Ereignis vom 2. Januar 1350

Neuenburg in Preussen

Wappen von Neuenburg

Neuenburg (Kreis Schwetz) leitet seine anfängliche Bedeutung von seiner lokal-geographischen Situation auf dem linken hohen Weichselufer her, wo bereits im 13. Jahrhundert eine pommerellische Burg entstand, die 1266 erstmalig erwähnt wird. 1282 erfolgte eine Niederlassung der Franziskaner. Der Burgplatz geriet 1301 in den Besitz von Peter Swenza. Seit 1302 ist eine deutsche Gerichtsgemeinde nachweisbar. Als feudum oblatum nahm 1307 Peter Swenza Burg und Siedlung vom Markgrafen von Brandenburg entgegen. In dieser Zeit kann man bereits von einer städtischen Siedlung sprechen. 1308 wurde Neuenburg zerstört. Der Deutsche Orden kaufte 1313 Neuenburg zusammen mit fünf Dörfern in der Nähe von Tuchel für 1.200 Mark. Neuenburg bietet damit ein Zeugnis für die systematischen Anstrengungen des Ordens, seine territoriale Herrschaft in Pommerellen durch Ankauf von Landbesitz zu stabilisieren. Am zweiten Januar 1350 verleiht dann der Hochmeister Heinrich Dusemer der Stadt Neuenburg eine Handfeste zu kulmischem Recht im Hochmeistersitz Marien-burg. Das im Original, in deutscher Sprache abgefasst, und auch so durch eine Abschrift des 16. Jahrhunderts überlieferte „privilegium der Stadt Newenburgk uber neundehalb undt funfczigk huben“ lässt einen genaueren Blick in das städtische Leben zu.

Geregelt werden die Gerichtsbarkeit, die Besitzverhältnisse an Grund und Boden sowie die Rechte des Ordens:

Gerhard Storm und seine Erben erhalten die Stadt Neuenburg als erblichen Besitz und werden zu Schultheißen eingesetzt. Sie erhalten einen Freihof mit 5,5 Freihufen. Für jede zinspflichtige Hufe haben sie dem Deutschen Orden eine Mark und zwei Hühner zu zahlen sowie bei Bedarf drei Tage Arbeit bei Selbstverköstigung zu leisten. Die städtische Pfarre erhält 4 Freihufen sowie von jeder zinspflichtigen Hufe zu Lichtmess je einen Scheffel Roggen und Hafer. Der Bischof erhält von jeder Hufe den Zehnt, möglicherweise nur von jeder zinspflichtigen. Die Franziskaner erhalten ein innerhalb der Stadt gelegenes Kloster, das sie bereits länger als Niederlassung führen. Der Orden behält zwei Höfe und erhebt von allen anderen Besitzern jährlich zu Martini einen halben Pfennig. Der Orden behält sich die Gerichtsbarkeit über seine Lehnsleute vor, erhält die Hälfte der Gewinne aus den Badestuben und anderen „Dienstleistungs-gewerben“. Er darf für den eigenen Bedarf fischen. Im mittelalterlichen Neuenburg lassen sich das Franziskaner-Kloster an der Südwestecke der alten Stadtanlage (Aufbaubeginn um 1311), die Burg des Deutschen Ordens in der Nord-Ost-Ecke der Stadt (Baubeginn um 1350, also mit der Verleihung der Handfeste beginnend), die Pfarrkirche St. Matthäus in der Nord-West-Ecke in der Nähe der Stadtmauer (Baubeginn An-fang des 14. Jahrhunderts als backstein-gotischer Bau), das Hospital (Mitte 14. Jahrhundert) und schließlich die Stadtbefestigung (ebenfalls mit dem Zeitpunkt der Handfeste-Verleihung beginnend) mit acht Wehrtürmen und vier Toren nachweisen.

Neuenburg hat seit dem späten Mittelalter die wechselvolle Geschichte des unteren Weichselraumes bis ins 20. Jahrhundert geteilt.

Heute gehört Neuenburg/Nowe zur Wojewodschaft Bydgoszcz.

Quellen: Druck der Handfeste in: Hans Koeppen (Bearb.): Preußisches Urkundenbuch. Band 4 (1346-1351), Marburg 1960. Nr. 528 S. 473-475. – Max Hein/Erich Maschke (Bearb.): Preußisches Urkundenbuch. Band 2 (1309-1335), Neudruck der Ausgabe von 1939, Aalen 1962. – Max Perlbach (Bearb.): Pommerellisches Urkundenbuch, Danzig 1881-1916, Neudruck Aalen 1969.

Lit.: Richard Antoni (Bearb.): Dehio – Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostpreußen, München, Berlin 1997. – Martin Armgart: Die Handfesten des preußischen Oberlandes bis 1410 und ihre Aussteller. Diplomatische und prosopographische Untersuchungen zur Kanzleigeschichte des Deutschen Ordens in Preußen (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, Beiheft 2), Köln/Weimar/ Wien 1995. – Karl Heinz Clasen: Die mittelalterliche Kunst im Gebiet des Deutschordensstaates Preußen. Band 1. Die Burgbauten (Ostpreußische Landeskunde in Einzeldarstellungen), Königsberg 1927. – F. Ebel: Schultheiß, in: LMA VII (1995), Spalte 1591-1592. – A. Erler: Hand-feste, in: HRG I (1971), Spalte 1960. P. Johanek: Handfeste, in: LMA IV (1989), Spalte 1901-1902. – Klaus Neitmann: Der Hochmeister des Deutschen Ordens im Preußen – ein Residenzherrscher unterwegs. Untersuchungen zu den Hochmeisteritineraren im 14. und 15. Jahrhundert (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz 30), Köln/Wien 1990. – Ulrich Niess: Hochmeister Karl von Trier (1311-1324) (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 47), Marburg 1992. – Richard Wegner: Ein Pommersches Her-zogthum und eine deutsche Ordens-Komthurei (Schwetz). (Kulturgeschichte des Schwetzer Kreises. Bd. I), Posen 1872. – Erich Weise (Hg.): Handbuch historischer Stätten. Ost- und Westpreußen, Stuttgart 1966, S. 153-154. – H. Wermbter: Die Verfassung der Städte im Ordenslande Preußen, in: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins, Heft 13 (1884), S. 1-74. – Dieter Willoweit: Kulmer Handfeste, in: LMA V (1991), Spalte 1564-1565.

Bild: Wappen von Neuenburg / Quelle: Wikipedia.Gemeinfrei.

Carl August Lückerath