Ereignis vom 1. Januar 1427

König Sigismund von Luxemburg weilt in Kronstadt

Portrat von König Sigismund

Sigismund von Luxemburg (1361–1437) ist in seiner langen Regierungszeit sehr viel gereist. Wenn seine nordwestlichsten Aufenthalte in England bezeugt sind, so gehört Kronstadt im Burzenland im südöstlichen Siebenbürgen zu den südöstlich­sten Aufenthalten. Kronstadt war damals die größte Stadt zwischen Wien und Konstantinopel und lag gewissermaßen an den Grenzen des katholischen Abendlandes. Es war ein bedeutender Handelsplatz für orientalische Waren, wo als sichtbares äußeres Zeichen des Wohlstandes seit dem Jahre 1383 an einer neuen großen Marienkirche gebaut wurde, die heute unter dem Namen „Schwarze Kirche“ weit bekannt ist.

Das erste Mal nach seiner Krönung zum König von Ungarn (1387) weilte Sigismund nach seinem Winterfeldzug gegen den Moldauer Fürsten Stephan I. im Februar und März 1395 in Kronstadt, wo er am 7. März mit dem Fürsten der Walachei, Mircea dem Alten (1386–1418), ein Bündnis gegen die Türken abschloß. Dies geschah im Vorfeld des im nächsten Jahr (1396) gestarteten letzten Kreuzzuges gegen die Türken, der als Miß­erfolg endete.

Das königliche Hoflager befand sich damals auf dem Gelände gegenüber der Dominikanerkirche Peter und Paul in der Klo­stergasse am Nordausgang der Inneren Stadt beim Klostergässer Tor, wo der Verkehr aus der Walachei und dem Westen Europas in die Stadt führte. Zwischen Johannisgasse und Nonnengasse (heute Michael-Weiß-Gasse) und der späteren Bäcker­gasse (heute Valentin-Wagner-Gasse) standen damals noch keine gemauerten Häuser.

Während seines Kronstädter Aufenthaltes, der zwischen dem 13. Februar und 7. März 1395 bezeugt ist, verlieh König Sigismund der Stadt Kronstadt mehrere Handelsprivilegien, setz­te Gerichtsstatuten fest, bestätigte mehrere frühere Privilegien, machte eine Stiftung zugunsten der außerhalb der Stadtmauern gelegenen Martinskapelle am Martinsberg, ferner urkundete er zu­gunsten der Burzenländer Ortschaft Brenndorf, verlieh die Besitzungen Zernescht und Tohan dem Plebanus Thomas von Kronstadt und seinen Verwandten und befahl den Burzenländer Landgemeinden, die Stadt Kronstadt beim Bau der Befestigungen mit Fuhrdiensten zu unterstützen.

Der zweite Kronstädter Aufenthalt König Sigismunds ist durch einige Urkunden vom 8. und 9. Januar 1398 bezeugt.

Fast drei Jahrzehnte später erfolgte der dritte Aufenthalt in Kronstadt und Umgebung, von Weihnachten 1426 bis Juli 1427, der eine besondere Bedeutung nicht nur für Kronstadt hatte. Es sind uns etwa drei Dutzend Urkunden aus dieser Zeit bekannt, deren wichtigste wir im folgenden vorstellen wollen. Auf dieser Reise begleitete den König neben mehreren Großen des Reiches auch seine zweite Gemahlin Barbara von Cilli. Wahrscheinlich zog der König mit seinem Gefolge wieder durch das Klostergässer Tor in Kronstadt ein – später zur Erinnerung an diesen Aufenthalt mit einem Bildnis des Königs geschmückt, das bis ins 18. Jahrhundert immer wieder renoviert werden sollte. Auch das Hoflager wurde wieder gegenüber der Dominikanerkirche aufgebaut.

Inzwischen hatte Kronstadt im Frühjahr 1421 den ersten großen Türkeneinfall erlebt. Da die Stadtbefestigungen noch nicht fertiggestellt waren, konnten die Türken in die Stadt eindringen und sie teilweise zerstören, auch die im Bau befindliche Marienkirche. Nach der Zerstörung mußte der Bauplan zugunsten der dringenderen Befestigungswerke stark eingeschränkt wer­den. Dennoch dauerte es noch mehr als ein halbes Jahrhundert, bis der Bau der Kirche beendet wurde.

Die Türken hatten den ungarnfreundlichen Fürsten der Walachei Dan II. – den Sohn des Fürsten Dan I. und Neffen Mirceas des Alten – im Frühjahr 1421 durch den türkenfreundlichen Radu II. Prasnaglava („Kahlkopf“) ersetzt, der ein Sohn von Mircea dem Alten war. Die beiden Vettern waren nun abwechselnd als Fürsten an der Macht, und diese instabile Lage an der Südostgrenze seines Reiches bewog wohl König Sigismund, hier persönlich eine Dauerlösung herbeizuführen. Gerade kurz nach Sigismunds Ankunft in Kronstadt wurde Dan II. wieder – das vierte Mal! – von Radu II. aus der Walachei vertrieben und floh mit seinen Anhängern nach Kronstadt.

Die Reise des Königs Sigismund führte nach den uns zugänglichen Quellen von Großwardein, wo der König später seine letzte Ruhestätte finden sollte, nach Lippa am Mieresch (5. und 10. November), von dort nach Thorenburg (6. Dezember) und dann nach Kronstadt.

Die erste von Sigismund hier am Vortag des Weihnachtsfestes (24. Dezember 1426) ausgestellte Urkunde betrifft die Verleihung des Wochenmarktrechtes am Dienstag für die Schäßburger Stuhlsgemeinde Henndorf. Der rührige „Ortshann“ (Ortsvorsteher) Georg Berthord war damit jedoch nicht zufrieden. Er ersuchte und erhielt einen Monat später (27. Januar 1427) auch ein zweites Privilegium betreffend die Verleihung des Jahrmarktsrechtes an Henndorf am Andreastag (30. November), nach Art der königlich freien Städte. Wir wissen nicht, was für die Erteilung dieser Privilegien ausschlaggebend war, jedenfalls fehlt Henndorf in den seit 1572 bekannten Verzeichnissen der siebenbürgischen Jahrmärkte.

Die zweite Urkunde vom 26. Dezember 1426 ist ein Privilegium für die Szeklerortschaft Bereczkfalva – heute Breţcu – in der Nähe der Grenze zur Moldau.

Am 6. Januar 1427 beauftragte König Sigismund das als Landesnotariat wirkende Weißenburger Kapitel, bei einer Besitzeinführung der Gräfen von Weingartskirchen in den Besitzungen Spring und Troschen im Weißenburger Komitat mitzuwirken. Ebenso bestätigte er auch am 4. März die Weingartskirchener Gräfen in mehreren Besitzungen.

Aus einer im Ungarischen Landesarchiv aufbewahrten Urkunde vom 7. Januar 1427 ersehen wir, daß auch die Königin Barbara von Cilli mit auf dieser Reise in Kronstadt war. Sie wird auch im Dekret über das Münzwesen vom 18. März als Mit­ausstellerin genannt.

Am 9. Januar 1427 bestätigte der König eine seiner früheren Urkunden von 1419 für die Gräfen der Burzenländer Ortschaft Brenndorf.

Nach dem Tod des Plebanus Nikolaus in der Burzenländer Gemeinde Honigberg schlug König Sigismund am 13. Januar 1427 dieser Gemeinde vor, seinen speziellen Kaplan Martinus Nicolai de Alwyncz zu ihrem Pfarrer zu wählen. Tatsache ist, daß der zwei Jahre später gestorbene Plebanus von Honigberg Johannes hieß, daß also der königliche Vorschlag auf Grund des Pfarrwahlrechtes der Gemeinde nicht angenommen wurde.

Am 24. Januar 1427 weilte der König in dem etwa 15 km westlich von Kronstadt gelegenen Marktflecken Rosenau. Hier klagten der Plebanus Paulus und der Ortshann Cristannus von der zum Rosenauer Gerichtsbezirk gehörenden Gemeinde Wol­ken­dorf, daß bei dem Türkeneinfall von 1421 die Urkunden über den Besitz eines Weidegebirges verbrannt seien und er­wirk­ten eine neue Bestätigung ihre Rechte auf dieses Gebir­ge. Es ist dies die sogenannte „Hohe Koppe“ (rumänisch Ciu­ma, 1630 m). Die Sage erzählt, daß König Sigismund einst in dieser Gegend sein Jagdlager hielt, wobei ihn der Durst überkam. Er versprach demjenigen, der ihm ein Faß Wein hinbringen würde, das ganze Gebirge zu schenken. Der Wolkendorfer Hann eilte darauf in seine Gemeinde, ließ ein Faß Wein – das vorschriftsmäßig 40 Eimer enthalten mußte – in vierzig Eimer umfüllen, das Faß dann zerlegen und ritt mit vierzig Reitern zurück, ließ dort das Faß wieder zusammenstellen und die vierzig Eimer Wein einfüllen und brachte es dem König, der daraufhin das Gebirge der Gemeinde Wolkendorf verlieh, die es bis ins zwanzigste Jahrhundert besessen hat.

Am 20. Februar 1427 stellte König Sigismund in Kronstadt ein Privilegium für die Marktflecken Desch und Salzdorf am Someschfluß aus, am 18. März einen weiteren Schutzbrief für diese Orte.

Ein besonderer Tag des Kronstädter Aufenthaltes des Königs Sigismund war der 17. März 1427, der Montag nach Reminiscere. An diesem Tag erließ der König zwei für ganz Ungarn wichtige Dekrete betreffend die Versorgung des Heeres bei Kriegszügen und das Münzwesen. Beide Dekrete sind später in das Gesetzbuch „Corpus iuris Hungarici“ aufgenommen worden.

Am 20. März weilte Sigismund noch in Kronstadt. In drei Urkunden vom 2. bis 6. April 1427 wird das am Südausgang des Törzburger Passes in der Walachei gelegene Langenau – rumänisch Câmpulung – als Ausstellungsort der Königsurkunden genannt. Besonders aufschlußreich ist die Urkunde vom 6. April, wodurch die Kriegstaten des Johannes, Sohn des Nikolaus, Sohn des Leuke de Kalo, belohnt werden, der am Kampf gegen den untreuen Radu Prasnaglava teilgenommen hatte, wo­durch dann Fürst Dan wiederum eingesetzt wurde, und zwar endgültig, bis zum Anfang des Jahres 1431. Vom 8. bis 21. April war König Sigismund in dem Marktflecken Marienburg am Alt, wo mehr als zwei Jahrhunderte vorher der Sitz des Deut­schen Ordens im Burzenland (1211–1225) war, der die deut­sche Besiedlung des Burzenlandes begonnen hatte. In Ma­rienburg befand sich eine während der Regierungszeit Sigis­munds errichtete Bauernburg, deren Errichtung später irr­tümlich den Rittern zugeschrieben wurde. Am 9. April ersuchte König Sigismund aus Marienburg den damaligen Hochmeister des Deutschen Ordens in der Marienburg an der Nogat in Preußen, Paul von Rusdorf, um Hilfe gegen die Türken, was aber im Endergebnis nicht zustande kam. In Marienburg ernannte der König auch seinen neuen Kaplan Michael de Greczreginae, der vorher Prior der Dominikaner von Klausenburg war. Ebenfalls in Marienburg entschied der König einen Streit zwischen der Stadt Kronstadt und dem Kastellan der Grenzfestung Törzburg an der Grenze zur Walachei.

Ein Abstecher führte den König am 6. Mai nach Sanktgeorgen am Alt – rumänisch Sfântu Gheorghe –, dem Hauptort der drei Szeklerstühle Sepsi, Kezdi und Orbai, wo er für die Weingartskirchener Grafen eine weitere Urkunde ausstellen ließ.

Anschließend hielt sich Sigismund wieder in Marienburg auf, wo er mehrere Urkunden zugunsten des Marktfleckens ausstellte, darunter eine Bestätigung des diesem Ort von ihm schon 1395 verliehenen Wochenmarktrechtes am 25. Mai 1427.

Drei Urkunden vom 1., 2. und 3. Juni nennen Nußbach, die am weitesten nördlich gelegene sächsische Gemeinde des Burzen­landes, als Aufenthaltsort des Königs.

Vom 6. bis zum 30. Juni weilte Sigismund wieder in Kronstadt. Zu den wichtigsten Urkunden aus dieser Zeit gehört die Verleihung der Einkünfte sämtlicher Mühlen auf Kronstädter Hattert an die Stadt Kronstadt. Bisher hatten diese teilweise den Szeklergrafen und der Törzburg gehört. Die Urkunde wurde am 4. Juli von Sigismund feierlich bestätigt. Weitere Urkunden betreffen die Martinskapelle, ferner Zărneşti und Tohan. Auch für die oberungarische Stadt Bartfeld – heute Bardejov in der Ostslowakei – stellte König Sigismund mehrere Urkunden aus. Das interessanteste Ereignis war wohl der „Ausflug“ des Königs in die „Polyan“ oder „Au“ – heute der Höhenkurort Poiana Braşov, zu deutsch Schulerau – am Samstag, dem 14. Juni 1427. Die Vertreter der Gemeinde Neustadt hatten geklagt, daß die Kronstädter die von altersher zu ihrer Gemeinde gehörende Bergwiese gewaltmäßig und rechtswidrig besetzt hätten. Die Kronstädter behaupteten das Gegenteil. Ohne Augenschein war dieser Zwist nicht zu entscheiden, daher beschloß der König, höchstpersönlich das strittige Gelände zu untersuchen. Der König war von Würdenträgern, Adligen und Einwohnern der benachbarten Ortschaften begleitet und besichtigte die weite Bergwiese. Es ist der erste nachweisbare Ausflug in die spätere Schulerau. Der König ließ sich von den Vertretern der Stadt Kronstadt überzeugen, daß die Schulerau näher an Kronstadt als an der Gemeinde Neustadt liege und daher zu Kronstadt gehören müsse. Seit dem Urteil König Sigismunds – das am 12. Juli 1427 in einer Urkunde niedergelegt wurde – gehört die heutige Schulerau zu Kronstadt. Vom 5. bis zum 9. Juli 1427 weilte König Sigismund wieder in Rosenau. Hier verlieh er dem Marktflecken ein Privilegium über das Wochenmarktrecht am Mittwoch sowie einen Schutzbrief zur Ahndung der Steuerverweigerer, die in anderen Orten wohnten, aber von ihren Liegenschaften auf Rosenauer Hattert keine Steuern zahlen wollten.

Von Rosenau reiste der König an einem Tag – am 8. Juli – auf das in der Nähe der Grenzfestung Törzburg liegende ebene Gelände „Baranmezö“, wo sich sein Heer „neben den Grenzen der Walachei“ befand, wo er eine Urkunde zu Gunsten der Bergstadt Altenberg – heute rumänisch Baia de Criş – im siebenbürgischen Erzgebirge (Westkarpaten) ausstellen ließ.

Damit hätten wir das gegenwärtig erschlossene Quellenmaterial über den Aufenthalt des Königs Sigismund in Kronstadt und Umgebung in der ersten Hälfte des Jahres 1427 in großen Zügen vorgestellt. Der strategische Zweck des Aufenthaltes, nämlich in der Walachei an der Südgrenze Siebenbürgens einen ungarnfreundlichen Fürsten (Dan II.) einzusetzen, war ge­lungen und für die folgenden fünf Jahre, bis zum nächsten Türkeneinfall im Jahre 1432, war der Friede auch für Kronstadt und das Burzenland gesichert. Der Aufenthalt von 1427 hatte aber auch noch spätere Auswirkungen. Im Jahre 1428 erließ der König noch mehrere Urkunden zu Gunsten der Stadt Kronstadt. Die wichtigste davon war das am 27. Juli 1428 in Kubin an der Donau – heute Kovin östlich von Belgrad – ausgestellte große Privilegium für die Kronstädter und Burzenländer Sachsen. Dadurch erhielten sie verschiedene Freiheiten bestätigt: Waldnutzung, Fischfang, Wasserrecht, Zollfreiheit, niedere Gerichtsbarkeit, Wahl der Beamten und Geistlichen, Autorität der Heerführer, Gerichtsbarkeit in Straffällen und Appell an die sächsischen Sieben Stühle mit dem Sitz in Hermannstadt. Letzteres war ein wichtiger Schritt zur Ausbildung der späteren „Sächsischen Nationsuniversität“. Bis zu seinem Lebensende hat Köng Sigismund der Stadt Kronstadt ein dankbares Gedenken an seinen schönen Aufenthalt dort bewahrt und ihr noch viele Zeugnisse seiner Gunst erwiesen.

Nur wenige Wochen vor seinem Tode am 9. Dezember 1437 schenkte er am 25. Okto­ber 1437 zum Heile seiner Seele der Martinskapelle, seiner Stiftung von 1395, das Gelände des königlichen Hoflagers, das „nun verlassen und ohne Gebäude“ dastand, gegenüber der Peter- und Paulskirche in der Klostergasse. Er wußte wohl, daß er dies Gelände nicht mehr benützen würde.

Lit.: Franz Zimmermann/Gustav Gündisch: Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, Bd. 3–4, Hermannstadt 1902 –1937. – Harald Zimmermann: Siebenbürgen und seine Hospites Teutonici. Vorträge und Forschungen zur südostdeutschen Geschichte, Köln/Weimar/Wien 1996. – Ráth Károly: A magyar királyok hadjáratai, utazásai és tartózkodási helyei (Die Kriegszüge, Reisen und Aufenthaltsorte der ungarischen Könige), Györ (Raab) 1861. – Franciscus Döri (ed.): Decreta Regni Hungariae – Gesetze und Verordnungen Ungarns 1301–1457, Akademiai Kiadó Budapest 1976. – Constantin C. Giurescu/Dinu C. Giurescu: Istoria Românilor (Geschichte der Rumänen), 2., Bukarest 1976.

Bild: Portrat von König Sigismund / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Gernot Nussbächer (OGT 2002, 360)