Während der Entwicklungs- und Aufstiegsphase des Deutschen Ordens zum Schutz und zur Ausbreitung der Christenheit waren dessen Aufgabenfelder auch in Europa noch nicht abgesteckt, fehlte doch noch der Aufweis seiner Leistungsfähigkeit, welchen die älteren Ritterorden der Templer und der Johanniter sowohl im HI. Land als auch, z. B. in Ungarn, erbracht hatten. Die weitreichenden und hochpolitischen Aktivitäten des seit 1209 amtierenden Hochmeisters Hermann von Salza gab es erst im Ansatz. Insofern stellt sich die Frage, weshalb der noch junge Deutsche Orden in der Gunst des Königs Andreas II. von Ungarn stand, als er 1211 diesen Orden in sein Königreich berief und ihm die terra Borza, das Burzenland, schenkte, und zwar mit dem Auftrag der Grenzsicherung gegen die Kumanen. Familiäre Bande mit Andechs-Meranien und mit dem Landgrafen Ludwig von Thüringen, hier dessen Verlobung mit der ungarischen Königstochter Elisabeth, einerseits, andererseits die gemeinsame Nähe zum staufischen Haus dürften ursächlich gewesen sein. “In der dynastischen Verbindung wird also der ausschlaggebende Grund für die Berufung des Deutschen Ordens in das Burzenland zu suchen sein. “ (K. Militzer). Durch die Königsurkunde von 1211 wurde dem Orden jedenfalls ein Gebiet in den Grenzen zwischen dem Burzenländer Gebirge im Süden, dem Fluss Alt im Norden, der Burg Halmagen im Westen und dem Tartlaubach im Osten zu dauernden und freien Besitz übertragen. Eine weitere Urkunde von 1212 weitete das neue Ordensland aus der Ebene heraus bis an die strategisch wichtigen Karpatenpässe aus. Wohl auf Grund eines Sieges über die Kumanen wurde 1222 durch ein letztes Diplom des Königs Andreas II. das Gebiet nach Süden bis zur Donau sowie nach Osten vergrößert. Die Ordensritter gründeten, zeitweise unter einem magister Theodericus, im Zuge des Landesausbaues, Kronstadt und eine Reihe Dörfer mit deutschen Siedlern; zur defensiven Sicherung errichteten sie mindestens sechs Burgen aus Stein. Während über die eigentliche Verwaltungsstruktur schwerlich Genaues greifbar ist, steht für die kirchliche Organisation die Exemtion fest, die allerdings zum Konflikt mit dem für den Raum zuständigen Bischof Anlass gab. Für König Andreas II., der bereits 1218 nach der Rückkehr vom Kreuzzug erste Differenzen mit dem Orden hatte, ergaben sich bald weitere Reibungspunkte aus dem erkennbaren Streben der Ordenstitter, ein unabhängiges, geschlossenes Herrschaftsgebiet zu organisieren. Ausser der kirchlichen Exemtion und der deutschen Besiedlung erwies sich die von Papst Honorius III. seitens des Ordens erbetene Schutzmaßnahme, das Burzenland zu Recht und Eigen beati Petri zu erklären, als Fanal; der ungarische Monarch verfügte 1225 die gewaltsame Ausweisung der Deutschordensritter. Gegen diesen Akt vermochte auch das diplomatische Geschick des Hochmeisters Hermann von Salza nichts mehr auszurichten, aber er konnte aus diesem gescheiterten Experiment einer Territorienbildung für Preußen die erfor derlichen Lehren ziehen.
Lit.: UB z. Gesch. der Deutschen in Siebenbürgen. Bd. I Hrsg. v. F. Zimmermann u. C. Werner, Hermannstadt 1892, Nrr. 19, 22, 31, 4, 53 u.ö. – Quellen z. Gesch. des Deutschen Ordens, hrsg. v. W. Hubatsch, Göttingen 1954, Nr. 3. – LexMA II, 1983, Sp. 1112 f. (C.A. Lückerath). – H. Zimmermann, Der Deutsche Ritterorden in Siebenbürgen, in : Die geistlichen Ritterorden Europas. Hrsg. v. J. Fleckenstein u. M. Hellmann, (VuF 26) Sigmaringen 1980, 267-298 (271 ff., 288 ff.). – H. Kluger, Hochmeister Hermann von Salza und Kaiser Friedrich II., Marburg 1987, pm. – K. Militzer, Von Akkon zur Marienburg, Marburg 1999, 334 ff.
Carl August Lückerath (OGT 2011, 244)