Natürlich weist der Familienname Yorck von Wartenburg auf den preußischen Feldmarschall der Befreiungskrieg. Dieser ist durch die Konvention von Tauroggen 1812, die Neutralität eines preußischen Hilfskorps in französischen Diensten gegenüber russischen Truppen erwirkte und mal als Beispiel mangelnden Gehorsams, mal als ein solches politischen Mutes gewertet wurde, heute bekannter als durch seinen den Franzosen abgetrotzten Elbübergang im Oktober 1813, der ihm den ehrenden Beinamen einbrachte. Vom legendären Großvater des Grafen Maximilian stammte das Gut Klein Oels, zwischen Breslau und Oppeln nahe Brieg gelegen, wo dieser geboren wurde. „Die Vorteile, die das Heranwachsen in einem von vaterländischem Empfinden und geistigen Interessen durchtränkten adeligen Kreis, inmitten einer von berechtigtem Stolz auf eine ehrwürdige Überlieferung getragenen Familie alten Namens vor anderen hat, sind kaum zu überschätzen“, hieß es noch 1922 in seiner Lebensbeschreibung, erschienen in der ReiheSchlesische Lebensbilder. Lebensweise und von preußischen „Tugenden“ geprägte Identität der ostdeutschen Grundherren, auch das ist uns fremd und schwer verständlich geworden. Doch gerade darum bietet dieser Yorck eine lohnende Biographie. Ein zeitgenössischer Bericht aus seiner Jugendzeit betont „eine freie, sensible Natur, die den Reichtum an innerem Leben hinter einer gewissen äußeren Schroffheit, einer schweigsamen Starrheit verbarg“. Spätere Betrachtungen wiederholen diese Persönlichkeitsmerkmale.
In der Jugend hatte Graf Maximilian eine Krankheit geschwächt, scheinbar dem Offizierberuf entzogen. Doch er machte den Krieg 1870/71 freiwillig mit und blieb fortan im Militärdienst. Ab 1884 war Yorck ein Jahr Militärattaché in Wien, dann sieben Jahre in St. Petersburg. Er wurde „einer der besten Kenner des russischen Heeres und Volkes“ (Helmolt). Diese Feststellung ist wichtig im Kontext der Bedeutung Rußlands für die erneut angespannte europäische Politik am Ende der Ära Bismarcks. In den Jahren 1893 bis 1895 diente Yorck in der Heimat beim Breslauer Leibkürassierregiment „Großer Kurfürst“. Danach wurde er Kommandeur der 15. Ulanen in Straßburg im Elsaß sowie Lehrer an der Berliner Kriegsakademie. Im August 1900 ging er als Erster Generalstabsoffizier des Generalobersten Alfred Graf von Waldersee nach Ostasien, wohin dieser als Oberbefehlshaber eines deutschen Expeditionskorps zur Niederschlagung des sogenannten Boxeraufstandes entsandt worden war. Einen Tag nach seiner Beförderung zum Generalmajor starb er durch eine Vergiftung.
Bekannt und geschätzt ist am Ende des 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert Yorcks literarisches Schaffen gewesen. Eine zweibändige Napoleonbiographie machte ihn bekannt, eine Weltgeschichte sogar populär. Die Darstellung der Kriegskunst des französischen Kaisers „war ein großer Wurf“, packend „durch die Einheitlichkeit der Auffassung, die persönlich gefärbte, temperamentvolle Darstellung und die innerliche Geschlossenheit des Aufbaus“ (Helmolt). In der Petersburger Zeit entstand seine Weltgeschichte aus deutscher Sicht, hierzulande für mehr als 30 Jahre ein Standardwerk, das die altpreußische Geschichtsauffassung mit der Warnung vor Partikularismus und übertriebenem Weltbürgertum transportierte.
Bei aller Weltläufigkeit und Kenntnis der Weltgeschichte war Yorck zeitlebens mit Klein Oels verbunden. Seine sterblichen Überreste wurden 1901 in die schlesische Heimat überführt.
Lit.: Hans F. Helmolt: Maximilian Graf Yorck von Wartenburg [mit weiteren Nachweisungen]. In: Andree, Friedrich u.a. (Hrsg.): Schlesier des 17. bis 19. Jahrhunderts. Breslau 1922, Nachdruck 1985 (Schlesische Lebensbilder, 3). – Selle, Götz von: Ostdeutsche Biographien. 1955.
Werke: Napoleon I. als Feldherr. 2 Bde. 1885/86, Berlin 51909. – Kurze Übersicht über die Feldzüge Alexander des Großen. 1897. – Weltgeschichte in Umrissen. 1897, fortgeführt von Hans Helmolt, neu bearbeitet von Heinrich Otto Meisner, Berlin 321933. – Das Vordringen der russischen Macht in Asien. 1899,21900. – Bismarcks äußere Erscheinung in Wort und Bild. 1900.
Bild: Schlesische Lebensbilder, Bd. 3.