„Zukunftswerkstatt“

Partizipativen Ansatz stärken – Arbeit vernetzen –
wissenschaftliche Forschung befördern!

In ihrem Koalitionsvertrag bekennt sich die Bundesregierung dazu, die im Sinne des Kulturparagraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes tätigen Einrichtungen der Heimatvertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten als Träger des deutschen Kulturerbes des Ostens sowie im Geiste der europäischen Verständigung für die Zukunft zu ertüchtigen und die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen zu stärken.

Zur Umsetzung dieser Koalitionsvereinbarung erarbeitet die Kulturstiftung, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, seit Januar dieses Jahres ein Konzept zur Stärkung der eigenständigen Kulturarbeit, die bereits seit Jahren von den Vertriebenenorganisationen gefordert wird. Nach einer Auftaktveranstaltung im Februar widmete sich eine Reihe von Workshops in Berlin, Königswinter und Goslar der Kooperation und Vernetzung der Einrichtungen der eigenständigen Kulturarbeit untereinander und mit den deutschen Minderheiten im östlichen Europa. Ferner wurden beleuchtet der Stand der wissenschaftlichen Arbeit, die Gewinnung von wissenschaftlichem Nachwuchs und die Ansprache und Einbeziehung der jüngeren Generation sowie Stand und Perspektiven der Publikationsorgane der Vertriebenen und der Bewahrung der Heimatsammlungen.

Am 4. und 5. September 2019 fand in HAUS SCHLESIEN in Königswinter eine „Zukunftswerkstatt“ statt, an der Vertreter von Kultureinrichtungen der Vertriebenen, Institutionen der Wissenschaft und der kulturellen Breitenarbeit, ebenso Vertreter des BdV und der deutschen Minderheit in Polen teilnahmen. Moderiert von dem Leiter des Projekts der Kulturstiftung, Thomas Konhäuser, wurden die Ergebnisse der zurückliegenden Workshops vorgestellt und reflektiert, dabei alle relevanten Problemfelder lebendig und konstruktiv diskutiert und weitere Impulse für die Erarbeitung eines Förderkonzepts zur Stärkung der eigenständigen Kulturarbeit der deutschen Vertriebenen gesetzt.

Die Zukunftswerkstatt hat wie die Auftaktveranstaltung und die zurückliegenden Workshops aufgezeigt, dass eine ständige Plattform zur Stärkung des Informationsaustausches und der gegenseitigen Vernetzung der Arbeit der Einrichtungen der eigenständigen Kulturarbeit nach § 96 BVFG untereinander notwendig ist. Synergieeffekte können bei einem entsprechenden Austausch und durch fortlaufende Veranstaltungen der Kulturstiftung nicht nur in der Projektarbeit, sondern insgesamt auch im Bereich der Publikationsorgane der Heimatvertriebenen, der Öffentlichkeitsarbeit und der Jugendarbeit erzielt werden.

Auch gilt es, die Einrichtungen der eigenständigen Kulturarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland und mit wissenschaftlichen Einrichtungen im östlichen Europa sowie den Organisationen der deutschen Minderheiten und deren Einrichtungen nachhaltig zu vernetzen. Die Kulturstiftung kann hier eine wichtige „Scharnierfunktion“ wahrnehmen. Von Seiten des Sprechers der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) und Vorsitzenden des Dachverbandes der deutschen Minderheiten in Polen (VdG), Bernard Gaida, wurde im Rahmen der Zukunftswerkstatt erneut der Wunsch nach einer künftigen Kooperation mit der Kulturstiftung im Hinblick auf eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit unterstrichen.

„Mit Kooperationen kann man nicht nur mehr eigene Einrichtungen erreichen, sondern auch eine breitere Öffentlichkeit. Man muss dem Wort ‚Kooperation‘ das Wort ‚Vernetzung‘ hinzufügen und es geht um die Koordinierung der Kooperation und der Vernetzung. Dabei kann die Kulturstiftung eine besondere Rolle spielen und eine Plattform bieten. Die Kulturstiftung kann insbesondere auch in der wissenschaftlichen Zuarbeit, Mitarbeit und in Ergänzung dessen, was die Landesbeauftragten und die verschiedenen Verbände und Organisationen vor Ort leisten können, einen wertvollen Beitrag leisten“, zitierte Projektleiter Konhäuser den Beauftragten für die Belange der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler des Landes NRW, Heiko Hendriks, der an dem ersten Workshop in Berlin teilgenommen hatte.

Hinsichtlich der – wie im Koalitionsvertrag aufgeführt – anzustrebenden strukturellen und inhaltlichen Neuausrichtung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen wurde zudem deutlich, dass deren wissenschaftliche Arbeit intensiviert werden solle. Neben der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht, deren Geschäftsführung sie seit Jahrzehnten wahrnimmt, sollten bei der Kulturstiftung weitere Studiengruppen zu den Fachbereichen Geschichte/ Zeitgeschichte, Kunstgeschichte und Literaturgeschichte angesiedelt werden. Mehrere Professoren haben gegenüber der Kulturstiftung ihre Bereitschaft erklärt, in diesen Studiengruppen aktiv mitzuwirken. Die zu gründenden Studiengruppen können nicht nur die wissenschaftliche Arbeit befördern sowie als Plattform dienen, wo sich in den betreffenden Fachbereichen arbeitende Professoren und Nachwuchswissenschaftler kennenlernen und austauschen, sondern insbesondere auch dazu beitragen, zum Beispiel durch Tagungen und Veranstaltungen wissenschaftliche Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit zu tragen , was einen nachhaltigen Mehrwert gegenüber bestehenden Forschungseinrichtungen darstellt. Zudem können die Studiengruppen neue Impulse für die Forschung in Deutschland und für Kooperationen mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im östlichen Europa und dabei insbesondere auch mit den Einrichtungen der deutschen Minderheiten setzen, was von diesen im Rahmen der Tagungsreihe nachdrücklich gewünscht wurde.

Dringender Handlungsbedarf besteht zudem im Hinblick auf Beratung und Assistenz für die Einwerbung und Abrechnung von Fördermitteln, da die Hürden für Projektanträge stetig wachsen und in Konsequenz Anträge zur Umsetzung von Projekten von kleineren Kulturinstitutionen der Vertriebenen oftmals erst gar nicht gestellt werden. Die Kulturstiftung könnte als übergreifende Plattform Abhilfe schaffen und in diesem Feld unterstützend tätig werden, weniger im Bereich der Bundesförderung – hier sind die Kulturreferenten beratend tätig –, aber insbesondere auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Förderrichtlinien in den Ländern, aber auch was mögliche EU-Fördermittel und die Einwerbung von Drittmitteln aus nicht-öffentlicher Hand betrifft.

Des Weiteren kann die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen als zentrale Beratungsstelle  für den Komplex der Zukunft der Heimatsammlungen bzw. -stuben, wertvolle Arbeit leisten. Die Kulturstiftung ist allein schon aufgrund ihrer Nähe zum BdV und den Landsmannschaften hervorragend dafür geeignet, diese Aufgabe auf Dauer auszufüllen und kann im Falle einer nicht abzuwendenden Auflösung einer Heimatsammlung „Scharnier“ sein zu den Landesmuseen, Archiven und Bibliotheken in Deutschland und, falls eine Überführung in die Herkunftsregionen gewünscht wird, u.a. zu den Einrichtungen der deutschen Minderheiten. Welch hohes Vertrauen in die Kompetenz der Kulturstiftung in dem Bereich der Heimatsammlungen gesetzt wird, belegt die Tatsache, dass das Land Nordrhein-Westfalen die Kulturstiftung für das neue, 19 Monate laufende Projekt „Virtuelle Heimatsammlungen“ zur digitalen Erfassung und virtuellen Präsentation der Exponate, also der sächlichen Objekte ausgewählter Heimatsammlungen in NRW, mit einer hohen Summe fördere, so Projektleiter Konhäuser.

Insgesamt bestand Einigkeit darüber, dass die Partizipation der Heimatvertriebenen an der Arbeit hinsichtlich der Kultur der Deutschen in Mittel- und Ostmitteleuropa in der beschriebenen Weise nachhaltig gestärkt werden muss.

Ausführliche Berichte zu den einzelnen Workshops sind auf der Internetseite der Kulturstiftung www.kulturportal-west-ost.eu abrufbar, ebenso in Kürze der Bericht zu der Zukunftswerkstatt. Eine abschließende Studie wird die wesentlichen Vorschläge zur Stärkung der eigenständigen Kulturarbeit der deutschen Heimatvertriebenen zusammenfassen. Die Ergebnisse werden der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie den Verbänden, Organisationen und Medien der Heimatvertriebenen/Aussiedler als auch weiteren wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen zugeleitet werden.

 

Hier ein ausführlicher Bericht über die Zukunftswerkstatt als Download

 

Das Projekt wird gefördert durch