Ereignis vom 27. Mai 1613

Die Einigung der Sachsen

Druck von Gabriel Bethlen

Durch die Besetzung Hermannstadts im Dezember 1610 hatte der tyrannische Fürst Gabriel Báthori (1608-1613) das Haupt der Sächsischen Nationsuniversität ausgeschaltet, in den folgenden Jahren bildete Kronstadt die Seele des Widerstands gegen Báthori, auch nach der unglücklichen Schlacht von Marienburg (16. Oktober 1612). Bevor die Kronstädter dem Fürsten Gabriel Báthori darin dennoch huldigten (4. Juni 1613), schlossen sie am 27. Mai 1613 ein neues Bündnis mit Schäßburg, der nach Hermannstadt ranghöchsten Stadt der „Sieben Stühle“.

„Wir Richter und Rat samt Ältesten dei Stadt Cronen fügen hiemit zu wissen al­len, denen es von Nöten ist, daß, ob wir schon von altersher mit der Löblichen Sächsischen Universität in Siebenbürgen mit Eid verbunden und verpflichtet ge­wesen sind …, angesehen aber den gro­ßen und schädlichen Riß der Hermann­stadt, welche der Löblichen Universität Haupt war …, und auch hiemit die schädliche Spaltung der Universität be­trachtend, daraus unserer Sächsischen Na­tion … der endliche Untergang … erfolgen könnt …

Damit wir aber solches Fürnehmen … prävenieren oder für­kom­men mögen … haben wir für notwendig geachtet und mit allgemeiner Zustimmung der ganzen Stadt Cron einmütiglich … beschlossen, solche vorige Conföderation abermal auf das neue mit der Schäßburg und Einwohnern derselbigen in Kraft dieses Briefes zu wiederholen und zu conlirmieren (be­stätigen), daß wir nämlich von den schö­nen und heilsamen Privilegien, Rechten und Freiheiten und guten Ordnungen der Sächsischen Städte und Stühle … mit nichten abzutreten, sondern neben denselben zu consequieren (beharren) …

Als zusätzliches Ziel der Union zwischen Kronstadt und Schäß­burg wird die „Libe­ration (= Befreiung) der Hermann­stadt“ genannt, woran die Bündnisgenossen Weib und Kind, Gut und Blut wagen woll­ten.

Am 1. Mai 1613 hatte die Pforte Ga­briel Bethlen zum Fürsten von Siebenbür­gen ernannt, und der Landtag wählte ihn am 23. Oktober 1613 zum Fürsten — wenn ein solcher Vorgang eine Wahl hei­ßen kann, wie G. D. Teutsch schreibt. Am Tage der Wahl überreichten die Vertreter der Sächsischen Nationsuni­versi­tät dem neuen Fürsten ihre Forderungen, darunter an zweiter Stelle die Rückstel­lung Hermannstadts. Obwohl Ga­briel Bethlen darauf die Antwort Justum (= es ist gerecht­fertigt) gab, zögerte er mit dem Abzug aus Hermann­stadt. Die Vertreter der Sächsischen Nationsuniversität wurden daher nach Schäßburg be­rufen und beschlossen folgende neue Einigung:

Wir Bürger-Meister, Königs-Richter und Stuhls Richter samt Rat-Geschwornen und Einwohnern der Sächsischen Städte Her­mannstadt, Schäßburg, Cronen, Mediasch; Nösen, Müllen­bach, samt den andern sächsischen Stühlen Nagy-Schenk (Großschenk), Rupes, Reißmark, Lösch­kirchen und Szászváros (Broos) etc. fügen hiemit zu wissen allen, denen so es vonnöten ist, daß wir angesehen den großen unwieder­bring­lichen Schaden, so der sächsischen Nation durch den Riß und Abalienation (Entfremdung) der Hermannstadt von den an­dern Städten; der Spaltung und Zertrennung der Sach­sen von einander, in verlaufener kurzer Zeit … die Union, Eidschwür, mit welchen unsere Voreltern hochlöblichen Gedächt­nisses einander auf ewig verbunden und verpflichtet gewesen, … jetzt aufs neue ha­ben wollen renovieren und bestätigen in Kraft dieses Briefs, uns allen, so wir leben; und unsern Nachkömm­lingen … zum ewi­gen Frommen und Bleiben auf folgende Weis: daß wir nemlich von heut dato zur Erhaltung der güldenen schönen Freihei­ten, Privilegien, gewöhnlichen Rechten; guten nützlichen Ordnungen, Besitzun­gen der Örter, mit welchen unsere Vor­eltern, die sächsische Nation wegen der Tapferkeit, ritterlichen begangenen Taten doniert, verehret und begabt von gottseeligen Königen, Kaisern, Fürsten … Gut und Blut daran zu tragen in allen Nöten und zu jeder Zeit. Ja wir geloben und versprechen … bei dem ehrlichen sächsi­schen Namen, zur Defension (Verteidi­gung) des sächsischen Geblüts und der gedachten Privilegien, Freiheiten, Besit­zungen der Örter der Universität und Er­ledigung (Abschaffung) der ungewöhn­lichen Beschwerungen, so den sächsi­schen Freiheiten repug­nieren (entgegen­gesetzt sind), (zur Beleidigung) aller Städ­te und sächsischen Stühle (gegen) alle Gefahr, so uns einzeln oder gemeinsam antreffen mögen, allen unsern Widersa­chern und Turbatoren (Störern) unse­rer sächsischen Freiheiten, wer sie auch sein mögen, heimlich oder öffentlich, den Freunden Freund, den Feinden Feind zu sein, alles in allem miteinander oder auch einzeln zu tun, zu befördern, zu verhan­deln, zu (be)schließen, zu pacificieren auch zu oppo­nieren; darneben auch die Expensen (Ausgaben) … mit einander zu tragen …, jegliche Stadt und Stuhl … nach ihrem Vermögen, bei Verlierung der sächsischen Ehre und Freiheit. Zu mehrerem Zeugnis und Kraft haben wir be­schlossen, gegenwärtigen (Brief) mit un­serem mindern Landsiegel sowie mit un­seren anderen Siegeln versehen, auszu­stellen. Geschehen in der Stadt Schäßburg: in unserer allgemeinen Versammlung am 10. Dezember 1613.“

Auch für die innere Ordnung, „uns Sach­sen allen zur Wohlfahrt und Erhaltung“; beschloss die Nationsuniversität in zwölf Artikeln, dass „schädliche Unordnung ab­geschafft“ werde, also Amtsmissbrauch, Lu­xus u.a. (30. Dezember 1613).

Da Bethlen nicht aus Hermannstadt zog, verweigerten die Sachsen den Huldigungseid und die Steuern, ebenso rü­steten sie getreu ihres gegenseitigen Ver­sprechens, um ihre gerechten Forderun­gen mit Waffengewalt durchzusetzen. Be­vor es dazu kam, zog Gabriel Bethlen am 18. Februar 1614 aus Hermann­stadt. Ein dunkles Kapitel der Geschichte der Stadt und der Sachsen hatte seinen Ab­schluss gefunden.

Lit.: Erschienen in: Karpatenrundschau, 17. (28.), Nr. 5 (1658), 3. Februar 1984 (im Rahmen der Serie: Zeugen der Zeit). – Maja Philippi, Michael Weiß. Sein Leben und Wirken in Wort und Bild, Bukarest 1982. – Gustaw Seiwert, Akten und Daten über die gesetzliche Stellung in den Wirkungskreis der sächsischen Nations-Universität, Hermannstadt 1870. – G. D.Teutsch, Geschichte der Siebenbürger Sachsen für das sächsische Volk, 4. Auflage, Hermann­stadt 1925.

Bild: Druck von Gabriel Bethlen auf dem Pferd / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Gernot Nussbächer