Die im Februar 1867 ausgehandelten Verträge beendeten die kurze Existenz des Kaisertums Österreich, welches der römisch-deutsche Kaiser Franz II. während der napoleonischen Kriegswirren im Jahre 1804 als habsburgische Erbmonarchie gegründet hatte. Das Kaisertum wurde in die Österreichisch-Ungarische Monarchie umgewandelt, die als k.u.k. Doppelmonarchie bis 1918 fortbestand. Als formelle Gründung der k.u.k. Monarchie gilt die Krönung des Kaiserpaares Franz Joseph I. und Elisabeth am 8. Juni 1867 in der Matthiaskirche zu Budapest zum König bzw. zur Königin von Ungarn. Zur Grenze wurde Leitha, ein Nebenfluss der Donau, bestimmt, so dass Österreich fortan auch als „Cisleithanien“, Ungarn dagegen als „Transleithanien“ bezeichnet wurden.
Das Vertragswerk war ein staatsrechtlicher Ausgleich zwischen dem Königreich Ungarn und seinem (noch ungekrönten) König Franz Joseph. Mit den Beschlüssen wurden die Eigenstaatlichkeit Ungarns und dessen Verfassung von 1848 anerkannt, auf der anderen Seite der Zerfall der Monarchie in mehrere nationale Einzelstaaten verhindert und die Einheit des Reichs bewahrt. Damit erreichte Ungarn eine gleichberechtigte Stellung und beendete die österreichische Zwangsverwaltung, die den Magyaren nach dem blutig niedergeschlagenen Aufstand von 1848/49 aufoktroyiert worden war.
Für die gesamtpolitische Konstellation in Mitteleuropa brachte die Umwandlung in die Doppelmonarchie gewaltige Umwälzungen und Verschiebungen der politischen Kräfte. Bis zur entscheidenden Schlacht von Königgrätz, die 1866 den preußisch-österreichischen Krieg zuungunsten Wiens beendete, war das Kaisertum eine deutsche Macht, die in deutschen Fragen eine gewichtige Rolle spielte. Spätestens mit dem Ausgleichswerk trat Österreich-Ungarn aus der Reihe der deutschen Staaten aus, wodurch sich die politische Gewichtung der Doppelmonarchie nach Osten in Richtung Budapest verlagerte. Wie sich ein halbes Jahrhundert später zeigen sollte, barg die Doppelmonarchie ein explosives Gefahrenpotential. Zwar konnte Franz Joseph die brennende ungarische Frage lösen, doch löste dieses Staatskonstrukt gerade bei den (süd-)slawischen Völkern, die sich schlechter behandelt fühlten, nationale Begehrlichkeiten aus, einen ähnlichen Ausgleich zu schaffen bzw. in späteren Jahrzehnten einen eigenen Nationalstaat zu gründen. Dieser ungelöste Konflikt verschärfte sich zunehmend und polarisierte die slawischen Völker. Bestrebungen, einen adäquaten Ausgleich mit Böhmen zu erzielen, scheiterten 1871 aufgrund der negativen Haltung der Deutsch-Liberalen Verfassungspartei.
Staatsrechtlich bekam die Doppelmonarchie eine neue Form. War das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ein Staatenbund, also ein Zusammenschluss souveräner Staaten, wurde Wien mit Budapest zu einer Realunion verbunden. Anders als im Fall einer Personalunion, in der das Staatsoberhaupt mehrere selbständige Herrschaftsämter ausübt, wird eine Realunion nicht von einem übergeordneten völkerrechtlichen Rechtssubjekt regiert, so dass Österreich und Ungarn zu einer Einheit mit einem gemeinsamen Oberhaupt und einer gemeinsamen Regierung verschmolzen. Der von den Habsburgern bisher favorisierte Absolutismus wurde zugunsten einer konstitutionellen Regierungsform aufgegeben. Freilich wurde dieser Staatsumbau nicht freiwillig eingeleitet, da Kaiser Franz Joseph aufgrund schwerer politischer Misserfolge der vorangegangenen Jahre und der politischen Großwetterlage zu diesem Schritt gezwungen wurde. Robert Kann identifizierte drei Ereignisse, die letztendlich zu dieser Entwicklung geführt hatten: Zum einen zeigte sich, dass die absolutistische Herrschaftsform in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts große Schwächen aufzeigte. Das russische Zarenreich, das bei der Gestaltung der europäischen Politik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einflussreich und dominant gewesen war, versagte völlig im Krimkrieg (1853-1856), wodurch es von den Seemächten Großbritannien und Frankreich gezwungen wurde, künftig auf Herrschaftsansprüche in der globalen Politik zu verzichten. Zum anderen offenbarten mehrere verlorene Schlachten die Schwäche Österreichs. Dazu zählen die Schlachten von Magenta und Solferino im Sardinischen Krieg (beide im Juni 1859) sowie Königgrätz im preußisch-österreichischen Krieg (1866). Nach dem Ende des Sardinischen Krieges, der Österreich in eine Schuldenkrise stürzte, sah sich der Kaiser gezwungen, den Absolutismus aufzuweichen und den Staat durch eine Verfassung zu stabilisieren, auch wenn es zunächst nur halbherzig geschah und der Weg zur Mitbestimmung des Volkes noch lang war. Mit dem Oktoberdiplom von 1860 wurde ein erster kleiner Schritt in Richtung Konstitutionalismus getan, allerdings behielt der Monarch weiterhin die alleinige Entscheidungsgewalt. Wegen des Widerstandes seitens der Deutschliberalen und Ungarn, die einen Steuerstreik initiierten, musste Franz Joseph seinen Völkern weitere politische Zugeständnisse machen. Der Kaiser ernannte den Liberalen Anton Ritter von Schmerling zum Staatsminister, der mit der Überarbeitung der Verfassung betraut wurde. Diese wurde im Februar 1861 vorgelegt und seitdem als Februarpatent bezeichnet. Das Patent sah die Einführung des Zweikammerparlaments (Reichsrat) vor, das aus dem Herrenhaus und dem Abgeordnetenhaus bestand (in Ungarn war es analog der Reichstag, bestehend aus dem Magnaten- und dem Abgeordnetenhaus). Der Kaiser hatte das Recht, Mitglieder des Herrenhauses selbst zu bestimmen, während die Abgeordneten von den Landtagen entsandt wurden. Zu den Wahlen waren jedoch rund zwölf Prozent der männlichen Bevölkerung zugelassen. Mit dem Februarpatent sollte ein gemeinsames Parlament für die Gesamtmonarchie, auch für Ungarn, geschaffen werden. Allerdings wurde der Staat weiterhin zentralistisch regiert, denn der Kaiser hatte ein absolutes Vetorecht gegen die Beschlüsse des Parlaments. Das Parlament hatte jedoch keinen Legitimationsanspruch, denn es wurde von Abgeordneten aus Ungarn, Lombardo-Venetien und Kroatien boykottiert. Das führte zu einem politischen Chaos, so dass Franz Joseph den ungarischen Landtag im Sommer 1861 auflöste und einen Ausnahezustand über Ungarn verhängte. Im Dezember 1865 wurde der ungarische Landtag wiedereröffnet. Das Februarpatent bestand jedoch nur kurz, denn bereits im September 1865 sistierte es der Kaiser, d.h. hob es auf („Sistierungspatent“).
Die innenpolitische Lage im Kaisertum Österreich wurde zunehmend angespannter. In Ungarn wurden das Nationalitätsbewusstsein und die damit verbundene Forderung nach einem eigenständigen Staat immer größer. Diese Entwicklung ging auf das ausgehende 18. Jahrhundert, und insbesondere auf die Germanisierungsbestrebungen seitens des Kaisers Josephs II. zurück, welcher das Ideal eines zentralistisch geführten Einheitsstaates verwirklichten wollte. Die Geschehnisse in Königgrätz gaben schließlich den Ausschlag zum weiteren Handeln. Die deutsche Macht im Reich schwand und die innenpolitische Lage wurde instabiler, denn die nichtdeutschen Völker versetzten die Monarchie in Unruhe. Der deutsche Adel und das Bürgertum mussten sich mit einem gleichberechtigten Partner verbünden, um diese Vormachtstellung aufrechtzuerhalten. Für diese Rolle kamen nur die Ungarn in Frage, da sie seit 1848/49 zu den größten und gefährlichsten Gegnern der Donaumonarchie avanciert waren. Mit der Teilung des Reiches in zwei Hälften konnte der deutsche Teil in Cisleithanien seine prägende Rolle behalten. Für die bereits emanzipierten und politisch selbstsicheren Ungarn erschien der Ausgleich als eine temporär bedingte „unerwünschte Notwendigkeit“ auf dem Weg zur vollständigen Unabhängigkeit.
Beide Seiten sahen ihren Staat als frei und unabhängig an. Die Österreicher betrachteten die Monarchie als einen Bundesstaat, was die Ungarn dagegen vehement ablehnten. Jenseits der Leitha sprach man von „Österreich-Ungarn“, nicht jedoch von der österreichisch-ungarischen Monarchie. Diese ungarische Sichtweise verbreitete sich zunehmend im gesamten Reich. Auch die Gewalt von Franz Joseph als Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn wurde getrennt betrachtet. Mit dem Ausgleich erzielten beide Seiten jedoch einen politischen Kompromiss, mit Hilfe dessen sie gemeinsame Interessen verfolgten. Ungarn war gleichberechtigter Partner und Österreich konnte seine Schwäche Preußen gegenüber ausbauen, auch wenn Wiens politischer Einfluss auf Mitteleuropa und die deutschen Staaten nach 1866 unwiederbringlich geschwunden ist.
Aufgrund der Reichsteilung musste ein neues Verfassungsgesetz erarbeitet werden. Für Cisleithanien wurden auf der Grundlage des aufgehobenen Februarpatents im Dezember 1867 fünf Staatsgrundgesetze und ein Delegationsgesetz („Gesetz über die allen Ländern der österreichischen Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten und die Art ihrer Behandlung“) erlassen, welche „Dezemberverfassung“ genannt wurden und bis zum Zerfall der Monarchie galten. Auch Ungarn bekam ein neues Verfassungswerk. Neu waren im österreichischen Staatsgrundgesetz die Beschlüsse über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, deren grundlegende Freiheitsrechte (Gleichheit vor dem Gesetz, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Wissenschaft und Lehre) in der gegenwärtigen österreichischen Bundesverfassung gültig sind. Die übrigen Staatsgrundgesetze bezogen sich auf die Einsetzung eines Reichsgerichts, die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt sowie über die richterliche Gewalt.
Jeder Teilstaat hatte seinen eigenen Ministerpräsidenten. Die politischen Agenden wurden jedoch in gemeinsame (pragmatische) und dualistische geteilt. Zur ersten Gruppe gehörten das Kriegswesen, die Finanzen und die auswärtigen Angelegenheiten, die vom gemeinsamen k.u.k. Minister geregelt wurden. Die dualistischen Bereiche wurden durch paktierte Gesetze beschlossen, d.h. übereinstimmende Gesetze, die vom österreichischen Reichsrat und dem ungarischen Reichstag einzeln beschlossen werden mussten.
In Folge der neuen Verfassung in Österreich wurden die Staats-Kirche-Beziehungen neu überarbeitet. Durch die drei sog. Maigesetze von 1868 wurde das 1855 geschlossene Konkordat äußerst eingeschränkt und teilweise aufgehoben. Das Konkordat hatte das absolutistische josephinische System revidiert und der katholischen Kirche wieder mehr Kompetenzen zugesprochen. Die Maigesetze bildeten dagegen die Grundlage für einen säkularen österreichischen Staat. Die Ehegerichtsbarkeit, der Unterricht und das Erziehungswesen wurden in die staatliche Kompetenz gelegt. Mit der Regelung über die Erziehung in gemischten Ehen wurde den Bürgern anheimgestellt, ab dem 14. Lebensjahr ihr Religionsbekenntnis selbst frei wählen zu dürfen. Das betraf auch die Wahl zum Leben „ohne religiöses Bekenntnis“, womit der Kirchenaustritt ermöglicht wurde.
Der Ausgleich stabilisierte zwar die politische Lage in der Donaumonarchie, auf Dauer blieb das neue Staatsgebilde jedoch aufgrund divergierender Interessen der einzelnen Völker und des in Europa wachsenden Nationalitätsbewusstseins bzw. in weiterer Folge des Nationalismus sehr labil. Mit dem Ausgleich endete die Ära des Absolutismus und des Verwaltungszentralismus, um deren Umsetzung Maria Theresia und Joseph II. noch im vorherigen Jahrhundert vehement bestrebt waren. Nach 1866 und dem Ausgleich war die Hoffnung nach der großdeutschen Lösung endgültig vorbei. Der preußisch-österreichische Dualismus im Deutschen Bund wurde zugunsten Preußens entschieden. Der Deutsche Bund wurde 1866 aufgelöst und Preußen gelang es nach der Zwischenetappe im Norddeutschen Bund (1866-71), einen deutschen Nationalstaat unter seiner Führung und ohne Beteiligung der Habsburger zu gründen. Aufgrund des ungelösten Nationalitätenproblems im Hinblick auf die slawischen Völker, des verhärteten österreichisch-ungarischen Dualismus und des mangelnden Willens seitens Kaiser Franz Josephs nach einer grundlegenden Staatsreform war der Zerfall der Monarchie nur eine Frage der Zeit. Diese labile politische Situation legte den Keim für die europäische Tragödie von 1914.
Lit.: Peter Berger, Der österreichisch-ungarische Ausgleich von 1867: Vorgeschichte und Wirkungen, Wien 1967. – Judith Garamvölgyi, Quellen zur Genesis des ungarischen Ausgleichsgesetzes von 1867: Der „österreichisch-ungarische Ausgleich“ von 1867, München 1979. – Horst Glassl, Der österreichisch-ungarische Ausgleich von 1867 in der historischen Diskussion, in: Ungarn-Jahrbuch, Jg. 1 (1969), S. 185-215. – Wolfgang von Groote (Hrsg.), Entscheidung 1866. Der Krieg zwischen Österreich und Preußen, Stuttgart 1966. – Péter Hanák, Der Ausgleich von 1867 in der Geschichte der Habsburg-Monarchie. Wien 1970. – Robert A. Kann, Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie. 2 Bände, Graz, Köln 1964. – Ders., Werden und Zerfall des Habsburgerreiches, Graz, Wien, Köln 1962. – Ivan Žolger, Der staatsrechtliche Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn, Leipzig 1911.
Bild: Das mittlere gemeinsame Wappen von Österreich und Ungarn, bis 1915. / Quelle: Sodacan This W3C-unspecified vector image was created with Inkscape ., Imperial Coat of Arms of the Empire of Austria, CC BY-SA 3.0.
Gregor Ploch (OGT 2017, 276)