhaltig zu kontrollieren. Besonders Karl Robert von Anjou, unterstützt von Papst Bonifaz VIII., erwies sich als gefährlicher Widersacher im Kampf um die St. Stephanskrone von Ungarn. Bonifaz VIII. proklamierte 1303 Karl Robert zum König von Ungarn. Der Versuch Wenzels II., durch ein Bündnis mit König Philipp von Frankreich die ungarische Krone für seinen Sohn zu erhalten, schuf ihm eine starke Koalition von Gegnern, der auch seine Schwäger König Albrecht I. (1298-1308) und Rudolf von Österreich angehörten. Insofern entsprach es einer realistischen Einsicht in die tatsächlichen Machtverhältnisse, als der junge König Wenzel III. nach dem Tode seines Vaters am 18. August 1305 unter Verzicht auf Eger und Meißen Frieden mit König Albrecht schloß und seine Ansprüche auf das ungarische Königtum an Herzog Otto von Niederbayern abtrat. Darüber hinaus übergab Wenzel III. dem Bayernherzog die Kroninsignien und löste außerdem seine Verlobung mit Elisabeth, der Tochter des letzten Arpaden. All dies geschah vor dem Hintergrund wachsender Schwierigkeiten in Polen, wo Herzog Wladyslaw Lokietek von Sieradz mit Unterstützung der ungarischen Anjou-Partei Sandomierz und Teile von Kleinpolen erobert hatte. Um seine Ansprüche in Polen nachdrücklicher vertreten zu können, heiratete Wenzel III. am 5. Oktober 1305 Viola, die Tochter Herzog Mieszkos I. von Teschen, die als eine der ersten Schönheiten ihrer Zeit galt.

Die sich zuspitzende Lage in Polen zwang schließlich 1306 Wenzel III. zur Vorbereitung eines Feldzuges, da seine Statthalter in Krakau und Großpolen, Herzog Nikolaus von Troppau und Heinrich von Lipa, erklärten, sich ohne Hilfe nicht mehr lange gegen Wladyslaw Lokietek behaupten zu können. Der böhmische Landtag bewilligte daraufhin ein allgemeines Aufgebot zur Erhaltung und Befreiung Polens, was an sich nicht ohne weiteres möglich war, da ein solches Aufgebot sich nur auf die Verteidigung Böhmens beziehen konnte. Als Sammelplatz für das Heer war Olmütz vorgesehen, doch vor Beginn der militärischen Aktionen wurde Wenzel am 4. August 1306 im Hause des Olmützer Domdechanten unter nie geklärten Umständen ermordet. Mit ihm starben die Přemysliden im legalen Agnatenstamm aus. Bestehen blieb allerdings eine Nebenlinie, die auf eine illegitime Verbindung Premysl Otokars II. zurückging und der die Herzöge von Troppau, Jägerndorf und Ratibor entstammten, die bis 1465 bzw. 1521 regierten.

Für Böhmen bedeutete der Tod des letzten Přemysliden eine unerwartete Katastrophe, man hatte allgemein die Jugend des Königs als Garant für eine längere Regierungszeit angesehen. Anwärter und Bewerber um seine Nachfolge gab es mehr als genug, so daß die böhmischen Länder nunmehr unruhigen Zeiten entgegengingen.

Lit.: Franz Palacky, Geschichte von Böhmen. 2. Band, 1. Abt., Prag 1847. – F. Graeber, Die böhmische Politik vom Tode Ottokars II. bis zum Aussterben der Přemysliden. MVGDB 41 (1903) – 42 (1904). – Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder. Hrsg. im Auftrag des Collegium Carolinum von Karl Bosl. Band l, Stuttgart 1967. – Jörg K. Hoensch, Geschichte Böhmens. Von der slawischen Landnahme bis ins 20. Jahrhundert, München 1987.