Unter diesem Motto stand am 1. und 2. August ein Workshop im Bildungshaus Zeppelin in Goslar, zu dem die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen eingeladen hatte. Bei dem Workshop wurden Möglichkeiten des Erhalts, der Konservierung und Inventarisierung der Bestände, der Steigerung der Attraktivität sowie Möglichkeiten der Digitalisierung erörtert, aber auch die Frage einer möglichen Überführung der Bestände in kommunale/ überregionale Museumseinrichtungen oder auch in die Heimatgebiete im Falle, dass die Weiterführung der Sammlung nicht mehr möglich erscheint.
Hintergrund ist, dass sich die Bundesregierung In ihrem Koalitionsvertrag dazu bekennt, die im Sinne des Kulturparagraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes tätigen Einrichtungen der Heimatvertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten als Träger des deutschen Kulturerbes des Ostens sowie im Geiste der europäischen Verständigung für die Zukunft zu ertüchtigen und die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen zu stärken. Zur Umsetzung dieser Koalitionsvereinbarung erarbeitet die Kulturstiftung derzeit, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, ein Konzept zur Stärkung der eigenständigen Kulturarbeit, die bereits seit Jahren von den Vertriebenenorganisationen gefordert wird.
Bisherige Workshops im Rahmen dieses Projekts widmeten sich der Kooperation und Vernetzung der Einrichtungen der eigenständigen Kulturarbeit untereinander und mit den deutschen Minderheiten im östlichen Europa sowie dem Stand der wissenschaftlichen Arbeit, der Gewinnung von wissenschaftlichem Nachwuchs und der Ansprache und Einbeziehung der jüngeren Generation sowie dem Stand und den Perspektiven der Publikationsorgane der Vertriebenen.
Es bestand Einigkeit, dass es vorrangiges Ziel sein müsse, die Heimatsammlungen vor Ort zu bewahren, die Träger der Einrichtungen zu diesem Zweck umfassend zu beraten und gegebenenfalls dabei zu unterstützen, dass die Bestände in einer kommunalen Einrichtung dauerhaft ausgestellt werden können. Die Heimatvertriebenen und deren großartiger Beitrag zum Wiederaufbau und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Städte im Nachkriegsdeutschland seien Teil der jeweiligen Stadtgeschichte, was durch die Ausstellung der Heimatsammlungen ins Bewusstsein, insbesondere auch der jüngeren Generation, getragen werden müsse.
BKM und Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa schlagen in diesem Zusammenhang in ihrer Handreichung „Was wird aus den Heimatsammlungen“ vor: „Es sollte ein Arbeitskreis der Einrichtungen geschaffen werde, die in der Lage sind, Heimatstuben zu beraten, zu betreuen und ihnen im Notfall zu helfen. Dazu sollten regelmäßige Arbeitstreffen zum Erfahrungsaustausch und zur Verbesserung der laufenden Kommunikation stattfinden. Die Koordinierung muss eindeutig, ggf. durch entsprechende Personalausstattung, geregelt werden.“ Die Teilnehmer des Workshops stimmten überein, dass die Kulturstiftung allein schon aufgrund ihrer Nähe zum Bund der Vertriebenen und den Landsmannschaften hervorragend dafür geeignet sei, diese Koordinierungsrolle auszufüllen.
Frau Dr. Barbara Magen vom Museumsverband Niedersachsen stellte ein vom Land Niedersachsen gefördertes und von ihr geleitetes Projekt vor, bei dem die Heimatsammlungen erfasst und beraten werden, um Möglichkeiten des Erhalts, der Konservierung und Inventarisierung der Bestände sicherzustellen. Die zahlreichen anwesenden Betreiber der Heimatsammlungen erachteten es als zielführend, unter der Koordinierung der Kulturstiftung vergleichbare Projekte auch in allen anderen Bundesländern durchzuführen.
Der Geschäftsführer der Kulturstiftung, Dr. Ernst Gierlich, stellte ein weiteres, vom Land Nordrhein-Westfalen gefördertes und bei der Kulturstiftung demnächst beginnendes Pilotprojekt vor: Parallel zu der Arbeit der Martin-Opitz-Bibliothek, Herne, die sich, wie deren Direktor Dr. Hans-Jakob Tebarth ausführte, der Digitalisierung von Bibliotheks- und Archivbeständen widmet, geht es um die Digitalisierung und Dokumentation auch der Exponate, also der dreidimensionalen Objekte der Sammlungen. Die Objekte sollen fotografisch erfasst und samt einer Beschreibung in Form einer „virtuellen Heimatsammlung“ im Internet präsentiert werden, um wie in den realen Sammlungsräumen wahrgenommen werden zu können. Professionell und attraktiv gestaltet, haben die „virtuellen Heimatsammlungen“ das Potential, die gefährdete Erinnerungskultur der Vertriebenen und Aussiedler mittels zeitgemäßer, Nachhaltigkeit gewährleistenden Mittel neuen, jüngeren Nutzerkreisen zu erschließen. Es sei wichtig, dass die Kulturstiftung in den kommenden Jahren in Folgeprojekten deutschlandweit möglichst viele Heimatsammlungen erfasst und die „virtuellen Heimatsammlungen“ der Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht werden.
Frau Silke Findeisen von Haus Schlesien in Königswinter erläuterte, dass es aufgrund fehlender räumlicher Kapazitäten den Regionalmuseen nicht möglich sei, alle Bestände der Heimatsammlungen zu übernehmen und nur ausgewählte Objekte ausgestellt werden könnten. Objekte in Depots seien aber dennoch von Relevanz, weil dadurch einzelne Exponate für Sonderausstellungen und wissenschaftliche Auswertung genutzt werden könnten.
Die mögliche Überführung der Bestände in kommunale/ überregionale Museumseinrichtungen oder auch in die Heimatgebiete im Falle, dass die Weiterführung der Sammlung nicht mehr möglich erscheint, sei eine Entscheidung, die die Betreiber der Heimatsammlungen für sich selbst entscheiden müssten. Frau Dr. Magdalena Lemańcyk, Regionalleiterin für Nordpolen beim Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), wies darauf hin, dass die deutschen Minderheiten vielerorts über Begegnungszentren verfügen, in denen Heimatsammlungen ausgestellt und auch der Mehrheitsbevölkerung zugänglich gemacht werden könnten. In dieser lasse sich ein zunehmendes Interesse am deutschen kulturellen geschichtlichen Erbe beobachten und die Heimatsammlungen könnten das Erbe „erlebbar machen“, damit auch einen verbindenden Beitrag zur Völkerverständigung leisten.
Um der Sorge entgegenzuwirken, dass Sammlungen in den Herkunftsregionen aus städtischen Einrichtungen wieder verschwinden, könnten Dauerleihgaben eine Lösung darstellen. Es müsse geprüft werden, ob auf deutscher Seite die Kulturstiftung Vertragspartner sein könnte, um langfristig die Ausstellung der Heimatsammlungen in den Herkunftsgebieten sicherzustellen.
Die Stadt Goslar wurde als Tagungsort ausgewählt, da die „Historische Sammlung Brieg“ im Jahr 2018 in vorbildlicher Weise in die Obhut des Museumsvereins Goslar e.V. übergeben wurde, wofür sich die Stadt Goslar nachhaltig einsetzte. Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk, der zeitweise an der Tagung teilnahm, appellierte an die Kommunen, es der Stadt Goslar gleichzutun, die Heimatsammlungen als bedeutenden Teil der Stadtgeschichte anzuerkennen, und geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Stellt man die Kosten hierfür den alljährlichen Finanzhaushalt der einzelnen Kommunen gegenüber, seien die Ausgaben so gering, dass finanzielle Gründe für eine ablehnende Haltung der Kommunen jeglicher Grundlage entbehren
Hier ein austührlicher Tagungsbericht als Download
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