Biographie

Koffler, Johann

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Missionar, Arzt, Historiker
* 19. Juni 1711 in Prag
† 1. Dezember 1780 in Klausenburg/Siebenbürgen

Koffler trat schon im jungen Alter von 15 Jahren am 10. November 1726 in den Orden des heiligen Ignatius ein. Er machte sein vorgeschriebenes zweijähriges Noviziat in Brünn (Brno) und studierte 1729 bis 1731 in Olmütz (Olomouc) Philosophie. Dann schickten ihn seine Oberen drei Jahre als Gymnasiallehrer an die Kollegien der Jesuiten in Krummau (Český Krumlov) und Sagan, ehe er 1735 in Olmütz und ab 1736 in Prag sein Theologiestudium beendete. 1738 erhielt er den Auftrag, in die Mission zu gehen. Erst 1740 langte er nach langer Seereise in Hinterindien im Königreich Cochinchina an, wo er zunächst am Königlichen Hof tätig war. Im Neuen Welt-Bott, einer Missionszeitschrift des 18. Jahrhunderts, finden wir unter Nummer 710 im fünften Band einen Brief R. P. Joannis Koffler, Missionarii Soc. Jesu in Cochinchina aus der Boeheimischen Provinz an R. P. Josephum Ritter aus der Gesellschaft Seiner Majestät der Königin in Portugall Beicht-Vatern, geschrieben zu Mucoico, dem 18. Maji 1744. Der Prager Pater berichtet darin, dass ihn einige Mandarine wegen seiner medizinischen Kenntnisse in ihren Provinzen haben wollten. „Im Heumonat des letzt verflossenen 1743. Jahrs bin ich in dieser meiner neuen Mission angelangt und habe, nach dem ich fünfzehn Tage nicht so viel zu einer Ausrastung von der beschwerlichen Reise, als zur schuldigen Besuchung deren ersteren Mandarinen angewendet, mich gleich zum Apostolischen Werk fertig gemacht. Die Anzahl der Christen, die zu und um Mucoi-co durch einen sehr weiten Landstrich meiner geistlichen Obsorg anvertrauet seynd, machet zwar einen nicht gar großen Haufen aus, doch ersetzen sie an ihrem Eifer, was an der Zahl ermanglet“. Im Folgenden schildert er einige besonders eifrige Christen seiner Mission und hofft, dass sein Wirken noch mehr Früchte trage. Zwei weitere Briefe sind uns vom 7. Juli 1747 und vom „Brachmonat 1749“ erhalten. In der Zwischenzeit war er zum Hofastronom und Leibarzt des Kaisers aufgerückt, ein Posten, den vorher ein anderer Prager, Karl Slamensky, bekleidet hatte. Koffler erhielt dabei vom Kaiser eigens den Titel „Nhiem“, das bedeutet „tiefer und verschwiegener Lehrmeister“. Der Brief von 1747 klingt, als wäre er mehr als 200 Jahre später geschrieben, denn da ist von Krieg und Aufruhr in Kambodscha die Rede und vom Unwillen der Einheimischen gegen die chinesische Minderheit in den Städten. Inzwischen stand es auch um die Christen im Lande nicht gut, da sie viele Feinde am Hof hatten. „Gott gebe, dass auch wir Christen immer einige Große des Reiches finden, welche mit ihrem Ansehen und Vorwort die allzeit wider uns bewaffnete Hand des Königs … zurückhalten möchten“. Die Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen; am Vorabend des Ignatiusfestes 1751 schreibt Koffler im Königlichen Hoflager einen ausführlichen Brief an eine Wohltäterin der Mission, an die „Hochgräfliche Exzellenz, Frau Maria Theresia, Reichsgräfin von Fugger zu Wellenburg, gebohrene Truchses zu Zeil“. In diesem uns ebenfalls erhaltenen Brief erfahren wir vom Ende des Christentums in Cochin-china und von den vergeblichen Versuchen P. Kofflers, alle seine Beziehungen am Hof einzusetzen, um die Ausweisung der Missionare und Verfolgung der einheimischen Christen zu verhindern. Koffler war überhaupt der einzige Jesuit, der noch in Cochinchina bleiben konnte. Der erwähnte Neue Welt-Bott zählt ihn zu den Missionaren, die „ein besonderes Augenmerk verdienen“: „P. Johannes Koffler, welcher nachdem acht und zwanzig seiner Mitarbeiter, auf einem Tag, aus dem Reich in das Elend verstossen worden, durch obgedachte zwey Wissenschaften (Sternseh- und Artzney-Kunst) verdienet, allein zu denen Hofdiensten des verfolgenden Königs, in Cochinchina, zurückbehalten zu werden, wo er dermalen die traurige Überbleibslein der zusammen gefallen Kirch, mit seinem Ansehen, nach allen Kräften unterstützt“. Fünf Jahre konnte er noch bleiben, ehe auch er 1755 das Land verlassen musste. Im portugiesischen Macao war ihm ebenfalls keine lange Ruhe vergönnt, denn als der am Lissabonner Hof allmächtige Minister Pombal den Jesuitenorden in den portugiesischen Besitzungen aufhob, wurde auch Koffler nach Lissabon deportiert und schmachtete in den berüchtigten Kerkern von St. Julian, ehe er am 10. Juli 1767 auf Intervention der Kaiserin Maria Theresia als österreichischer Untertan freigelassen wurde.

Nach kurzer Tätigkeit als Spiritual am Jesuitenkolleg im nordböhmischen Leitmeritz (Litoměřice) ging er wieder in die Mission, diesmal nach Siebenbürgen. Hier starb er im Dezember 1780. Er war selbst im portugiesischen Kerker ungebrochen, denn in St. Julian schrieb er eine Historische Beschreibung von Cochinchina. Der protestantische Gelehrte Christian Gottlieb von Murr hat diese Historica Cochinchinae descripto 1803 in Nürnberg lateinisch herausgegeben; ebenso ein lateinisches Loblied, das Koffler im Kerker auf einen dort umgekommenen Mitbruder dichtete. Die Manuskripte waren erst nach seinem Tode von Lissabon nach Deutschland gekommen und von dem Exjesuiten Anselm Eckart übersetzt worden. Im fernen Hanoi vergaß man Koffler auch im 20. Jahrhundert nicht, denn dort berichtete Charles Maybon 1912 in einem Aufsatz der Revue Indochinoise über „P. Jean Koffler, auteur de Historica Cochinchinae descriptio“.

Lit.: ADB Band 16.NDB Band 12.Kofflers Briefe aus der Mission sind als Nr. 710, 714, 717, 721, und 722 in „Der neue Welt-Bott – allerhand so lehr – als geistreiche Brief-Schriften und Reis-Beschreibungen, welch von den Missionaris der Gesellschaft Jesu aus den beyden Indien und anderen Ländern in Europa angelangt seynd“ erhalten. In der gebundenen Ausgabe in der Regensburger Bibliothek im Schloss Thurn und Taxis im Band V 1758.

Abb.: Titelblatt der Historica Cochinchinae descripto von 1803.

Rudolf Grulich