Wissenschaftliche Fachtagung der Kulturstiftung zeigt Danzig der Frühmoderne

Wissenschaftliche Fachtagung der Kulturstiftung zeigt Danzig der Frühmoderne
Matthäus Merian d. Ältere, Danzig 1643, Ausschnitt

Die wissenschaftliche Online-Fachtagung „Literarisches Leben und städtisches Selbstbewusstsein – Dichtung und Kultur in Danzig zu Lebzeiten von Johann Peter Titz“ der Kulturstiftung der deutschen Vertriebene n gab am 7. Dezember Einblicke in das kulturelle Leben Danzigs in der Frühmoderne. Die gesamte Veranstaltung wurde im Rahmen der Reihe „Kultur im Live-Stream“ der Kulturstiftung auf Youtube übertragen und ist dort als Aufzeichnung abrufbar.

Im 17. Jahrhundert war Danzig wichtiger Erprobungs- und Aufführungsort einer durch den Schlesier Martin Opitz auf den Weg gebrachten und dann im protestantischen Teil des alten deutschen Sprachraums schnell aufgegriffenen und weiter ausgeprägten deutschsprachigen Dichtkunst. Als zentrale Figur des literarischen Lebens in der Stadt gilt Johann Peter Titz (1619-1689), der 1635 aus Liegnitz an die Ostsee gekommen war und ab 1651 als Professor für alte Sprachen, Poesie und Rhetorik am Akademischen Gymnasium maßgeblich zur Reputation von Dichtkunst und Gelehrsamkeit Danzigs in der Region beitrug.

Wissenschaftliche Fachtagung der Kulturstiftung zeigt Danzig der Frühmoderne
Tagungsleiter Prof. Dr. Axel E. Walter

Reinfried Vogler, Vorstandsvorsitzender der Kulturstiftung, sagte in seinem Grußwort zum Auftakt der Tagung: „Wenn man Danzig hört und Literatur, dann ist der erste Gedanke: Günter Grass. Dass das literarische Leben in Danzig eine lange Tradition hat, ist weitgehend unbekannt.“ Er fügte hinzu: „Ich freue mich, dass wir hier ein Thema haben, wo wir eine Wissenslücke schließen können – eine Wissenslücke, bei der es sich lohnt, dass man sie schließt.“

Die interdisziplinäre Tagung unter der wissenschaftlichen Leitung des an der Eutiner Landesbibliothek tätigen Literaturwissenschaftlers Prof. Dr. Axel Walter zeigte kulturelle Entwicklungen auf, die Danzigs frühe Blüte begleiteten. Dabei wurden geschichtliche Ereignisse ebenso einbezogen wie Werke der Literatur, Architektur und Musik. Literatur sollte man nicht im Reagenzglas betrachten, sondern in Kontexte eingebettet, erklärte Prof. Walter.

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Prof. Dr. Bernhart Jähnig stellte die politisch-wirtschaftliche Entwicklung Danzigs ab dem Hochmittelalter vor

Den geschichtlichen Vorlauf des betrachteten Zeitraums legte Prof. Dr. Bernhart Jähnig in seinem Beitrag zum wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung Danzigs im Hochmittelalter dar. Weitreichende Handelsbeziehungen zum Baltikum und weit darüber hinaus hätten diesen Aufstieg mitgetragen, erklärte er.

Dass sich dies auch in der Architektur der Stadt niederschlug zeigte Prof. Dr. Tomasz Torbus vom kunstgeschichtlichen Institut der Universität Danzig (Gdańsk) auf. Der Kunsthistoriker widmete sich nicht nur Bürgerhäusern, sondern auch den Rathäusern der Stadt und ihren Prachttoren. Ihre Schöpfer waren oft niederländischer Abstammung und schufen so ein von norddeutschen Städten abweichendes Stadtbild.

Auch in der Musik nahmen die Danziger Einflüsse auf und setzten sie passend für ihre Bedürfnisse um. Dieser Thematik widmete sich der Kirchenmusikwissenschaftler PD Dr. Piotr Kociumbas vom Institut für Germanistik der Universität Warschau (Warszawa), der unter anderem beschrieb, wie die Traditionen der Kirchenmusik mit pädagogischen Ansprüchen der Zeit verschmolzen.

Auch Johann Peter Titz sah die Kunst und ihre Schöpfer in einer gesellschaftlichen Verantwortung, ebenso jedoch die Stadt und den König. Diesem Aspekt widmete sich der Literaturwissenschaftler PD Dr. Andreas Keller vom Institut für Germanistik der Universität Potsdam und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in seinem Tagungsbeitrag zu Titz‘ Heldenbrief „Knemons Send-Schreiben an Rhodopen“ (1647). „Er zeigte im Ansatz, was die Stadt und mit ihr auch der König verabsäumten, welche wichtigen Leistungen aus dem Gesamtspektrum ihnen entgehen“, fasste Dr. Keller zusammen.

Mit den Danziger Hochzeitsliedern aus der Feder von Titz‘ Zeitgenossen Georg Greflinger beschäftigte sich die Literatur- und Musikwissenschaftlerin Dr. Astrid Dröse vom Deutschen Seminar der Universität Tübingen. Sie zeigte auf, wie wichtig die Kasualdichtung nicht nur für die Elitenkultur Danzigs war, sondern auch von Künstlern genutzt wurde, um sich den Patriziern zu empfehlen. Kunst hatte in der Frühen Neuzeit einen festen Platz im Leben der Menschen.

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PD Dr. Andreas Keller stellte Johann Peter Titz als Dichter mit gesellschaftlichem Weitblick vor

Abschließend dankte Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung, den Referierenden für ihre Beiträge und Prof. Dr. Axel Walter für die Vorbereitung und Durchführung der Tagung. Er wies zudem auf den für nächstes Jahr geplanten Tagungsband hin, der weitere Beiträge zum Tagungsthema enthalten wird.