Biographie

Dolezich, Norbert Ernst

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Schriftsteller, Maler, Graphiker
* 16. Februar 1906 in Bielschowitz/Oberschlesien
† 4. Dezember 1996 in Recklinghausen

Er ist ein vielseitiger, phantasievoller und fleißiger Mensch: Norbert E. Dolezich, Autor von Romanen, Erzählungen Lyrik sowie Schöpfer von Radierungen, Aquarellen und Gemälden, der heute als Studiendirektor – seit 1971 im Ruhestand – in Recklinghausen lebt. In seiner Jugend war er der Musik besonders zugetan: Er gehörte dem Schulorchester an, das er manchmal auch dirigieren durfte, war im Chor, blies die Block- und die Querflöte, spielte Klavier und Geige. Doch Berufsmusiker wurde er nicht, sondern wandte sich der bildenden Kunst zu. In einem „Lebensgrundriß“ schreibt er: „… politische Umwälzungen – Polenaufstände – Teilung Oberschlesiens und – Heimatort polnisch– fünf, teilweise lange Sanatoriumsaufenthalte (Tuberkulose) – früher Tod des Vaters, er war Volksschulrektor – unterbrochener gymnasialer Bildungsgang – Broterwerb für die Familie als Hilfsarbeiter – keine Pension des polnischen Staates – 1929 Abitur am Realgymnasium Beuthen – Studium der Kunstpädagogik, Kunstgeschichte, Philosophie an der Kunstakademie Königsberg und den Universitäten Königsberg, Köln und an der Staatl. Kunstschule Berlin …“

Nach Beendigung des Studiums wies ihn die Schulbehörde wegen der (überstandenen) Krankheiten ab; so wurde er Lehrer an einer privaten Schule im ostpreußischen Ermland, bis das nationalsozialistische Regime Kloster und Schule schloß. Daß Dolezich, aus Gesundheitsgründen vom Kriegsdienst freigestellt, seine Referendarausbildung nachholen durfte und sogar eine Dozentur an der Kunstakademie in Königsberg erhielt, gehört zu seinen unerforschlichen Schicksalswegen. Er hat sie in einem autobiografischen Roman geschildert. Prof. Alfons Perlick, Dortmund, schrieb über dies Buch „Ich kam aus Orzegow“ (1975): „Ein prächtiges Stück Landesgeschichte, Sippen-, Familien-, Personen- und Dorfgeschichte, alles in überzeugend künstlerischer und effektvoller Weise.“ Nun liegt auch ein 570 Seiten umfassendes Manuskript „Johannes Standorter – ein Künstlerleben“ vor; hierzu berichtete mir kürzlich der Autor: „Mein letzter Roman ist gerade fertig geworden. Ich hoffe sehr, daß er zu meinem 80. Geburtstag vorliegt, auch wenn ich dann nicht mehr leben sollte. In ihm ist meine Vita …, das Wichtigste meines Lebens, auseinandergefaltet …“ Außer den im Literaturverzeichnis aufgeführten Publikationen aus der Feder des Schriftstellers warten noch weitere Erzählungen, Gedichte und Aphorismen auf einen Verleger. Daneben betätigte er sich als eifriger Mitarbeiter von zahlreichen Zeitschriften. In Westdeutschland tat er das neben seinem Beruf als Kunsterzieher. Aus seiner frühen Schaffenszeit hat der Maler und Grafiker Dolezich nur wenig retten können. Etwa 250 Ölgemälde, Aquarelle und Radierungen, die in einem unterirdischen Versteck der Dorfkirche Markt Bohrau bei Breslau vor der Kriegsfurie in Sicherheit gebracht wurden, sind verschollen. Geblieben sind ein Ölgemälde, das das Treppenhaus der Königsberger Kunstakademie darstellt, und zwei Radierungen, Abzüge nach geretteten Platten: der Königsberger Hafen (1929) und der Blick auf das oberschlesische Dorf Karf (1933); alle Arbeiten in altmeisterlicher Manier, die heute den Vorzug seines Schaffens ausmacht. Da käme etwas „von den schlesischen Ahnen geerbtes Grüblerisches und Meditatives“ zutage, und ferner deutet Dolezich auf die „metaphysische Rätselhaftigkeit in der Welt“ hin und die Hintergründigkeit. In dieser Hinsicht sind seine bedrohlich-surrealen, makabren Zeichnungen und Druckgrafiken zu verstehen. Da füllt z.B. ein Felsblock das Mittelschiff einer Kirche, kein Mensch, der sich zum Gebet versammelt hat. Eine andere Radierung trägt den Titel „Der brennende Dom“ (1970). Dort kriecht eine riesenhafte Schnecke aus der Landschaft, hier ertrinkt eine gotische Kirche in Sandbergen. In einer anderen Reihe fällt die „Treibende Tenorfibel“ auf, in einem sensibel gezeichneten Blatt schwimmen vier Räder eines gestrandeten Wagens in den rhythmischen Wellen eines endlosen Meeres.

Der bildende Künstler und Schriftsteller Dolezich, der sich auch in den Dienst verschiedener Verbände gestellt hat, wurde mit zahlreichen Preisen  ausgezeichnet: Kunstverein  Königsberg  (1940), Kunstpreis der Provinz Oberschlesien (1944), Kunstpreis des Westfälischen Heimatbundes (1949) sowie Eichendorff-Literatur-Preis (1977). 1979 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.

Lyrikbände: „Zeichen und Wege“, Dortmund (1968), „Das Barackenfenster“, Darmstadt (1973), „Gewährte Zeit“, Dülmen (1980); Erzählungen: „Wiesufer“, Heidneheim, (1976); Romane: „Ich kam aus Orzegow“, Dülmen (1975), „Johannes Standorter – ein Künstlerleben“ (noch nicht veröffentlicht).

Lit.: „Oberschlesisches Literatur-Lexikon“ von Franz Heiduk, Artikel: Dolezich, Norbert; Vollmer, Künstlerlexikon, S. 578; Faltblatt Norbert E. Dolezich, Haus des deutschen Ostens, 1973; Norbert Dolezich, Maler und Poet, in: Beuthener Abhandlungenzur oberschlesischen Heimatforschung, H. 35, Dortmund 1973; Kat. Norbert Dolezich, Städtische Kunsthalle Recklinghausen, 1976/77. Ausstellungsverzeichnis; E. Dolezich, Städtisches Museum Simeonstift, Trier 1979; Günter Ott, Künstlerprofile, S. 61-63 Norbert E. Dolezich, Düsseldorf 1980; Norbert E. Dolezich, Das Graphische Werk, Regensburg 1982; Hans Lipinski-Gottersdorf: Beschreibung von Wirklichkeit. Laudatio zur Verleihung des „Eichendorff-Literaturpreises“ 1977, in: „Kulturpolitische Korrespondenz“, Düsseldorf, 5.10.1977/16; Henny Schütte: Norbert Dolezich – Maler und Literat, i.d. Serie „Im Osten geboren — im Westen  Wurzeln geschlagen“ /XXXVI 10.3.1977, in: „Kulturpolitische Korrespondenz“, Bonn; Norbert Dolezich als Künstler im Ermland. In: „Ermlandbriefe“, Münster Nr. 121/1977; Norbert Dolezich 70 Jahre, in: Zeitschrift „Der Schlesier“, Verlag Nürnberger Presse, 1976, März, Heft I; Norbert Dolezich, ein Maler der Landschaft, der in Insterburg lebt, in: „Königsberger Tageblatt“, 5.1.1941; „Dichter und Maler t Dolezich 50 Jahre“, in: „Der Schlesier“, Jhg. 1956 Nr. 13; Jochen Hoffbauer: "Zeichen und Wege“, in: „Der Wegweiser“, herausgegeben v. Minister f. Arbeit, Gesundheit u. Soziales, Düsseldorf; Ingolf Hermann: „Farbe und Poesie“. Das Leben des Malers und Lyrikers Norbert E. Dolezich, in: „Das Ostpreußenblatt“, Hamburg 19.10.1974, und in „Trierer Zeitung“, 19.10.1974; Tonbandaufzeichnung am 25.11.1979: Gespräch Norbert E. Dolezich mit Günther Ott, Technik Michael Euler. Im Besitz des Archivs des Hauses des Deutschen Ostens, Düsseldorf; Günther Ott: „Künstlerprofile I“, S. 61—63, Walter Rau Verlag, Düsseldorf (1980).