20. bis 24.9.2023 in Hermannstadt / Sibiu
Kirchenburgen prägen bis heute die Kulturlandschaft Siebenbürgens und sind dort das Wahrzeichen vieler Orte. Die ungarischen Könige riefen im 12. Jh. deutsche Siedler ins Land – später Siebenbürger Sachsen genannt – damit sie das Land nicht nur erschlossen, sondern auch schützten und befestigten. Besonders die Einfälle der Mongolen 1241/42 oder der Osmanen ab 1395 forderten die Entwicklung von fortifikatorischen Bauten oder Erweiterungen.
Mit dem Bau der städtischen Befestigungsanlagen wurden auch in zahlreichen dörflichen Strukturen neue oder vorhandene Kirchen zu Burgen ausgebaut, die den Dorfbewohnern im Fall eines Angriffs Schutz boten. Über 150 von ihnen sind erhalten. Sieben davon stehen auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO: Birthälm, Deutsch Weißkirch, Keisd, Kelling, Schäßburg, Tartlau und Wurmloch (rum. Biertan, Viscri, Saschiz, Câlnic, Sighişoara, Prejmer und Valea Viilor).
Nachdem mit der Auswanderungswelle der Siebenbürger Sachsen – vor allem in den 1990er Jahren – zahlreiche Kirchengemeinden nicht mehr existieren oder die Unterhaltung der Gebäude nicht mehr bewältigen können, ist ein großer Teil der nicht mehr oder kaum noch genutzten Gebäudeensembles stark gefährdet, wenngleich sich zum Teil Heimatortgemeinschaften und zunehmend gemeinnützige Vereine und Stiftungen für die Erhaltung des landschaftsprägenden Bestandes engagieren.
Die Tagung hatte das Ziel, den aktuellen Bestand dieser Bauten oder die von ihr verbliebene Bausubstanz dazustellen. Nach einer historisch-geographischen Einführung berichteten die Referierenden über die Anfänge der Errichtung fortifikatorisch gesicherter Sakralbauten ab dem 13. Jahrhundert und gaben einen Überblick über bauliche Veränderungen bis in die Gegenwart. Anhand von ausgewählten Beispielen wurden Strategien von der Befundsicherung über Denkmalschutz bis hin zu Nutzungskonzepten vorgestellt. Darüber hinaus hatte die Tagung das Ziel, Referierende aus der rumänischen und deutschen Denkmalpflege zu einem erkenntnisgewinnenden Arbeitsaustauch zusammenzuführen. Berichte über Maßnahmen zum Substanzerhalt und Erläuterungen von aktuellen Problemen, gegenwärtigen Projekten und zukünftigen Planungen standen im Vordergrund. Ein Austausch über traditionelle und gegenwärtige Verfahren wurde unterstützt und mit Beispielen aus der Praxis verdeutlicht. Nach dem Prinzip des „Best Practice“ wurden Initiativen und idealerweise funktionierende Sicherungen des Denkmalbestandes vorgestellt. Ein besonderer Fokus wurde auf die Sanierung von Dächern und Dachstühlen gelegt , dem sog. „Dächerprogramm“, das von der Stiftung Kirchenburgen in Hermannstadt/Sibiu koordiniert wird.
Neben kunsthistorischen und denkmalpflegerischen Inhalten wurden die Initiativen zur Neunutzung der Baudenkmäler vorgestellt und diskutiert. Ein Baudenkmal ohne Nutzung ist langfristig dem Verfall preisgegeben – ein Prozess dem durch die Vorstellung von Revitalisierungsmöglichkeiten entgegengewirkt werden soll. In welchem Maß lassen sich die Kirchenburgen für neue Lebens- und Nutzungsmöglichkeiten umformen und welche Kriterien müssen festgelegt werden, um Konzepte zu modernen Nutzungsmöglichkeiten als langfristig erfolgreich beurteilen zu können?
Die Tagung wurde in fünf Sektionen strukturiert. Nach einer historischen Einführung wurde die aktuelle Situation aus kirchlicher und denkmalpflegerischer Sicht vorgestellt . In der dritten Sektion wurden die Potentiale zur Nutzungserweiterung diskutiert. Im Anschluss stellten Vertreterinnen und Vertreter von aktuellen Nutzungsinitiativen ihre Konzepte und Arbeiten vor. Ein abschließendes, 1,5tägiges Exkursionsprogramm mit Besichtigungen vor Ort bildete den fünften und letzten Tagungsblock.