Biographie

Wolff, Caspar Friedrich

Herkunft: Rußland (Wolga- u. Schwarzmeer)
Beruf: Embryologe, Anatom, Botaniker
* 18. Januar 1733 in Berlin
† 5. März 1794 in St. Petersburg

Caspar Friedrich Wolff, der Mitbegründer der Entwicklungslehre und Histologie (Gewebelehre), trat 1753 in das Collegium medico-chirurgicum seiner Vaterstadt ein, nahm dann in Halle a. S. das Medizinstudium auf, wurde dort 1759 mit seiner epochemachen Dissertation Theoria generationis promoviert, fand während des Siebenjährigen Krieges 1761 im Lazarett zu Breslau, wo er beeits anatomische Vorlesungen hielt, eine Anstellung als Feldarzt kehrte nach dem Friedensschluß 1763 in seine Heimatstadt Berlin zurück. Dort betrieb er bildungs- und entwicklungsgeschichtliche Studien, als deren Ergebnis 1764 seine Theorie von der Generation erschien, eine überarbeitete deutsche Fassung der Dissertation. Nach zähem Ringen erhielt Wolff die Erlaubnis, Privorlesungen über Logik, Therapie, Physiologie und Pathologie zu halten. Nachdem es ihm nicht gelungen war, in Preußen einen Lehrstuhl zu erhalten, nahm er einen Ruf nach St. Petersburg an, wo er ab 1767 als Ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften Vorlesungen über Anatomie und Physiologie hielt.

Gleichzeitig setzte er seine bildungsgeschichtlichen bzw. embryologischen Forschungen überaus erfolgreich fort. Themen seiner damaligen Arbeiten waren der Bau des Herzens und die Entwicklung des Hühnchens im Ei.

Außer den schon genannten Werken verfaßte Wolff die Schriften De formatione intestinorum praecipue …, (l768f.) – eine Abhandlung, die 1812 unter dem Titel Ueber die Bildung des Darmcanals im bebrüteten Hühnchen in Halle a. S. auf deutsch erschien -, dann De ordine fibrarum musculorum cordis und Von der eigenthümlichen und wesentlichen Kraft der vegetabilischen sowohl als auch der animalischen Substanz … (1789). Ferner veröffentlichte er eine große Anzahl kleinerer Arbeiten mit meist anatomischer Thematik.

Wolff wandte sich in seinen Schriften mit Vehemenz gegen die Präformationstheorie. Er vertrat demgegenüber die erst in nachfolgenden Generationen allgemein anerkannte Auffassung, daß die einzelnen Teile des menschlichen Körpers sich aus gleichförmigen, später als Zellen bezeichneten Kügelchen und Bläschen entwickelten. Das Werden der Organe sei somit eine allmähliche Aufeinanderfolge mannigfaltiger Differenzierungsprozesse. Wolffs bedeutende Arbeit über den Darmkanal des Hühnerembryos fand erst durch die deutsche Übersetzung (1812) gebührende Beachtung. Seinen Namen finden wir heute in den anatomischen Bezeichnungen „Wolff-Gang“ (Urnierengang: embryonal sich bildender Verbindungsang zwischen Enddarm und Urniere) und „Wolffsches Körperchen“ (Urniere). Wolffs Schriften – insbesondere seine Dissertation – legten die Grundlage für die Theorie der modernen Epigenese, und er gilt als Bahnbrecher der deskriptiven mikroskopischen Embryologie.

Lit: E. Wunschmann: Wolff, Kaspar Friedrich, in: Allg. Dt. Biogr., hrsg. durch die hist. Comm. bei der [Bayer.] Königl. Akad. d. Wiss., XLIV, o. O. 1898, Neudr. Berlin 1971, S. 41-43. – Ludwig Stieda: Wolff, Kaspar Friedrich, in: Biogr. Lex. d. hervorrag. Ärzte aller Zeiten und Völker, hrsg. v. August Hirsch, 2. Aufl., durchges. u. erg. v. Wilhelm Haberling, Franz Hübotter und Hermann Vierordt, V, Berlin und Wien 1934, S. 983 f. – Julius Schuster: Der Streit um die Erkenntnis des organischen Werdens im Lichte der Briefe C.F. Wolffs an A[lbrecht] von Haller, in: [Sudhoffs] Arch. Gesch. Med. 34 (1941), S. 196-218. – Georg Uschmann: Caspar Friedrich Wolff. Ein Pionier der modernen Embryologie, Leipzig und Jena 1955. – Robert Herrlinger: C.F. Wolffs „Theoria generationis“ (1759). Die Geschichte einer epochemachenden Dissertation, in: Zschr. Anat. Entwickl.-Gesch. 121 (1959), S. 245-270. – Richard P. Aulie: Caspar Friedrich Wolffand his „Theoria Generationis“, 1759, in: Journ. Hist. Med. 16 (1961), S. 124-144. – Luigi Belloni: Embryological Drawings concerning his „Theorie von der Generation“. Sent by Caspar Friedrich Wolff to Albrecht von Haller in 1764 in: Journ. Hist. Med. 26 (1971), S. 205-208.

Werner E. Gerabek