Neues Projekt der Stiftung Europäische Akademie Külz-Kulice
Seit kurzem gibt die Europäische Akademie Külz-Kulice unter Leitung von Lisaweta von Zitzewitz eine Publikationsreihe heraus, die es sich zum Ziel gesetzt hat, einzelne Guts- und Parkanlagen in der Wojewodschaft Westpommern vor dem Vergessen zu bewahren.
Es ist unbestritten, dass Gutsanlagen bis Mitte des 20. Jahrhunderts wesentliche Bestandteile der Kulturlandschaft im Osten Deutschlands waren. Burgen, Schlösser und Gutshäuser mit ihren Parkanlagen, aber auch mit den dazu gehörenden Wirtschaftsgebäuden und Kirchen sind kulturelle Werte mit nachhaltigen Aussagen über historische und baugeschichtliche Epochen. Mit der neuen Schlösserserie wollen die Initiatoren die Bedeutung der ländlichen Schlossbaukunst und der Parkanlagen in der östlich der Oder gelegenen Region sowohl Polen als auch Deutschen in Erinnerung rufen und die Verständigung im deutsch-polnischen Dialog fördern.
Die Geschichte dieser Anwesen und die ihrer Eigentümer zu erforschen und aufzuschreiben, ist eine gewaltige Herausforderung an Historiker und Denkmalpfleger. Es kommt darauf an, nach der Normalisierung der deutsch-polnischen Beziehungen im Wege der Europäisierung insbesondere Polen für die historische Dimension der vorhandenen Bauwerke zu sensibilisieren und sie für die Wahrung des kulturellen Erbes zu gewinnen. „Die Herausgabe solcher Publikationen war immer mein Traum, und ich werde junge Historiker und Kunsthistoriker aus Polen und Deutschland zur Mitarbeit bewegen“, sagt Lisaweta von Zitzewitz zu diesem Vorhaben. Auch Ewa Stanecka, Denkmalpflegerin der Westpommerschen Wojewodschaft, steht hinter diesem Vorhaben und hofft wie die Herausgeber, „dass die Publikationen dazu beitragen, die Identität und das Selbstbewusstsein der Menschen, die in Nachbarschaft des Baudenkmals leben, zu fördern und sie zu ermutigen, die Anlagen zu schützen sowie den jeweiligen Ort touristisch zu erschließen.“ Während in den neuen bundesdeutschen Ländern Güter oft zurückgekauft und Gebäude restauriert werden können, ist dies in den ehemaligen, heute zu Polen gehörenden Ostgebieten, allein aus finanziellen Gründen, häufig nur schwer möglich. Ein Teil der Anlagen ist vernachlässigt oder durch Umbauten entstellt, einige sind aber im guten Zustand. Gerade deshalb kommt der neuen Schriftenreihe “Schlösser und Gärten in der Wojewodschaft Westpommern“ eine besondere Bedeutung zu. Nur so können die beschriebenen Anwesen vor dem Vergessen bewahrt und im glücklichsten Falle Investoren für den Erhalt der Gebäude und Parkanlagen gewonnen werden, denn Schlösser und Herrenhäuser brauchen Freunde über den Tag hinaus.
Die Reihe entsteht in Zusammenarbeit mit dem „Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark“, deren Vorsitzende, die Kunsthistorikerin Dr. Sibylle Badstübner-Gröger, die wissenschaftliche Redaktion übernommen hat. Gefördert wird die Westpommern-Reihe von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie dem Verein zur Förderung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit e. V. Bisher sind Broschüren zu den hinterpommerschen Anwesen in Külz, Matzdorf, Pansin, Prillwitz, Ribbekardt und Stargordt erschienen. Die Reihe wird fortgesetzt werden, zumal in der Wojewodschaft Westpommern derzeit immerhin noch 650 Burgen, Schlösser und Herrenhäuser (davon 288 im Denkmalregister eingetragene Objekte) und fast 1.000 Parkanlagen (davon 712 registrierte) bekannt sind. Autoren der Westpommern-Reihe sind deutsche und polnische Kunsthistoriker und Denkmalpfleger. Sie stellen die Geschichte der Gutsanlagen und ihrer Eigentümer sowie den heutigen Zustand und die Art der Nutzung vor. Im Mittelpunkt stehen dabei die Baukunst und die Gartengestaltung.
Erläuterungen zu den bisher erschienenen Publikationen:
1. Stargordt/ Starogard – Autor Wulf-Dietrich von Borcke
Das Barockschloss der Grafen von Borcke liegt in der Nähe von Regenwalde/ Resko. Es war ein herausragendes Beispiel ländlicher Schlossbaukunst in Hinterpommern. Anfang März 1945 wurde es durch sowjetische Truppen zerstört. Die Geschichte der Familie von Borcke reicht bis in das Jahr 1186/87 zurück. Besonders bekannt geworden sind mehrere Angehörige der Familie, die in Diensten preußischer Könige standen und die es zu außerordentlichem Ansehen gebracht haben. Phasen des Schlossbaus werden dargestellt und die glanzvolle Ausstattung der Räumlichkeiten beschrieben. Bisher nicht veröffentlichte Ausschnitte aus dem Preußischen Urmesstischblatt von 1834 und 1891 ermöglichen Rückschlüsse auf die Lage der Wirtschaftsgebäude zum Hauptgebäude und lassen die Größe des Schlossparks erkennen. Die Schlossruine gehört heute der Gemeinde Regenwalde. Bewohnt werden Reste der erhalten gebliebenen Ost- und Westflügel des Schlosses. Stallgebäude, Scheunen, Lager- und Maschinengebäude werden von einer polnischen Firma genutzt.
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2. Prillwitz/ Przelewice – Autor Maciej Słomiński, Kunsthistoriker Stettin
Obwohl das Herrenhaus Prillwitz noch bis Ende der 1990er Jahre dem Verfall preisgegeben war, strahlt es heute wieder im alten Glanz. Der Autor schildert sowohl das tragische Geschehen um Otto Friedrich Ludwig von Schack (1763-1815), dessen Familie fast 300 Jahre das Gut Prillwitz gehörte, als auch Details aus dem Leben der weiteren Besitzer von Prillwitz, zu denen unter anderem der Geheime Oberfinanzrat August Heinrich von Borgstede aus Berlin, Prinz August von Preußen (1779-1843) und der Berliner Industrieller Dr. Conrad von Borsig gehörten. Die großartige Parkanlage ließ August Heinrich von Borgstede in Form eines Landschaftsgartens nach englischem Vorbild anlegen. Damit wandte er sich vom damals üblichen Barockgarten ab. In den Jahren 1933-1938 wurde der Park in ein Arboretum umgewandelt. Nach 1945 drohte der Park zu verwildern. Es waren Studenten und Wissenschaftler polnischer Akademien und universitärer Institute auf deren Initiativen hin Mitte der 1950er Jahre der Prillwitzer Park den Status eines Dendrologisch-Pomologischen Gartens erhielt. Heute sind Park und Schloss Anziehungspunkte in Westpommern.
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3. Ribbekardt/ Rybokarty – Autorin Anna Walkiewicz, Stettin
Dorf und Schloss Ribbekardt, gelegen im Greifenberger Land, zeichnen sich durch eine einzigartig malerische Lage aus, die schon Alexander Duncker hervorhob. Das eindrucksvolle Schloss ist wiederholt umgebaut worden. Das heutige zweigeschossige Herrenhaus mit neogotischem Turm und reicher Fassaden- und Innenraumgestaltung entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als der Anwalt Fritz Röchling, Angehöriger einer bekannten Industriellenfamilie aus dem Saargebiet, das Anwesen erworben hatte und sich dem Ausbau des Schlosses widmete. Das Schloss überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet, war viele Jahre lang unbewohnt und drohte zu verfallen. In den Jahren nach 2000 wurde das Haus von der Familie Zając liebevoll und vor allem dem historischen Vorbild entsprechend wieder aufgebaut. Heute dient das Schloss als Hotel, in dem Tagungen und Konzerte durchgeführt werden.
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4. Matzdorf/ Maciejewo – Autor Radowsław Walkiewicz
Die Geschichte Matzdorfs war über Jahrhunderte hinweg mit der Familie von Flemming verknüpft, einem der namhaftesten pommerschen Adelsgeschlechter. Das nicht im Krieg zerstörte jetzige Herrenhaus wurde 1899-1900 von dieser Familie im Stil der romantischen bzw. englischen Neogotik errichtet. Von der mittelalterlichen Burg Matzdorf sind keine Reste erhalten. Der einstige Burghügel ist heute weitestgehend überbaut. Im Schloss, das jetzt als Hotel dient, ist im Speisesaal und in anderen Sälen des Erdgeschosses noch die alte Ausstattung erhalten.
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5. Pansin/ Pęzino – Autoren Kazimiera Kalita-Skwirzyńska und Mirosław Opęchowski
Pansin war ursprünglich ein Wehrbau des Johanniterordens aus dem 14. Jahrhundert, der von den Familien von Borcke (1489-1682) und von Puttkamer (1682-1945) zu einer Anlage mit trapezförmigem Grundriss ausgebaut wurde. Die Anlage vereinigt in sich Formen der Gotik, der Spätgotik, der Renaissance und der Neogotik. Nach 1945 ging das Gut in polnisches Staatseigentum über. Im Jahre 1979 begannen die Staatlichen Werkstätten für Denkmalrestaurierung (PKZ) aus Stettin das Schloss zu renovieren. In den 1990er Jahren ging das Schloss in Privatbesitz über.
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6. Külz/ Kulice – Autorin Lisaweta von Zitzewitz
Das Herrenhaus wurde in den Jahren 1848-1882 im klassizistischen Stil von der Familie von Bismarck erbaut. Nach der Wende begann der Wiederaufbau des stark verfallenen Hauses, das nach der Rekonstruktion von 1995 bis 2012 Sitz der Europäischen Akademie Külz-Kulice war. Beim Umbau des ehemaligen Gutshauses zu einer modernen Tagungsstätte wurde die „historische Hülle“ weitestgehend erhalten. Funktionsräume und Gästezimmer wurden so ins Gebäude eingepasst, dass die alten Strukturen des Hauses noch erkennbar sind.
Zusammenfassung
Alle Broschüren mit den bau- und familiengeschichtlichen Darstellungen enthalten aktuelle und historische Aufnahmen, Grundrisse und Pläne der jeweiligen Bauten und der sie umgebenden Park- und Gutsanlagen, wobei es sich teilweise um Bildnisse und Pläne handelt, die bisher nicht veröffentlicht wurden. Hervorzuheben ist die Mitwirkung des Fotografen Volkmar Billeb, der Schwarz-Weiß-Fotos zur Schlösserreihe beigesteuert hat. Beigegeben ist den Broschüren ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis, das interessierte Historiker, vor allem aber auch Besucher und jetzige Nutzer der Bauwerke zur weiteren Beschäftigung mit den beschriebenen Objekten anregen soll. Angesprochen werden insbesondere die in der Nachbarschaft des Baudenkmals lebenden Menschen, die durch die Publikationen ermutigt werden sollen, die Anlagen zu schützen sowie den jeweiligen Ort touristisch zu erschließen.
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Die zweisprachigen Schlössermonographien können gegen eine Schutzgebühr von 6,- € je Monographie (zzgl. Versandkosten) erworben werden bei: Lisaweta von Zitzewitz, Stiftung Europäische Akademie Külz-Kulice, akademiakulice@pro.onet.pl, Tel: (0048) 509 250 932 oder bei Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark, Voßstraße 22, 10117 Berlin, Tel. (030) 88 41 22 66, Fax (030) 88 412 223, freundeskreis@deutsche-gesellschaft-ev.de.
Elsbeth Vahlefeld